Nur leere Worte

30./31. Oktober: „Gewinnt die Welt den Kampf gegen den Klimawandel?

Same procedure as every year. Das ging mir beim Lesen des Artikels durch den Kopf. Als fast Achtzigjähriger habe ich mittlerweile viele Aussagen zu den vergangenen Klimakonferenzen gehört, sie unterscheiden sich nur in der Brisanz der Wortwahl. Die „letzte“ Chance z.B. war es jedes Mal. An der Wortwahl der Autorin ist zu sehen, dass auch sie kein rechtes Vertrauen in die zu erwartenden Ergebnisse hat: Lauter Konjunktive! Man kündigt an, etwas zu wollen. Man bestärkt sich gegenseitig. Als Erfolg muss gelten, wenn „der Geist von Paris lebt“. Alles nur Worte für die Presse. Ich bin sicher, dass die (tausend!) Teilnehmer an der Konferenz innerlich wissen, dass die 1,5 Grad Grenze nicht erreichbar ist, es aber nach außen nicht zugeben. Kürzlich hörte ich einen Vortrag von Professor Milinski vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, der erklärte, dass die Evolution die Menschheit so gestaltet habe, dass sie ihren persönlichen Vorteil präferiert gegenüber einen späteren Vorteil für fremde Menschen. Sein Fazit lautete deshalb, dass das Klima nicht zu retten sei, weil Staaten wie Einzelpersonen/Einzelgruppen primär egoistisch handeln. Geben die Ergebnisse der bisherigen Klimakonferenzen ihm recht? Wenn die 1,5 Grad Grenze nicht erreichbar ist, müssen wir uns auf die Konsequenzen besinnen und uns darauf vorbereiten.

Friedrich Weinhold, Norderstedt

Warum wird Scholz hofiert?

30./31. Oktober: „Land der herunterhängenden Mundwinkel. Ein neuer Kanzler sollte vielleicht eines zuerst ändern – die Laune und die Diskussionskultur verbessern“

Ich bin dieses Mal enttäuscht von Ihren Zeilen. Ich verstehe die Euphorie gegenüber Herrn Scholz nicht, der nun die Politik, wie Sie es formulieren, pragmatisch, besonnen und optimistisch angehen wird. Genauso besonnen, pragmatisch und optimistisch wie er seinerzeit beim G20-Gipfel in Hamburg vorgegangen ist und seine Bürger im Stich ließ? Herr Scholz, der sich nicht erinnern kann und der im Wirecard-Skandal irgendwie mitwirkte. Persönlich sehe ich der vermutlichen Ampel-Koalition mit gemischten Gefühlen entgegen. Aus herunterhängenden Mundwinkeln wird nun ein Land der zusammengekniffenen grinsenden Mundwinkel. Bringt uns das weiter und was verbirgt sich hinter diesem Grinsen? Es ist mir unbegreiflich, warum Herr Scholz von den Medien derart hofiert wird und zum Liebling avanciert.

Ingrid Kallbach

Der Umbau ist unsinnig

29. Oktober: „ADAC warnt vor ,Verkehrschaos mit Ansage‘. Kieler Straße soll einspurig werden“

Der geplante Umbau der Kieler Straße ist total unsinnig. Als Zubringer zur Autobahn ist dort der Autoverkehr für die Hamburger Wirtschaft unverzichtbar. Der geplante Radschnellweg muss durch Eimsbüttel geführt werden. Dort wohnen die Interessenten, die nicht erst einen Umweg nach Westen machen wollen.

Reimer Göttsch

Verkehrswende für alle

Die Mobilitätswende ist grundsätzlich das richtige Ziel – allerdings müssen wir auf dem Weg dorthin alle mitnehmen und nicht nur grün wählende Radfahrer*innen und den ADFC. Und dass ein neuer Verkehrssenator die aufgestauten Sanierungsbedarfe an Straßen und Brücken der letzten Jahre übernehmen und gestalten muss, ist ebenfalls verständlich. Aber alles auf einmal und dann noch reichlich Pop-up-Bike-Lanes und Velo-Routen überfordert angesichts der vorhandenen Personaldecke ganz offensichtlich die Kapazitäten der Behörde. Es braucht neben gut koordinierter Planung einfach auch Menschen, die die Maßnahmen umsetzen, sprich: auf den Baustellen arbeiten. Ich bin freitags um 14 Uhr mit dem Fahrrad durch die zukünftige Veloroute Thadenstraße geradelt: Seit über einem halben Jahr im Bau – aber freitags war kein Bauarbeiter mehr zu sehen. Gleiches gilt für die Kreuzung Max-Brauer-Allee/Holstenstraße, die derzeit komplett umgestaltet wird: In alle vier Richtungen stauen sich Autos, Busse, Versorgungsfahrzeuge und Lieferverkehr, aber freitags ist kein Mensch mehr zu sehen, der arbeitet. Bis Montag passiert dort nichts. So kann es doch nicht gehen. Denn so wird die Akzeptanz für die Mobilitätswende sicher nicht größer.

Klaus Mensing

Radfahrer mehr beteiligen

27. Oktober: „Auch Gutes kann man übertreiben. Hauptverkehrsstraßen sind keine Velorouten“

Für teures Geld wird umgebaut, und die Radfahrer*innen halten sich nicht daran – gut zu sehen in der Osterstraße – der Fußgänger wird immer noch auf dem Fußweg verdrängt. Die Kosten des Umbaus tragen alle, der Radfahrer trägt nichts dazu bei, weder direkt noch indirekt durch Radsteuer. Auf freundliche Worte wird aggressiv reagiert. Konsequenzen gibt es nicht, entstandene Schäden sind nicht einklagbar, weil die Polizei alles toleriert und die Halterin nicht identifizierbar ist mangels Nummernschild und fehlender Versicherung. An Verkehrsregeln hält sich kaum eine Radfahrerin, eben noch die schnelle günstige Protected Lane entlang rasen, bei Widerständen wieder den Fußweg benutzen und die Fußgänger mit hoher Geschwindigkeit zum Ausweichen zwingen. Eine Fahrprüfung mit Verkehrsregeln gibt es nicht und der Verlust des Führerscheins droht nicht. Und allgemeine Verkehrsregeln werden bei Radfahrer*innen nicht angewendet, rechts überholen nach einem schnellen Spurt ist gut für die Kondition, aber nicht für das Überleben. Eine Änderung von Kfz- zum Radverkehr sollte nicht ohne alle beteiligten Verkehrsteilnehmer erfolgen. Sie ist zudem nicht sozial und gerecht. Leider sind die Radfahrer*innen keine besseren Menschen.

Manfred Stöckling

Endlich radeln ohne hupen

Wie kann der Autor die Kieler Straße mit der Königstraße vergleichen? Und wo soll bei letzterer der breite und funktionierende Fahrradweg sein? Ich fahre die Strecke jeden Tag. Stadtauswärts immer auf der Straße, der zum Teil begleitende Radweg ist eine reine Hoppelpiste, stadteinwärts ist er schmal und bei der S-Bahnstation mit querenden Fußgänger*innen. Seit dem provisorischen Radstreifen kann ich dort nun radeln ohne Angst, gleich von einem Autofahrer angehupt zu werden. Ich freue mich auf den kommenden Umbau zur „Straße der Zukunft“ ab Ende 2022: Die Königstraße wird dann hoffentlich ihrem Namen gerecht.

Anette Quast

Zwei Jahre sind nicht genug

29. Oktober: „Zwei Jahre Haft wegen brutalster Kinderpornos. 37-Jähriger aus Barmbek hortete 7400 Videos. Kleinkind starb bei Misshandlung. Richter glaubt Angeklagtem nicht“

Ist Verantwortung teilbar? Kommt der Mann, der über 10.000 Dateien brutalster und widerwärtigster Gewalt an Kindern und Babys gehortet hat, deshalb mit nur zwei Jahren Haft davon, weil er einer von vielen ist? Weil sexuelle Gewalt an Kindern auch von Kirchenvertretern verübt wurde und Jahrzehntelang vertuscht wurde? Mindestens ein Kleinkind hat diese unmenschlichen Quälereien offenbar nicht überlebt. Und diese widerwärtigen Dateien laden sich unzählige Menschen auf ihre Computer, um sich daran sexuell zu ergötzen? Das ist mit menschlichen Maßstäben nicht zu ermessen. Wenn es die erschreckende Nachfrage nach solchen erschütternden Dateien nicht gäbe, gäbe es auch die gepeinigten Opfer nicht, die ihr Leben lang unter diesen traumatischen Misshandlungen zu leiden haben. Somit ist jeder einzelne User von Kinderpornos dafür verantwortlich, dass er diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit geschehen lässt. Das soll mit zwei Jahren Haft gesühnt sein? Ist Verantwortung teilbar?

Karin Lesser, Hamburg