Urabstimmung abwarten

29. November: „Habeck und Lindner: Geht das gut? Der Grüne erbt von Scholz den Vizekanzlertitel, der Liberale das Finanzministerium. Nur wenn sie fair kooperieren, kann die Ampel erfolgreich sein

Noch ist der Ampel-Koalitionsvertrag durchaus nicht in „trockenen Tüchern“. Denn es steht das Votum der 125.000 Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen in ihrer – für die Realo-Partei-Führung verbindlichen – Urabstimmung aus, die seit Freitag und bis zum 6. Dezember läuft. Ein mehrheitliches „Nein“ der Grünen-Basis zu Personaltableau und Koalitionsvertrag würde die Ampel-Parteien zu Nachverhandlungen zwingen und böte insbesondere den Grünen gute Chancen, den derzeit sehr Lindner-lastigen Koalitionsvertrag in etlichen Punkten zu verbessern. Christian Lindner, der machtbewusste und ehrgeizige FDP-Chef, würde in Nachverhandlungen bestimmt nicht aus der Koalition aussteigen, sondern gewiss noch an der einen oder anderen Stelle nachgeben. Zum Beispiel was die „Verkehrswende“ anbelangt, die im Koalitionsvertrag quasi nicht stattfindet. Das Prozedere der Regierungsbildung würde sich zwar verzögern, aber so, wie der Koalitionsvertrag jetzt aussieht, bedeutet er (wie zuvor Glasgow für die Weltgemeinschaft) eine Bankrotterklärung für den Deutschen Anspruch, globales Vorbild in Sachen Bemühen um ein Verhindern des Klima-Kollapses zu werden.

Peter Seelmann

Extreme Rentenkürzung

27./28. November: „Der Rentenhammer. Kein guter Start für die Ampel: Die nächste Erhöhung der Altersbezüge fällt kleiner aus“ und „Die Ampel enttäuscht die Rentner“

Da ist die neue Bundesregierung noch nicht einmal gewählt, und der designierte Bundeskanzler und seine Koalitionäre zeigen in erschreckender Weise, was sie unter sozialer Gerechtigkeit verstehen. Da ist unter anderem die massive Erhöhung des Mindestlohns, die insbesondere zu Lasten kleiner Unternehmen geht, aber das Thema Rentenerhöhung setzt dem ganzen die Krone auf. Da werden doch tatsächlich die Rentner, durch die die Gruppe der Koalitionäre viel Zustimmung gewonnen hatte, als erste in eklatanter Weise bestraft. Da entscheiden die Mächtigen der zukünftigen Koalition ohne Wenn und Aber die gesetzlich zustehende Rentenerhöhung um 50 Prozent zu senken. Dies ist de facto mit dem Blick auf die derzeitige Inflation eine extreme Rentenkürzung. Besonders hart wird es jetzt die Rentner treffen, deren Rentenbezüge bereits heute nicht hoch genug sind. Man kann als Rentner nur sagen „Danke“.

Heinz-Dieter Detzner

Neues Rentensystem aufbauen

Die Rentenanpassungen auf Basis der Lohnentwicklungen ist aus der Zeit gefallen und führt zu Diskussionen, die Frust auslösen. Sie stammt noch aus einer Zeit, als die wirtschaftlichen Leistungen in der BRD gewaltige Zuwächse verzeichneten, und die Rentner und Rentnerinnen an diesen Zugewinnen teilhaben sollten, deren Grundlage sie ja mitgeschaffen hatten. Aber die derzeitige Lage ist eine andere: Die wirtschaftlichen Ergebnisse und auch die durchschnittliche Lohnentwicklung müssen sich nicht mehr immer nur nach oben entwickeln. Das spricht für ein neues Rentensystem, das als gerecht empfunden wird und für jeden begreifbar und nachvollziehbar ist. Hier bietet sich die „persönliche Mindestrente“ an: Für alle Bundesbürgerinnen und Bundesbürger gibt es eine staatlich festgelegte und garantierte „persönliche Mindestrente“. Die steht jedem Berechtigten ab dem festgelegten Renteneintrittsalter zu. Das gilt auch für Menschen, die keine Zahlungen in die Rentenkasse geleistet haben. Die Zahlungen aber leisten, können ihren Anspruch bis auf die vorgegebene Höchstgrenze steigern. Alle erreichten „persönlichen Mindestrenten“ werden garantiert und jährlich um die Inflationsrate erhöht, womit die Kaufkraft, die beim Renteneintritt erreicht wurde, erhalten bleibt. Das haben sich Rentner und Rentnerinnen verdient!

Udo Bauer

Arroganz und ohne Empathie

29. November: „Patienten aus Bayern eingeflogen. Hamburg nimmt vier Corona-Kranke auf. Menschen warten in Altona stundenlang auf ihre Impfung – vergebens“

Welch’ unglaubliche Arroganz! Da lädt die Sozialbehörde impfwillige Bürger zu einem Impftermin in Hamburg-Altona ein, lässt hunderte von ihnen frühmorgens im kalten Regen stehen, um nach Stunden verkünden zu lassen, dass das Zentrum dicht bliebe. Die Polizei hatte wieder einmal die Aufgabe, vor Ort die frustrierten und frierenden Bürger zu besänftigen und auf andere Zentren zu verweisen. Lapidare Mitteilung später auf der Webseite des Hamburger Senats: Übermittlungsfehler. Wen wundert angesichts solch ungeheurer Arroganz und völlig defizitärer Empathie bei den Verantwortlichen, dass die ohnehin beanspruchte Leidensfähigkeit der Bürger in Misstrauen oder gar Ohnmacht umschlägt? Fehler passieren leider, aber es hätte der Behörde wirklich gut zu Gesicht gestanden, morgens vor dem Impfzentrum Kühnehöfe zu erscheinen und den Wartenden so etwas wie „Entschuldigung“ zu sagen. Wenn schon ein Mangel an Improvisation erkennbar wird, dann füge ich jetzt auch noch den Hinweis auf fehlende „Eier“ hinzu. Im Volksmund zu übersetzen mit „Mut und Anstand“.

Wilhelm Baack, Norderstedt

Das „Sie“ schafft Distanz

27./28. November: „Warum immer mehr Unternehmen ihre Kunden duzen. Große Firmen wie Otto verwenden in Mails und Briefen Vornamen. Nicht allen gefällt das. Stirbt das Siezen womöglich aus?“

Schon lange ärgere ich mich über die unaufgeforderte Du-Ansprache. Selbst seriöse und altehrwürdige Unternehmen reihen sich mittlerweile ein, vereint in dem Glauben, cool und lässig zu wirken. Sogar Mercedes-Benz verwendet das Du in der Werbung – bis vor Kurzem noch unvorstellbar. Egal ob von Plakatwänden herab, in der Fernseh- und Radiowerbung oder bei Werbepost, es wird geduzt, als hätte es das Sie nie gegeben. Die Unternehmen sagen, sie wollen dadurch näher an den Kunden rücken. Aber: Will ich das? Ganz im Gegenteil empfinde ich diese Unternehmen als abstoßend. Es fällt mir schwer, noch dem Inhalt der Werbung zu folgen, da ich damit beschäftigt bin, mich über die Unhöflichkeit zu ärgern. Für mich ist das Sie eine selbstverständliche Höflichkeitsformel, die Respekt ausdrückt. Den zitierten Vorschlag in Ihrem Artikel finde ich gut: Es sollte bei der Registrierung bei einem Unternehmen nach den Vorlieben diesbezüglich gefragt werden. Auch innerhalb einer Unternehmenskommunikation sollte keine Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in die unangenehme Situation gebracht werden, um den Gebrauch der höflichen Anrede extra bitten zu müssen. Ich habe nichts gegen das Duzen, aber man möge dem Einzelnen die Wahl lassen, ob er die Distanz aufheben möchte oder nicht.

Andreas Koch

Und die Fußgänger?

27./28. November: „,Autos verbrauchen zu viel Fläche‘. Verkehrssenator Anjes Tjarks über die notwendige Mobilitätswende, neue Großbaustellen, gefährliche Radwege und sein Rezept gegen die wachsende Wut“

Herr Tjarks hat schon viele Radwege aufs Pflaster malen lassen, da zumindest sind wir nun weiter, Fußgänger jedoch, also Menschen, die sich auf den eigenen Füßen höchst ökologisch von A nach B bewegen, kommen im Interview überhaupt nicht vor. Wir haben eine Person, die den Radverkehr koordiniert, die vom ADFC kommt. Wieso haben wir niemanden für die Fußgänger? Die Fahrradstraße am Leinpfad zwischen Möwenstraße und Alster ist wegen einer Baustelle komplett gesperrt. Hier nehmen die Radler einfach den Bürgersteig auf der ganzen Länge, mit 30 km/h rasen sie an den Fußgängern vorbei. Was wäre, wenn das Autos wären? Großer Aufschrei. Wir Fußgänger sollten aktiver werden. Subversiv, von den anderen lernen und auch mal die Straßen und Radwege verstopfen.

Eva Niendorf