Ein Unterlassungsdelikt

19. November: „Chaotische Politik. Corona: Parteipolitische Spielchen werden der dramatischen Infektionslage nicht gerecht“

Die aktuellen Berichte und Nachrichten zur Corona Situation sind nach wie vor katastrophal. Auch die Hoffnung auf klare Entscheidungen ist mit Inkompetenz zu beschreiben. Die alte Regierung hat uns hier reingeritten und die neue findet keinen Weg heraus. Von der im letzten Jahr angekündigten Normalität sind wir weit entfernt. Sowohl die Länderverantwortlichen als auch die Bundesregierung haben mit ihrem Versprechen bezüglich Normalität versagt. Die dritte und jetzt vierte Welle, in die wir jetzt sehend gerannt sind, hatten alle im Auge. Anstatt wieder das versprochene normale Leben zu haben, sprechen wir jetzt von Triage. Die Unterlassung ist ein Tatbestandsmerkmal. Ein Unterlassungsdelikt liegt vor, wenn eine Möglichkeit zum Handeln bestand aber nicht gehandelt wurde. Die aktuelle Corona Situation ist ein Beispiel für den Tatbestand der Unterlassung. Gerade die, die vom ersten Lockdown so extrem betroffen waren und es jetzt gerade wieder so geschafft haben, stehen vor einem neuen möglichen Lockdown mit allen Konsequenzen. Eine zweite Wiederauferstehung wird schwer sein. Es bleibt die Frage, was wir jetzt noch erwarten dürfen.

Helmut Stieber

Verstörendes Verhalten

19. November: „,Sie werden der Dramatik der Lage nicht gerecht‘ Frontalattacken, rührende Momente und ein frommer Wunsch: Bundestag beschließt nach einer heftigen Debatte neue Corona-Maßnahmen“

Es ist verstörend, zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass sich die politischen Eliten eines Landes in einem Moment größter Not einen parteipolitischen Grabenkrieg liefern, der die tatsächlichen Notwendigkeiten für die Bevölkerung wie schnelles Durchimpfen und Boostern völlig aus dem Blick verloren hat. Dass es der einen Seite um die Schaffung eines rechtssicheren Rahmens in der Pandemiebekämpfung geht, ist schon gar nicht zu verstehen, denn von keinem Gericht sind bisher die Maßnahmen, die auf dem Höhepunkt einer epidemischen Krisensituation beschlossen wurden, als unangemessen eingestuft worden. Die gerichtsfesten Empfehlungen beziehen sich auf Phasen der abklingenden Epidemie. Welche Dynamik soll sich denn noch entwickeln, bevor den Entscheidungsträgern die Zuspitzung der jetzigen Krise klar wird und zeitnah wirksame Maßnahmen eingeleitet werden.

Wolfgang Degenhard

Altona ist nicht New York

19. November: „Was wird aus Hamburg? Das neue Altona. Ein Deckel für die Autobahn, ein neuer Fernbahnhof und das Holstenquartier – Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg über einen Stadtteil im Wandel“

Auch wenn die Bezirksamtschefin, Frau von Berg, New York liebt, so lebensunwert wie New York – besonders für Leute mit kleinem Geldbeutel, darf Altona niemals werden. Aber die Projekte, die Frau von Berg besonders am Herzen liegen, sind Immobiliengeschäfte mit Großinvestoren von zum Teil zweifelhafter Provenienz, wie der Adler Gruppe, die das Holstenquartier entwickeln will. Seriöse Zeitungen wie das Handelsblatt haben ernsthafte Zweifel an der Finanzkraft der Gruppe, mit der der Bezirk Altona gerade einen städtebaulichen Vertrag abschließen will. Hier besteht die große Gefahr, dass der Investor seine Zusagen nicht einhält und Hamburg auf hohen Forderungen sitzen bleibt oder das Projekt an den nächsten Immobilienspekulanten weitergereicht wird. Das Mietniveau im Holstenquartier von 20 Euro pro Quadratmeter erreicht auch bald New Yorker Werte. Ebenso hat der geplante Abriss des Bahnhofs Altona und seine Verlagerung nach Diebsteich mit Immobilienspekulation viel, mit der Weiterentwicklung des umweltfreundlichen Bahnverkehrs wenig zu tun. Der Bahnhof am Diebsteich ist zu klein für das von der Politik gesteckte Ziel, die Fahrgastzahlen im Bahnverkehr bis 2030 zu verdoppeln. Er stellt eine zusätzliche Zugangshürde für Bahnreisende da. Weder ist er barrierefrei wie der jetzige Bahnhof, noch ist er für so viele Leute fußläufig zu erreichen wie der Bahnhof Altona. Mit grüner Verkehrspolitik hat das Projekt nichts zu tun. Ganz zu schweigen von der Menge an „grauer Energie“, die bei Abriss und Neubau des Bahnhofs freigesetzt wird. Einziger Lichtblick ist, dass Frau von Berg langsam dämmert, dass ohne die Wiedereinführung der Straßenbahn in Hamburg die Verkehrswende nicht zu schaffen ist. Hier kann sich Frau von Berg New York als Vorbild nehmen; denn in den Vororten dieser Stadt fahren seit mehr als 20 Jahren wieder Straßenbahnen.

Michael Jung

Graue Energie im Blick

Wir müssen die graue Energie im Blick halten. Deshalb müssen wir versuchen alles zu erhalten, was zu erhalten ist, erklärt Frau von Berg mit Blick auf die Aufgabe, im Kampf gegen den Klimawandel CO2-Emissionen drastisch zu verringern. Das kann man nur unterschreiben. Aber wie passt es dazu, dass sie sich gleichzeitig zur Verlegung des Bahnhofs Altona bekennt? Es gibt in Altona wohl kein Vorhaben, bei dem in den nächsten Jahren mehr graue Energie freigesetzt wird, wenn tatsächlich die bestehenden Gleisanlagen und sodann auch das bestehende Bahnhofsgebäude abgerissen werden.

Peter Schönberger, Hamburg

Fulminante Erkenntnis

15. November: „Der Umstieg vom Auto scheitert am Stadtrand. Je weiter von der Innenstadt entfernt, desto größer ist die Pkw-Dichte – weil es an Alternativen mangelt. Verkehrsbehörde will gegensteuern“

„Der Umstieg vom Auto scheitert am Stadtrand“ Was für eine fulminante Erkenntnis! Es ist doch eine Binsenweisheit, dass es durch die in Jahrzehnten gewachsene Abhängigkeit vom Pkw für die Stadtrandbewohner kaum eine andere Möglichkeit gibt, den Arbeitsplatz oder Kunden zu erreichen; insbesondere dann, wenn wie beschrieben keine oder nur unzureichende ÖPNV-Verbindungen bestehen. Auch das von Umweltschützern immer wieder empfohlene Fahrrad dürfte angesichts der kommenden Wintermonate keine attraktive Alternative darstellen. In ihrem tapferen aber sinnlosen Vernichtungsfeldzug gegen das Auto scheinen sich der grüne Verkehrssenator und Umweltverbände geradezu gegenseitig überbieten zu wollen. Interessant: „Die Verkehrsbehörde will gegensteuern!“ Was kommt als Nächstes? Fahrverbote für Pendler, Zwangsumsiedlung für Stadtrandbewohner oder Entzug des Arbeitsplatzes? Man darf gespannt sein!

Michael Deil, Bargteheide

Das Papier nicht wert

15. November: „Koalition fürs Klima. Die Ampel-Verhandler müssen auf das Signal des Gipfels von Glasgow hören“

Die Beschlüsse von Glasgow sind das Papier nicht wert, auf denen sie stehen. China hat ein Zugeständnis gemacht, das nichts kostet, weil es nicht mit konkreten Maßnahmen verbunden ist und dieses Land verursacht den zehnfachen CO2-Ausstoß von Deutschland. Es hat in diesem Jahr bereits mehr neue Kohlekraftwerke gebaut, als Deutschland überhaupt schließen kann. Indien hat darauf gedrängt, dass keine konkreten Zeitpläne im Schlussbericht genannt werden. Wer glaubt, dass den starken Männern unserer Zeit in Russland, Brasilien, China oder auch der Türkei das Klima eine Herzensangelegenheit ist, träumt. Fazit: Der CO2-Ausstoß wird sich nicht stoppen lassen, auch weil das Hauptproblem, der Mensch, diese Welt in 2050, wenn angeblich nichts Fossiles mehr verbrannt werden soll, nicht mit sieben, sondern neun Milliarden Individuen bevölkern wird. Die Bevölkerungsentwicklung war deshalb vorsichtshalber auch kein Thema in Glasgow. Notwendig ist, sich auf den Klimawandel einzustellen. Auch da tun wir das Falsche, z. B. die Nahebahn wieder auf der alten Streckenführung neu zu bauen, so, wie auch die meisten von der Flut mitgerissenen Gebäude am alten Standort wieder aufgebaut werden.

Jürgen Schmidt