Politisches „Greenwashing“?

20. Oktober: „Senat verschärft Klimaschutzziele: Was kommt auf die Hamburger zu? Rot-grüne Koalition legt Streit bei und einigt sich auf neue Vorgaben

Die Verschärfung der Klimaschutzziele trägt noch keinen überzeugenden Charakter. Schließlich zeichnet sich eine erfolgreiche nachhaltige Politik weniger durch abstrakte Absichtserklärungen als vielmehr konkreten Konzepten aus. Diesbezüglich bleiben aber erhebliche Zweifel, wenn man an Projekte wie den Elbtower oder die weiterhin boomende, und kaum die vorhandene Landstromanlage nutzende Kreuzfahrtbranche sowie das nach wie vor vor allem auf den Autoverkehr setzende Mobilitätskonzept für eine bessere Anbindung des Hamburger Südens an die City denkt. Deshalb erinnert der Kurs des rot-grünen Senates trotz überzeugender visionärer Projekte wie etwa beim grünen Wasserstoff leider zu oft an politisches „Greenwashing“, zumal bei den großen neuen Stadtentwicklungsprojekten wie etwa dem gerade vorgestellten Masterplan für die Elbbrücken in den ersten Skizzen an Plätzen und Straßen wieder einmal so gut wie keine kreativen grünen Elemente gegen mögliche künftige Hitzewellen und Starkregenphänomene zu finden sind!

Rasmus Ph. Helt

Fünf Jahre für ein Windrad

20. Oktober: „,Wir dürfen uns nicht erpressen lassen‘. Grünen-Chefin Annalena Baerbock im Gespräch“

Frau Baerbock will „den Ausbau der erneuerbaren Energien mit Volldampf vorantreiben“. Dabei ignoriert sie jedoch völlig, dass dies bei dem extrem langwierigen und bürokratischen deutschen Planungsrecht unmöglich ist, zumal bei fast jedem größeren Bauprojekt überdies noch Klageverfahren anhängig sind. Sofern daher nicht als Erstes die Verfahren deutlich gestrafft und die Klagemöglichkeiten eingeschränkt werden, wird es keinen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien geben. Dazu möchte ich als Beispiel noch anmerken, dass es in Deutschland durchschnittlich fünf Jahre dauert, bis ein Windrad errichtet werden kann.

Beate Hille

Macht ein Urteil noch Sinn?

20. Oktober: „KZ-Sekretärin vor Gericht“ und „Rechte Hand des KZ-Kommandanten“

Strafurteile beinhalten in der Regel Bestrafung, Schutz der Gesellschaft, Resozialisierung, Prävention. Kann all das bei einer Verurteilung der Angeklagten noch sinnvoll bewirkt werden? Lässt sich das Verfahren mit der alttestamentarischen Einstellung: „Es gibt eine Schuld, die nie verjährt!“ bei aller Legalität noch nach mehr als 76 Jahren, bei einer heute 96-Jährigen legitimieren? Wer kann sich jetzt überhaupt – außerhalb der vorliegenden Akten – noch an die konkreten Geschehnisse aus der damaligen Zeit erinnern? Hier hat durch (bewusste?) Verzögerung eine Institution versagt: die deutsche Justiz, inklusive Gesetzgebung. Aus Selbstschutz?

Udo Bauer

… die Großen lässt man laufen

Es ärgert mich ungemein, in welchem Ausmaß auch in Ihrem Blatt die Erinnerung an die geradezu industrielle Vernichtung vieler Menschen zu einem Medienspektakel verkommt. Natürlich ist es wichtig, an diese Unmenschlichkeit zu erinnern. Doch dass dies vorgenommen wird auf Kosten Abhängiger, weil die eigentlich heranzuziehenden Täter großenteils entkommen durften und nur sie noch greifbar sind, ist höchst fragwürdig. Stutthof dient wieder als „Vorzeige-Objekt“, dessen Besuch ehemalige Insassen zur Bekräftigung ihrer Nebenklage nutzen, aber gegen kleine „Rädchen“ im System. Die Sekretärin hat die Schreiben nicht selbst verfasst, sie ist wohl Teil der Vernichtung, aber nicht deren Urheberin. Bereits gegen den Wachmann vor einigen Monaten wurde vorgebracht, er habe sich ja versetzen lassen können. Da er immerhin Mitwisser war, hätte das für ihn und seine Familie damals ganz erhebliche bedrohliche Folgen gehabt. Ebenso ist der Hinweis darauf, die Sekretärin habe ja sehen können, was vor sich ging, doch auf ihre Lage zu beziehen für den Fall, dass sie sich gewehrt oder gar eine andere Arbeit hätte suchen wollen. Das Argument, „Beihilfe zum Mord“ verjähre nicht, dient hier als Begründung eines Schauprozesses, der zur Genugtuung Betroffener sozusagen die Anklage gegen all jene eigentlichen Täter ersetzen soll, die sich in großer Zahl einer juristischen Verfolgung (teils mit Hilfe der Obrigkeit) haben entziehen dürfen. Hier passt der Spruch, man halte sich an die Kleinen, lasse die Großen aber laufen.

Dr. Wilfried Baur, Hamburg

Reine Geldschneiderei

19. Oktober: „Darum finden Anwohner oft keinen Stellplatz“

In Ihrem Artikel zum Anwohnerparken haben Sie einen wesentlichen Aspekt vergessen: Im Bewohnerparkgebiet 100 (Sternschanze) und mutmaßlich nicht nur dort, gibt es einen florierenden Schwarzmarkt für Anwohnerparkausweise. In der Saison 2020/2021 lag der Kurs bei ca. 100 Euro pro Jahr. Somit nutzen viele der Gewerbetreibenden, Gastronomen und Gastronominnen, die in der Sternschanze arbeiten, aber nicht hier wohnen, die Möglichkeit, sich von Nichtautobesitzern und -besitzerinnen Anwohnerparkausweise zu kaufen und ihre Fahrzeuge hier zu parken. Als Anwohner und Autobesitzer kann man diesem Unwesen nur hilflos zusehen, weiß aber trotzdem nicht, wo man sein Fahrzeug parken soll, da das gesamte Gebiet innerhalb des Rings 2 in Anwohnerparkgebiete eingeteilt ist, in die man also nicht ausweichen kann. Mit Einführung des Anwohnerparkens wurde eine Reduzierung des Parkplatzsuchverkehrs und eine Verringerung des Pendelns zum Arbeitsplatz ins Viertel angestrebt. Dieses Ziel wurde klar verfehlt. Solange nicht gewährleistet ist, dass in den Anwohnerparkgebieten tatsächlich nur Autohalter und -halterinnen beziehungsweise durch Arbeitgeberbescheinigung nachgewiesen Dienstwagenfahrer und -fahrerinnen Anwohnerparkausweise bekommen, ist das von mir eigentlich sehr begrüßte Anwohnerparken reine Geldschneiderei. Die Hansestadt Hamburg schafft es, ein und denselben Parkplatz mehrfach zu vermieten. Auf eine solche Idee sind bis jetzt noch nicht mal die sicherlich nicht zimperlich bekannten Wohnungsvermieter gekommen.

Jochen Rolcke

Stellplatznachweis entfällt

Anwohner finden oft keinen Parkplatz, weil der Nachweis von Stellplätzen bei Neubauten – auf eigenem Grundstück, oder nach Eintrag einer Baulast auf fremden Grundstück – der in der Stellplatz-Verordnung im Rahmen der Hamburgischen Bauordnung zwingend vorgeschrieben war, entfallen ist, anstatt die Anzahl der nachzuweisenden Stellplätze zu verdoppeln. Ob die Kosten der Bauherr alleine trägt, oder der Mieter, bzw. der Fahrzeughalter oder beide, wäre von der Politik zu bestimmen.

Karl Jacobsgaard

Falscher Eindruck

19. Oktober: „Colin Powell an Covid-19 gestorben. Der 84-jährige ehemalige Außenminister der USA war doppelt geimpft“

In Ihrem Beitrag verweisen Sie in der Unterzeile der Überschrift und gleich noch einmal im Artikel selbst zwar auf die doppelte Impfung gegen Covid-19, erwähnen aber nicht die seit Jahren unterliegende Blutkrebserkrankung, durch die sich bei Powell gar keine hinreichende Immunität ausbilden konnte. So erwecken Sie leider bei den Leserinnen und Lesern den Eindruck, dass die Impfung versagt hätte. Tatsächlich aber ist Powell ein Beispiel für jene vergleichsweise kleine Gruppe von Vorerkrankten, deren Immunsystem so stark beeinträchtigt ist, dass ihnen selbst nach einer vollständigen Impfung ein schwerer oder gar tödlicher Verlauf von Covid-19 droht. Es wäre darum für alle, insbesondere aber für noch zögernde Menschen hilfreich gewesen, wenn Sie Powells Erkrankung und seinen Impfstatus vollständig dargestellt hätten.

Frank Ochmann