Es gibt nur einen Versuch

2./3. April: „Die Friedensdividende ist aufgezehrt. Frank-Walter Steinmeier hält eine wichtige Rede – aber kaum einer will die Botschaft hören: Vor uns liegen harte Zeiten

Die Friedensdividende ist nicht aufgezehrt. Sie ist leichtfertig verspielt. Es ist schon ein verwirrender Spagat zwischen moralisierender Gesinnung, ökonomischer Dummheit und Verlogenheit, der uns in Atem hält. Einerseits bugsiert die Politik per Ankündigung von Verarmung und Arbeitslosigkeit Deutschland an den Rand des Abgrunds, um ein Land zu retten, das wegen Korruption nicht würdig war, in die EU aufgenommen zu werden. Und andererseits werden auf der arabischen Halbinsel Regime hofiert, die nach denselben Handlungsmaßstäben als verachtenswert einzustufen wären. Man muss kein Hellseher sein, um vorhersagen zu können, dass die Vertreter der selben Wertepolitik, die China durch den Olympiaboykott in Selbstüberschätzung disziplinieren und vorführen wollten, bei der Fußball-WM den menschenverachtenden Herrschern die Ehre erweisen, um sie durch gute Gasverträge letztendlich zu stärken. Nein, ich möchte für diese scheinheilige Politik weder Arbeitsplätze opfern und noch nicht einmal frieren. Wer erklärt dieser Politikergeneration, dass wir keine Versuchsobjekte sind? Es gibt nur einen Versuch. Wenn der so scheitert, wie schon unterschwellig angekündigt, ist das Spiel aus. Es gibt keinen Resetknopf.

Rolf Gläßner

Diplomatie allein reicht nicht

1. April: Dohnanyi am Freitag: „Die Diplomatie verlottert“

Herr von Dohnanyi meint, dass Selenskyi mit Putin jetzt über eine sichere Ukraine ohne Nato-Mitgliedschaft verhandeln muss, was man auch ohne Krieg hätte haben können. Diese Worte ignorieren jedoch vollkommen, dass Putin schon seit langem davon träumt, wieder ein „Großrussland“ zu errichten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an Putins Worte aus den 90-Jahren, dass die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts der Zerfall der UDSSR war. Hätte Selenskyi die Neutralität der Ukraine vor Kriegsbeginn angeboten, wären mit Sicherheit weitere russische Forderungen wie Anerkennung der Krimokkupation sowie der sogenannten Volksrepubliken, Verzicht auf einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft, eine russlandfreundlichere Regierung usw. gefolgt. Dann hätte Putin die Ukraine sogar ohne Krieg erhalten, denn nach seinem Verständnis gehört die Ukraine unbedingt zu Russland dazu. Die Erkenntnis, dass Diplomatie wichtig ist, stimmt sicher. Allerdings hat der Westen ja durch den Kriegsbeginn schmerzhaft erfahren, dass Diplomatie allein nichts bewirkt, wenn das Gegenüber skrupellos genug ist und nur wenig militärischen Widerstand erwartet.

Beate Hille

Putins Angst vor Demokratie

Nicht die Nato-Präsenz in den Nachbarstaaten Russlands, und der scheinbar beabsichtigte Beitritt der Ukraine in die Nato erklären Putins Handeln, es ist die EU, die den ehemaligen Republiken der Sowjetunion eine demokratische Gesellschaftsordnung implementiert hat. Innenpolitisch hat es Putin geschafft, mit Hilfe seiner Geheimdienste, der Nationalgarde und der willfährigen Justiz, sein Machtkonstrukt auf Jahre zu sichern. Doch außerhalb seines Regimes baut sich in unmittelbarer Nachbarschaft mit der Ukraine ein Staat auf, der sich um demokratische Strukturen und Aufnahme in die EU bemüht. Für Putin entsteht ein zusätzliches gefährliches Einflussgebiet, das den Demokratiegedanken in „sein Reich“ tragen könnte. In Belarus konnte, nicht zuletzt mit Russlands Hilfe, die Diktatur gerade noch „gerettet“ werden. Das aus den erfolglos hybridgeführten Militär-Scharmützeln im Donbass der rücksichtslose menschenverachtende Krieg erwachsen ist, der die Unterwerfung der gesamten Ukraine und Niederschlagung der entstehenden Demokratie zum Ziel hat, spiegelt den zynischen Charakter eines unberechenbaren Despoten wider, den offensichtlich alle falsch eingeschätzt haben: Ein vom KGB geschulter, gerissener Machtmensch mit einer Mentalität, in der es nur Freund oder Feind gibt, nur Sieg oder Niederlage. Es ist zu hoffen, dass die Ukrainer es schaffen, trotz der Barbarei nicht unterzugehen und letztlich die Demokratie doch retten.

Folkert Bildhauer

Im Gespräch bleiben!

31. März: Leitartikel: „Aufruf zur Mäßigung. Deeskalation ist klüger als Eskalation – das gilt auch im Umgang mit Putin“

„Brücken“ sind so schnell zerstört und sehr viel schwerer wieder aufzubauen. Unbedingt muss der Westen mit Russland im Gespräch bleiben! Das ist keine Anerkennung der schlimmen Kriegsverbrechen, die zurzeit unter Putins Verantwortung in der Ukraine begangen werden. Warum wird das von vielen nicht verstanden?

Lea Grunewald-Schreier

Täter vor Opfer

2./3. April: „Alle Hamburger Gefangenen erhalten Telefonanschlüsse. Fast 2000 Hafträume werden mit Telefon ausgestattet. Justizsenatorin Anna Gallina spricht von einem Meilenstein für die Resozialisierung“

Durch diesen Vorstoß wird wieder klar: Täter vor Opfer. Resozialisierung ist ein hehres Ziel, aber kümmert sich auch jemand genauso intensiv um die Rückkehr der Opfer in ihr altes Leben, sofern das nach einer Straftat überhaupt noch möglich ist. Die Haftinsassen haben Bürger körperlich, seelisch, wirtschaftlich geschädigt. Ist es gerecht, den Insassen ein angenehmes Leben zu ermöglichen? Wird dadurch die Funktion einer Haftstrafe nicht konterkariert?

Herbert Drapatz

Verlierer ist das Klima

1. April: „Flughafen erwartet täglich bis zu 35.000 Passagiere“

Der Flughafen freut sich über täglich 35.000 Fluggäste. Es bleibt alles wie es war, der Verlierer ist das Klima. Alle sprechen vom Klimawandel, aber keiner ist bereit sein Verhalten zu ändern. Innerdeutsche Flüge werden nicht verboten und der Flughafenchef präsentiert stolz seinen klimaneutralen Flughafen. Dabei hat er aber das steuerfreie Kerosin vergessen, dass die Flugzeuge bei Start, Landung und Überflug verbrennen. Nicht einmal die Energiekrise durch den Krieg in Europa lässt uns innehalten. Wo ist die vielbeschworene Solidarität, in Sachen Klima, mit unseren Kindern und Enkeln geblieben?

Peter Steffen

Lüftungsanlage spart Energie?

30. März: „Deutschland steht vor der Sanierungswelle. Die Bundesregierung will Gebäude fit machen, um schnellstmöglich Energie einzusparen. Doch nicht jede Maßnahme ist wirtschaftlich sinnvoll“

Der von der Politik gewünschte Dämmungsboom hat viele Handwerksfirmen überrascht. In der Folge wurden Hilfskräfte kurzfristig geschult und manche Dämmung mangels Know-how fehlerhaft ausgeführt. Das Resultat waren und sind noch immer vielfach verdeckte Durchfeuchtungen und fehlerhafte Brandriegel an Fassaden. So manche neu gedämmte Fassade musste daher unter hohem Kostenaufwand wieder zurückgebaut und komplett neu gedämmt oder aufwendig repariert werden. Auch der Energieeinspareffekt erschließt sich mir bislang nicht so ganz. Jedes ordentlich gedämmte Haus benötigt auch eine Lüftungsanlage. In allen Neubauten laufen seitdem standardmäßig diese Lüftungsanlagen rund um die Uhr. Man stelle sich das nur einmal flächendeckend für ganz Deutschland vor. Welch unvorstellbarer Energieaufwand! Meines Wissens ist noch nicht seriös und unabhängig errechnet worden, ob dieser Energieaufwand durch Lüftung in einem vernünftigen Verhältnis zur Energieeinsparung durch Dämmung steht. Ganz zu schweigen davon, dass ja bereits das Dämmungsmaterial unter enormem Energieaufwand hergestellt und später wieder entsorgt werden muss.

Annelie Kirchner