Inzidenz der Ungeimpften

22. Oktober: „Ohne Impfung kein Ende. Die Corona-Zahlen schnellen wieder hoch. Warum trauen viele der Wissenschaft nicht?“

Eine Sieben-Tage-Inzidenz von 87, 8 verharmlost die Lage für Impfverweigerer! Bei einer Impfquote von 75 Prozent werden fast nur die 25 Prozent der Ungeimpften krank, und bei 100.000 Ungeimpften liegt die Inzidenz dann bei ca. 350 – ein beängstigender Wert. Die 87,8 Prozent wiegen die ungeimpften Erwachsenen, die sich impfen lassen könnten, in falscher Sicherheit. Deshalb sollten immer auf der Grundlage der landesbezogenen Impfquote zwei Inzidenzen berechnet und gemeldet werden: Inzidenz bezogen auf 100.000 ungeimpfte Erwachsene und Inzidenz bezogen auf 100.000 vollständig Geimpfte – dies vermutlich eine niedrige zweistellige Zahl. Sie könnteden Verweigerern das wahre Risiko zeigen. Lars Haider verweist mit Recht auf den kulturellen Hintergrund der Impfverweigerung, und da wird es auch politisch heikel. Manches Restaurant würde gern mit 2G nur Geimpfte und Genesene zulassen und somit mehr Umsatz machen – dafür müsste allerdings das ganze, heute knappe Personal geimpft sein. Und da zirkulieren oft abenteuerliche Verschwörungstheorien zu angeblichen Nebenwirkungen. Hier ist gezielt Bildung gefordert. Ich bin für eine deutliche Impfverpflichtung, wie sie z. B. erfolgreich bei den jetzt ausgerotteten Pocken war. Sie wird in Frankreich mit hoher öffentlicher Zustimmung praktiziert. Auch heute müssen wir gesellschaftlich abwägen: Die Freiheit der Impfverweigerer gegen die aller anderen, die bei Lebensqualität, Einkommen, Selbstverwirklichung erheblich eingeschränkt werden – auch durch gefährliche Virus-Mutationen, die sich in jedem Erkrankten entwickeln können.

Reinhard Behrens, Hamburg

Bayerns Bildung – ein Popanz

Lars Haider wundert sich in seinem Leitartikel „Corona-Zahlen schnellen hoch“ darüber, dass die Gleichung „Je höher die Bildung, desto höher die Impfbereitschaft“ angesichts der hohen Impfquote in Bremen und des Impfdesasters in Sachsen und Bayern nicht aufginge. Denn Letztere wiesen in PISA-Studien auf ein höheres Bildungsniveau hin. Vielleicht ist es endlich mal an der Zeit, den Popanz eines vermeintlich besseren bayerischen/sächsischen Bildungssystems einzureißen. Das Einpauken von Lehrinhalten fürs Kurzzeitgedächtnis (wie ich es auch aus Bayern und Sachsen kenne), hat wenig mit dem Erlernen von Grundkompetenzen zu tun, was in den norddeutschen Bundesländern, inklusive Bremen und Hamburg, im Mittelpunkt steht. Für mich ein weiterer Beleg, dass der Lehrkanon in Bayern und Sachsen die Menschen nicht für die komplexen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereitet – hier leider auch mit Folgen für die Gesundheit des Einzelnen und der Allgemeinheit.

Dr. Dirk Mellies

Ist das die Mobilitätswende?

22. Oktober: „HVV-Tickets bald noch teurer. Nächste Preiserhöhung kommt nach nur zwölf Monaten“

So wird das nichts mit der Mobilitätswende! Schon jetzt ist der HVV viel zu teuer. Nur wenn die Preise gesenkt werden und Schüler, Studenten und Senioren umsonst öffentliche Verkehrsmittel benutzen dürfen, kann das gelingen. Wenn es nicht einmal unser rot/grüner Senat hinkriegt, weiß ich nicht, wie es im Bund gelingen soll.

Aleksander Hein

Falsches Signal des HVV

Was ist denn das für ein Zeichen? So bekommen wir die Klimawende nie hin! Ich bin 60, fit und daher mein Leben lang ohne eigenes Auto ausgekommen. Bus, Bahn, Fahrrad und – zugegebenermaßen auch – der Flieger haben mich in viele Ecken nah und fern gebracht. Wie begeistert war ich immer, wenn der öffentliche Personennahverkehr anderswo für kleines Geld gute Anbindungen anbot. Warum will das die Politik hier nicht wirklich hinbekommen? Wann, wenn nicht jetzt? Es macht keinen Sinn, den Bürgern mit zusätzlichen Kosten zu drohen. Sinnvolle Angebote müssen her!

Britt Krüger, Hamburg-Rahlstedt

Heiter bis wolkig

20. Oktober: „Senat verschärft Klimaschutzziele: Was kommt auf die Hamburger zu? Rot-grüne Koalition legt Streit bei und einigt sich auf neue Vorgaben“

Wäre der Senat im Bereich der Wettervorhersage tätig, würde ich die berichteten Aussagen mit „heiter bis wolkig“ beschreiben: heiter im Ton, wolkig in der Aussage. Vielleicht kann im Moment nicht jede Maßnahme akkurat beschrieben werden, aber etwas mehr Substanz und Transparenz wären nicht nur wünschenswert, sie sind Voraussetzung für breite Akzeptanz. Außerdem muss regelmäßig berichtet werden, wie sich die CO2-Lage entwickelt, was es kostet und in welchem Umfang die Ziele erreicht worden sind. Wunschdenken mit Ansage bringt uns nicht weiter – Ziele, die formuliert werden, müssen mit Inhalten gefüllt werden.

Christine Friedrich

Im Schichtbetrieb bauen!

20. Oktober: „Fünf Jahre Sperrung: Händler fürchten um ihre Existenz. Geschäfte an Wellingsbütteler Landstraße und Wellingsbütteler Weg kaum noch zu erreichen“

Wieder einmal werden Existenzen aufs Spiel gesetzt, weil es keine ordentliche Koordinierung der Baustellen gibt. Ohne Rücksicht auf die Anlieger wird ein Zeitplan erstellt – temporäre Sperrungen sind mit großen Umwegen verbunden, die unnötige Emissionen freisetzen. In Schleswig-Holstein werden Glasfaserkabel-Baustellen an sechs Tagen die Woche betrieben. Die Niendorfer Straße in Lokstedt wird über ein Jahr gesperrt, weil dort die 36-Stunden-Woche mit wenigen Mitarbeitern bedient wird. Es muss endlich auch in Hamburg möglich sein, in zwei Schichten und leistungsoptimierend zu arbeiten.

Fritz Scholle, Wendtorf

EU der zwei Geschwindigkeiten

20. Oktober: „EU blockiert wegen Justizreform Gelder für Polen. Antwort auf den Leserbrief ,Ein Club im Club als Lösung?‘“

Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten – Joschka Fischer hatte als Außenminister während der Schröder-Regierung schon die Idee des Clubs im Club, nur nannte er es anders, nämlich „Europa der zwei Geschwindigkeiten“. Gemeint war damit ein Modell, in dem sich Staaten, die mehr Europa wagen wollten, zusammenschließen sollten – und Staaten, die noch nicht dazu bereit waren, später die Möglichkeit haben sollten, dazuzukommen. Tatsächlich scheint es die einzige Möglichkeit zu sein, aus dem Dilemma der Einstimmigkeit und der damit verbundenen Erpressbarkeit herauszukommen. Der Zustand, in dem sich Europa jetzt befindet, darf nicht so bleiben.

Herbert Mellin

96-Jährige in Jugendhaft?

20. Oktober: „Rechte Hand des KZ-Kommandanten? Im Rollstuhl ins Gericht: Prozess gegen ehemalige Sekretärin fortgesetzt – dieses Mal in Anwesenheit der Angeklagten“

Der Prozess gegen die 96-jährige frühere Sekretärin im KZ Sutthof dürfte formal nötig sein, weil Beihilfe zum Mord nicht verjährt. Es ist wichtig, dass die Angeklagte die Verbrechen, die dort geschahen, nicht leugnet und sich nicht als Ikone der rechtsextremen Szene missbrauchen lässt. Das hat ihr Verteidiger jeweils deutlich gesagt. Weitere Dinge bleiben fraglich. Kann ein damals 18 bis 19 Jahre altes Mädchen, das als Sekretärin gearbeitet hat, aufgrund bloßer Kenntnis der Vorgänge und Leisten von Schreibarbeiten tatsächlich wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden? Und wenn ja: Was soll die Sanktion sein? Haft in einer Jugendstrafanstalt wohl kaum. Die Jugendkammer wird die Angeklagte am Ende in ihr Pflegeheim zurückschicken. Das sollte immer bedacht werden.

Marc Eichenherr