Das soll Fortschritt sein?

14. Oktober: Kommentar: „Sternchenstunde im Rathaus“ und „Norderstedt macht den Genderstern zur Pflicht. Das Rathaus kommuniziert von nun an sensibel, hat einen Leitfaden herausgegeben und spricht sich für ,geschlechtliche Vielfalt‘ aus“

Der Vergleich mit dem „gruseligen Amtsdeutsch“ ist genau zutreffend – doch statt es zu entrümpeln, wird es nun auch in Norderstedt noch gesteigert mit Sonderzeichen und neuen Kunstwörtern. Der gar verordnete Zwang hierzu läuft allen Bestrebungen für besser verständliche leichte Sprache zuwider. Das soll Fortschritt sein? Geschlechtsneutrale Umschreibungen sind längst üblich. Printmedien wie „Zeit“ oder „Spiegel“ haben längst harmonische Regeln für geschlechtergerechte Sprache gefunden, ganz ohne irritierende Sonderzeichen. Familien- und Frauenministerin Lambrecht führt aktuell den Fortschritt an mit klaren, modernen Regeln für die Sprache in allen Ministerien und Bundeseinrichtungen, die ganz ohne trennende Sonderzeichen in Wort und Schrift auskommt. Ungelenke neue Wortbildungen wirken zuweilen albern, die Trennzeichen mitten im Wort irritieren. Wir sollen beim Lesen und Sprechen auf Schritt und Stritt an Schwule, Lesben, Nonbinäre und jede Form von Diversität erinnert werden. Hilft ihnen das oder ist das nicht zwanghafte Ideologie? Dass eine elitäre Schicht jedoch der friedliebenden Mehrheit, die mit ihrem vertrauten Sprachschatz respektvoll mit allen Geschlechtern zusammenlebt, ein unsensibles, rückwärtsgewandtes und gar sexistisches Sprachverhalten unterstellt, spaltet die Gesellschaft. Immerhin gibt es noch auf der Website von Norderstedt die liebgewonnenen Begriffe wie Einwohnermeldeamt und Bürgerhaushalt… als ob es dort überhaupt keine Frauen gäbe.

Johannes Zink, Norderstedt

Überzogene Diskussion

Bei der meines Erachtens überzogenen Diskussion über das Gendern wird einiges durcheinandergebracht. Geschlechtsneutrale Bezeichnungen haben mit dem Thema Lesben und Schwule nichts zu tun, denn gerade diese bekennen sich zu ihrem Geschlecht und der Wahl eines gleichgeschlechtlichen Partners. Auch das Wort Vielfalt ist an dieser Stelle deplatziert, denn diese zeichnet sich gerade durch die Akzeptanz der Unterschiedlichkeit aus. Männer und Frauen sind und bleiben evolutionsbedingt in ihrem Denken und Handeln unterschiedlich. Zusätzlich werden Migranten durch die Entscheidung der Norderstedter Behörden belastet, die es schon schwer genug haben, die deutsche Sprache zu lernen. Lieber sollten sich die Verantwortlichen um ein verständliches Behördendeutsch kümmern.

Christiane Mielck-Retzdorff

Eine Initiative stellt sich vor

9./10. Oktober: Gastbeitrag: „Afghanischen Frauen und Kindern eine Zukunft geben! Deutschland muss gefährdete Menschen aufnehmen. Wie vier Betroffene darauf warten, zu ihren Hamburger Familien zu kommen“

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, kurz unsere Initiative zur Hilfe besonders Schutzbedürftiger Landsleute vorzustellen. Bei unserer Initiative handelt es sich um einen Zusammenschluss engagierter Hamburger Studentinnen und Hochschulabsolventen, die infolge der erschütternden Bilder und Nachrichten nach dem Einmarsch der Taliban in Afghanistan entstanden ist. Die von uns zusammengetragenen Namen schutzbedürftiger Menschen ergeben sich aus den persönlichen Kontakten der Teilnehmerinnen unserer Initiative. Damit ist die von uns erarbeitete Zusammenstellung auch nicht mit Priorität versehen, auch ist sie angesichts der Fülle von Menschen, denen in der Not dringend geholfen werden müsste, auch nicht repräsentativ oder abschließend. Hinter jedem aufgelisteten Fall verbirgt sich jedoch das Einzelschicksal eines Menschen oder einer Familie, die dringend unserer Hilfe bedarf. Die Gründe, aus denen sich die konkrete Gefährdung ergibt, haben wir in der Kürze der Zeit bestmöglich zu belegen versucht. Alle Gesuche (Fast 3000 Fälle), die wir bis zum 12. September gesendet haben und die formal in Ordnung waren, haben das Büro MdB Dr. Bartke und Grüne Partei an das Auswärtige Amt übermittelt. Das Auswärtige Amt hat uns am 12. September mitgeteilt, dass die Evakuierungslisten geschlossen sind. Wir können daher leider keine weiteren Gesuche annehmen oder weiterleiten.

Maryam Saghari, Leiterin der Sinev, Soziale Initiative in Hamburg

Stiefkind der Politik

12. Oktober: „Warum der Fußverkehr neu gedacht wird. Serie zum ITS World Congress. Letzter Teil: Im öffentlichen Raum spielen Fußgänger eher eine Nebenrolle. Doch in Hamburg oder Paris hat man erkannt, welches Potenzial ungenutzt bleibt“

Der Fußverkehr ist bis heute ein Stiefkind der Politik. Während der Autoverkehr jahrzehntelang die Verkehrspolitik dominierte, steht jetzt der Radfahrverkehr im Zentrum der Politik. Für den Fußverkehr ist bis heute nichts oder nichts Bedeutendes in Hamburg bewegt worden. Die Umgestaltung des Jungfernstiegs ist spektakulär, aber ist für den Fußverkehr nicht entscheidend. Wenn wir etwas für den Fußverkehr erreichen wollen, sind die Stadtviertel und Wohnquartiere entscheidend, in denen die Menschen leben. In Alsterdorf ist mit großer Beteiligung der dortigen Bevölkerung 2017 eine Fußverkehrsstrategie erarbeitet worden, die große Hoffnungen geweckt hat. Geschehen ist bis jetzt nichts – jedenfalls was die praktische Umsetzung betrifft. Wir warten auf die ersten Schritte.

Wolfgang Prott

Eindeutiger Hinweis hilft

11. Oktober: „Stadtreinigung: Zu viel Kunststoff im Biomüll. Viele handelsübliche Beutel sind nicht zum Kompostieren geeignet. Bei Fehlbefüllungen werden die Behälter auch mal nicht geleert“

Die Problematik der vielen Kunststoffe im Biomüll ließe sich durch eine einfache Maßnahme deutlich verringern. Neben den Müllsündern die vorsätzlich Kunststoffe in die Biotonne werfen, verursachen die sogenannten kompostierbaren Plastiktüten, die in vielen Super- und Drogeriemärkten verkauft werden und durch die Verbraucher unwissentlich im Biomüll landen einen erheblichen Anteil der störenden Fremdstoffe. Es liegt in der Verantwortung der Politik, der Hersteller und auch der Stadtreinigung das Missverständnis beim Gebrauch dieser Plastiktüten durch eine eindeutige Beschriftung zu beseitigen. Der Hinweis: „Die Plastiktüten sind in 14 Tagen nicht kompostierbar und darum für die Biotonne ungeeignet. Bitte durch einen längerfristigen Kompost recyceln“ würde die Störungen durch Kunststoffbestandteile im Biomüll mit sehr einfachen Mitteln deutlich reduzieren.

Dirk Adamek

Immer mehr versiegelte Böden

12. Oktober: „Eskaliert der Streit um das Heide-Trinkwasser? Hamburg Wasser befürchtet nach Gerichtsurteil Engpässe und vermehrte Aufrufe zum Wassersparen. 300.000 Hamburger sind betroffen“

Weltweit sinkt der Grundwasserspiegel und steigt der Meeresspiegel, u.a. weil immer mehr Boden versiegelt wird, so dass Regen nicht ins Erdreich, sondern über Kanalisation und Gewässer letztlich zum Meer gelangt. Boden ist auch ein CO2-Speicher, je abwechslungsreicher bepflanzt, desto mehr kann das Artensterben verlangsamt werden. Es ist nicht richtig, dass Hamburg Wasser im Umland fördern will, ohne dafür zu sorgen, dass möglichst viel Regen hier versickern kann. Vorgärten und Flächen vor Doppelgaragen werden zur Steinwüste, für neue Radspuren werden Bäume gefällt und Boden versiegelt und man erlaubt, dass Wäldchen mit alten, großen Bäumen gerodet werden, damit eine Villa für weniger Menschen gebaut werden kann. Auch die Zuwanderung sollte man unter diesem Gesichtspunkt betrachten. Öffentliche Rasenflächen sollten möglichst in Wiesen umgewandelt werden, um Vögeln und Insekten mehr Lebensraum zu geben.

Erika Reiber, Hamburg