Politik pfeift auf Physik

19./20. März: Hamburger KRITIken: „Woher kommt morgen der Strom? Mehr als ein Jahrzehnt dominierte der Wunsch die Energiepolitik – nun ist die Wirklichkeit zurück

In den 70er-Jahren lautete die lapidare Antwort nach der Herkunft des Stroms angesichts der AKW-Widerstände noch: „Aus der Steckdose“. Dann kam im April 1986 Tschernobyl, und zeitgleich die Klimadiskussion um eine Energiewende. Als Energieberater haben wir seinerzeit auf bessere Chancen mit der rot-grünen Regierung ab 1998 gehofft – aber die Energie wurde wieder billiger. Solarenergie und Wärmedämmung führten ein Schattendasein und im Verkehr trat das SUV seinen Siegeszug an. Wir warnten seit 30 Jahren (andere schon seit 50 Jahren) vor der Abhängigkeit der Energielieferungen aus labilen, unsicheren Staaten. Und die Ära Merkel hat nur den einen Despoten durch den anderen ausgetauscht. Energiesparen wäre Trumpf, doch die dafür unverzichtbare super Wärmedämmung ist bis heute in Kreisen von Fachwelt und Bauwilligen umstritten – und der Fahrzeugpark wurde immer schwerer, größer und schneller. Da bleibt nur das bittere Fazit: Politik pfeift auf Physik.

Johannes Zink

Den Tatsachen ins Auge sehen

Wunsch und Wirklichkeit passen nicht mehr zusammen. Wirklichkeit ist nicht das, was wir wollen, sondern Wirklichkeit ist das, was ist. Dieser Prozess ist, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, mit einem schmerzhaften Umdenken in unseren Köpfen verbunden. Es wird Jahre brauchen, diesen energiepolitisch schwierigen Zustand zu verändern. Da wir kaum über eigene nicht volatile Energiequellen verfügen, ist es um so wichtiger, hier den Tatsachen ins Auge zu sehen. Eine Stromversorgung ohne ausreichendes Backup, sprich Speichermöglichkeiten, bleibt immer mit erheblichen Risiken für die Versorgungssicherheit verbunden. Auch wenn der Wirtschaftsminister jetzt auf der Suche nach neuen Lieferanten ist, wird die „Abhängigkeit“ von ausländischen Zulieferern doch nur verlagert.

Werner Berndt

Beispielhaftes Belgien

19./20. März: „Belgien will Atomausstieg um zehn Jahre verschieben“

Belgien zeigt – im Gegensatz zu Deutschland – wie Vernunft geht. Hier wird schnell und pragmatisch und nicht ideologisch auf die drohende Energiekrise reagiert und der Atomausstieg um zehn Jahre verschoben. Beispielhaft!

Ernst Mutz

Wir empfehlen Socken stopfen

19./20. März: Schumachers Woche: „Sparen? Können wir uns sparen …“

Wir haben herzlich gelacht über den Artikel von Hajo Schumacher. Bei uns ist vieles immer noch so, wie er es beschreibt und – wie wir meinen – zu Recht. Da werden noch Socken gestopft und Flicken auf einen Schaden im Bettbezug genäht. Geschirr wird einmal kalt abgewaschen und dann noch mal kurz heiß gespült, vieles wird geflickt und heilgemacht. Es ist das Verdienst meiner Großeltern, die uns beigebracht haben, Dinge wertzuschätzen und ganz nebenbei weckt es bei uns die Kreativität und eine fröhliche Sparsamkeit. Empfehlen wir weiter.

Christian Fischer

Gewinne kontra Klimaschutz

18. März: „Haspa-Chef erwartet bis zu sechs Prozent Inflation“

Wo bleiben die Gewinne aus dem Finanzierungsgeschäft? Warum schreibt die Haspa sich Nachhaltigkeit und Klimaneutralität auf die Fahnen und macht aktiv gleichzeitig das Gegenteil? Sie verdient mit nachhaltiger Geldanlage Geld, baut aber selbst nicht klimaschonend, wie das Projekt Alsenplatz zeigt. Wenn die Haspa so hohe Gewinne macht, kann sie auch ein Grundstück für ein Azubi-Heim kaufen, welches nach Bauplanungsrecht als Bauland ausgewiesen ist. Es muss nicht eine Grünfläche mit wertvollem, alten Baumbestand und klimatischer Ausgleichswirkung innerhalb der dichten Bebauung vernichtet werden. Auch wird die defizitäre Freiflächenversorgung weiter verschärft, denn die spätere Platzfläche beträgt gerade mal ca. 400 Quadratmeter.

Brunhilde Bontrup, Hamburg

Klare Prioritäten

18. März: „Der Fremdschäm-Moment. Nach der eindringlichen Rede von Wolodomyr Selenskyj blamiert sich der Bundestag“

Es bleibt der Autorin unbenommen, den Bundestag dafür zu kritisieren, dass er sich nach Selenskyjs Rede nicht mit dessen Forderungen an den deutschen Staat befasste. Aber „fremdschämen“ muss sich niemand deswegen. Wer, wie ich, den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat, kann nur froh sein, dass unser Bundeskanzler klare Prioritäten setzt, indem er auf der einen Seite die Ukraine politisch, wirtschaftlich und militärisch großzügig unterstützt, auf der anderen Seite aber nicht die ukrainischen Interessen mit den deutschen verwechselt, wie es bei Selenskyj und in manchen Medienbeiträgen geschieht.

Dr. Volker Neumann, Hamburg

Wir sind als erste dran

Ich verstehe die Standing Ovations für Selenskyjs flammende Reden nicht. Wenn der Krieg eskaliert, sind wir in Europa als erste dran, vor allem Deutschland, wenn wir mehr machen sollten als „nur“ die Tausenden von Flüchtlingen aufzunehmen und zu versorgen. Die Ukraine ist ein europäisches Land, aber weder Nato- noch EU-Mitglied. Ich bete inständig, dass es nicht zu einem Weltenbrand kommt. Ich habe große Angst und verstehe nicht, dass so viele Menschen sich Kriegs-kämpferisch beteiligen wollen, und die deutsche Regierung unter Druck setzen. Ich bitte die Regierung und alle Nato-Staaten um Zurückhaltung!

Beate Brandes

Unnötiges Leid

19./20. März: „Bundestag stimmt den neuen Corona-Regeln zu“

Um dem kleinsten Koalitionspartner FDP ein Zugeständnis zu machen, haben die Regierungsparteien nun für die Aufhebung der meisten Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie gestimmt, und dies in Zeiten höchster Inzidenzen. Damit soll laut FDP die Selbstverantwortung der Bürger gestärkt werden. So ehrenhaft diese Absicht ist, aus der Pandemie haben wir gelernt, dass es mit der Eigenverantwortung in Deutschland nicht weit her ist. Insofern dürfen die Regierungsparteien, wie schon mit der Entscheidung, Waffen in die Ukraine zu schicken, das mit diesem Beschluss unnötig entstehende Leid und Sterben auf ihr Gewissen laden.

Dr. Robert J. Degenhardt

Zweites Freiburg am Millerntor

19./20. März: „St. Pauli entert wieder die Tabellenspitze“

In Hamburg findet ein Machtwechsel statt. Nicht der große HSV wird in Zukunft die Hansestadt in der ersten Bundesliga vertreten, sondern der (ehemals) kleine Konkurrent vom Millerntor. Der FC St. Pauli spielt mittlerweile nicht nur den weitaus attraktiveren, sondern auch den erfolgreicheren Fußball. Es sind bereits neun Punkte, die diese Clubs in der Tabelle trennen. Dass der Abstand in den kommenden Partien verkürzt werden kann, ist nicht zu erwarten. Zu harmlos ist die Mannschaft in der Offensive. Das vielgepriesene „Walter-System“ mit viel Ballbesitz kreiert zu wenige Torchancen. Und während der HSV nach dem Scheitern im vierten Anlauf weiter an Strahlkraft verliert, dürfen sich die Fans am Millerntor auf eine glorreiche Zukunft ihres Vereins freuen. Denn viele Experten glauben, dass dort ein zweites Freiburg entstehen kann.

Martin Wucherpfennig