Politischer Dilettantismus

2. Dezember: „Nur halb so viele Impfungen wie versprochen – woran es hapert“

Man könnte sagen: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Dass der zu bewältigende Ansturm zum Boostern jetzt ähnlich hoch ist wie zum Anfang der Impfkampagne, war absolut vorhersehbar. Da frage ich mich als betroffener Bürger, wieso wurden scheinbar keine Lehren aus der Vergangenheit gezogen? In welcher Erkenntnisblase muss z. B. Frau Leonhard bei ihrer Umsetzungsstrategie leben? Besonders wenn sie meint, zwei Wochen Geduld würden jetzt schon reichen. Auf der anderen Seite meint Herr Spahn, man müsse gerade jetzt Kontingente für Impfstoffe teilweise kürzen. Jetzt können die Länder wenigstens die Schuld in diese Richtung schieben, um von der eigenen Unfähigkeit abzulenken. Der allgemeine politische Dilettantismus bei der Bewältigung der aktuellen Krise ist für mich mehr als erschreckend.

Michael Schmidt, Neu Wulmstorf

Es geht um alle Bürger!

1. Dezember: Leitartikel: „Politik muss nachlegen. Die Ampel hat freie Hand, um im Kampf gegen Corona die Auflagen zu verschärfen“

Das Bundesverfassungsgericht stellt die höchste Instanz einer unabhängigen Judikative dar. Die Urteile sollten sich nur nach Recht und Gesetz richten, insbesondere auch nach dem Grundgesetz. Unsere freiheitliche, demokratische Grundordnung ist ein hohes Gut, Urteile, die eine handwerklich schlechte Gesetzgebung der Regierung nachträglich legitimieren sind fragwürdig und begünstigen Zweifel an unserem Rechtssystem. Das ist völlig unabhängig davon, welche Konsequenzen ein Urteil kontra Ausgangssperre gehabt hätte. Die Regierung hat die Pflicht, die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen, muss die Verhältnismäßigkeit wahren und Gesetze verfassungskonform ausgestalten, Schulschließungen oder die Absage von Weihnachtsmärchen für Kinder gehören sicher nicht dazu.

Torsten Johannsen, Hamburg

Spät, aber nicht zu spät...

30. November: „Gilt der Amtseid noch? Spahn und andere Unions-Politiker tun so, als ginge die Pandemie sie nichts mehr an“ und Leserbriefe vom 1. Dezember

Es erscheint mir zu billig und bequem, die Schuld an der Coronalage immer „der Politik“ pauschal zuzuschieben. Im vergangenen Jahr ist zu wenig und zu spät Impfstoff bestellt worden, und das Ausmaß der vierten Welle wurde unterschätzt, was politische Versäumnisse gewesen sind. Die Hauptverantwortung tragen aber die Menschen selbst, und zwar diejenigen, die sich den Ernst der Lage zum Trotz immer noch dem Impfen verweigern. Ende September hätten alle Erwachsenen geimpft sein können, es waren viel weniger. Diese Ungeimpften weisen in Hamburg eine Inzidenz von fast 1000 auf, die Geimpften von nicht einmal 20. Auf die Ungeimpften muss Druck ausgeübt werden, was jetzt auch geschieht, spät aber nicht zu spät. Eigene Verantwortung nicht sehen und immer auf „die Politik“ schimpfen, ist unangemessen.

Marc Eichenherr, Hamburg

Sprache verändert sich

27./28. November: „Warum immer mehr Unternehmen ihre Kunden duzen“ und 1. Dezember: Entscheider treffen Haider: „Understatement würde ich den Hamburgern nicht bescheinigen“

Haben wir in diesen Zeiten nicht andere Probleme als sich über die einfache Anrede aufzuregen? Respektlos kann doch nicht die einfache Nennung des eigenen Namens sein. Besonders krude wird es beim „Hamburger-Sie“ (Siezen, aber bei Nennung des Vornamens). Was ist das dann? Halbrespekt? Im Umkehrschluss empfinde ich es immer etwas unlogisch wenn IKEA mich in der Werbung duzt, der Mitarbeiter dann aber vor Ort siezt. Passe ich nicht in das Konzept? Das „Sie“ wird doch heute außerhalb Hoheitlicher Instanzen gerne dort benutzt, wo Leute meinen, sie seien was Besseres. Das hat mit Respekt auch nichts mehr zu tun. Sprache verändert sich. Das hat auch der erfolgreiche Otto-Konzern richtig erkannt. Dazu passend gestern im Hamburger Abendblatt im Gespräch mit der Alsterhaus-Chefin auf die Frage „Duzen oder Siezen“: „Duzen – denn der kürzeste Weg zum Wir geht über das Du“

Patrick Horten

Nur eine Chimäre, Herr Tjarks

30. November: „Hamburg entdeckt sein Herz für Fußgänger. Das neue ,Bündnis für den Rad- und Fußverkehr‘ hat das Ziel, die Verkehrsteilnehmer zu trennen und so für mehr Sicherheit zu sorgen“

Die Bündnispläne des Herrn Tjarks erweisen sich schon in ihrem Ausgangspunkt als Chimäre. Die Behauptung, dass die Umgestaltung von Ballindamm und Esplanade in nennenswertem Umfang zusätzliche Flächen für Fußgänger geschaffen hätte, ist schlicht falsch. Den Ballindamm als repräsentative Uferpromenade mit Aufenthaltsflächen für Fußgänger und gastronomischen Angeboten zu gestalten, hätte sich jede andere Stadt kaum entgehen lassen. Hamburg dagegen kreiert unter umfangreicher Vernichtung von Alleebäumen an der schönsten Stelle der Stadt eine Auto-Velo-Piste. So muss man annehmen, dass der Senator den Menschen mit seiner Ankündigung nur weiteren Sand in die Augen streuen möchte, um sein auch noch um die klimafeindlichen E-Scooter-Adepten erweitertes Klientel zu bedienen.

Jürgen Kowalewski

In Köln ticken Uhren anders

29. November: „Die letzte große Party? 50.000 Zuschauer sehen das 4:1 des 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach und beachten kaum die Maskenpflicht – Kritik aus der Politik“

Offensichtlich ticken in Köln die Uhren komplett anders. Erst wird kräftig Karneval gefeiert und jetzt noch so ein „Knaller“. Die Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger auf den Intensivstationen der Krankenhäuser müssen doch vor Wut geplatzt sein, wissen sie doch nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Der Geschäftsführer des 1. FC Köln, Herr Wehrle, heißt dann auch noch dieses Event gut, indem er seine fundierten wissenschaftlichen Kenntnisse präsentiert, dass die Testungen wenig positive Ergebnisse gebracht hätten. Chapeau, er weiß genau, dass das Virus vor Fußballstadien halt macht. Die eigentlich Schuldigen sitzen im zuständigen Gesundheitsamt, welches dies Spektakel erst genehmigt hat.

Derk Langkamp

Ich bin gegen eine Impfpflicht

1. Dezember: „Impfverweigerern droht Bußgeld. Bund-Länder-Runde will Verschärfungen gegen Corona-Pandemie. Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte möglich – impfen erstmals Tierärzte?“

Die in Hamburg derzeit sehr ansteigenden Zahlen der mit Corona Infizierten hören sich dramatisch an. Aber wenn man diese mal mit den Einwohnern von Hamburg vergleicht, relativiert sich das Ganze. Bis zum 1. Dezember wurden in Hamburg 115.251 Personen als infiziert festgestellt. Dies sind nicht einmal sechs Prozent von den Einwohnern, die innerhalb von 21 Monaten infiziert wurden (plus diejenigen, die sich wegen keiner Symptome nicht testen ließen). Etliche davon wurden bestimmt schon mehrfach infiziert und dadurch auch mehrfach gemeldet. Und wie viele davon sind Einwohner von Hamburg, und nicht „nur“ dort Arbeitende oder Touristen? Das ist ein Grund, weshalb ich gegen eine Impfpflicht bin, auch wenn ich selbst voll geimpft wurde. Ein weiterer Grund ist, dass mit der Impfung Corona nicht abgeschafft werden kann, was aber viele tatsächlich denken. Es ist eine Viruskrankheit, die bleiben wird, wenn auch hoffentlich nicht mehr in dem Maße. Aber wenn ich mich umhöre, wer sich gegen Grippe impfen ließ, kommen meistens Kommentare nach dem Motto „Ich hatte noch nie Grippe“ oder „Ich passe schon auf, dass ich mich nicht anstecke“.

Annegret Krol