Verkehrswende geht anders

5. Oktober: „Neuer Anstrich für den HVV. Logo und Internetauftritte aufgefrischt. Eine App errechnet die günstigste Fahrkarte“

Das sieht ja alles ganz hübsch aus aber lockt man damit Fahrgäste an? Die Tarife bleiben unverändert. Es gibt weiterhin keine flexiblen Schüler-Abos, die Fahrten bei schlechtem Wetter abdecken, das einzig wirklich familienfreundliche Angebot, die übertragbare Monatskarte gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Kinder müssen ab 14 voll bezahlen. Die Tarifstruktur ist so kompliziert, dass Touristen lieber andere Verkehrsmittel nutzen, vor allem, wenn sie kein Deutsch sprechen. Dieser Senat investiert lieber in Fahrradwege, die man kaum versteht oder die im Nirgendwo landen. Das ist nur eben nur ein neuer Anstrich, eine Verkehrswende sieht anders aus.

Frank Schröder

Zu wenig, um davon zu leben

4. Oktober: „Weihnachten soll die Regierung stehen. Die SPD gibt sich zuversichtlich, während die Union nach dem Gespräch mit der FDP Lust auf mehr hat. Grüne stellen sich auf ,Zumutungen‘ ein“

Ich habe mal pauschal berechnet was zwölf Euro Mindestlohn bedeuten. Das ergibt rund 2000 Euro Bruttogehalt. Davon bleiben etwa 1500 Euro Netto übrig. Für eine kleine Zwei-Zimmerwohnung zahlt man rund 700 bis 800 Euro Kaltmiete. Nach Abzügen für Strom, Telefon und Versicherungen bleiben dann etwa 30o bis 400 Euro zum Leben (Nahrung, Bekleidung und Freizeit). Von Altersvorsorge spreche ich gar nicht. Wenn man dann nach 45 Jahren in Rente geht, bleiben rund 700 Euro für alle Ausgaben übrig. Davon kann man nicht einmal seine Wohnung bezahlen. Aber weil ich dann soviel Freizeit, aber kein Geld habe, gehe ich dann nachts Zeitungen austragen, bei Wind und Wetter. Welche Arbeit (Vollzeit) hat es nicht verdient, das man davon existieren kann?

Sonja Starke

Frage für Herrn Scholz

Die SPD verhandelt im „allerengsten Kreis“. Olaf Scholz gibt inhaltliche Ziele vor. Ein Regierungsteam zu benennen, bleibt er schuldig. Das war vor der Wahl so und ebenso nach der Wahl. Welche Regierung hat Deutschland denn nun gewählt? Wer in der SPD trägt das Scholz-Programm mit, ohne unglaubwürdig zu werden? Warum stellt kein Journalist diese Frage an Herrn Scholz? Es wäre doch nun wirklich mal an der Zeit.

Joachim Krämer, Bargteheide

Devise: Teilen statt Haben

4. Oktober: „Was bringen Moia & Co. für die Mobilitätswende? Die neue Serie im Abendblatt zum ITS World Congress und dem Verkehr der Zukunft. Teil 2: Entlasten Sammeltaxis, Carsharing und E-Roller die Straßen?“

Damit alternative Angebote wie Carsharing und Ridepooling einen echten Effekt auf die städtische Mobilität entwickeln können und nicht zusätzlich den Verkehrsraum verstopfen, muss vor allem der „Motorisierte Individualverkehr“ (MIV) unattraktiv gemacht werden. Was geht, machen andere Millionen-Metropolen in Europa vor. Hamburg könnte, wie in London, eine City-Maut einführen. Oder eine Umweltzone. Die Pariser Bürgermeisterin baut bis 2025 in der inneren Stadt 70.000 Parkplätze ab, die zentrale Verkehrsachse Champs-Elysées wird verkehrsberuhigt. Einschneidende Maßnahmen müsste die Freie und Hansestadt Hamburg wirklich wollen und entsprechend handeln. Zumindest innerhalb vom Ring 2. Weitere Werkzeuge, vor allem den durch Pendler verursachten MIV zu erschweren, gäbe es genug: Anwohnerparken mit Quartiersgaragen ausbauen, vor allem in Wohngebieten gleichzeitig freie Parkplätze reduzieren und verteuern, insgesamt den Straßenraum reduzieren. Einer Phase des erfolglosen „Parksuchverkehrs“ oder des Ärgers über dauerhaften städtischen Stau folgte aller Wahrscheinlichkeit nach die Einsicht, dass die Nutzung von ÖPNV, Fahrrad oder eben Carsharing oder Ridepooling die bessere Variante wäre. Und eben nicht das Bemühen, den Verkehrsfluss auf Kosten der Bewohnerinnen und Bewohner zu organisieren. Solche fundamentalen Veränderungen sind natürlich ein gefühlter Affront gegen das etablierte Denken vieler Menschen, dass das Fahren mit dem eigenen Auto quasi mit einem Menschenrecht gleichzusetzen sei. Dabei soll niemand, der möchte, auf das Fahren verzichten müssen. Denn Carsharing-Angebote, von denen ein einziges potenziell bis zu 20 private Pkw ersetzen kann, stehen der Stadtgesellschaft weiter zur Verfügung. Die Devise müsste entsprechen heißen: „Teilen“ statt „Haben“. Der gewonnene Platz kommt vor allem den 50 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger zugute, die überhaupt kein eigenes Auto haben und das Primat der „autogerechten Stadt“ lange klaglos hingenommen haben. Durch die vielbeschworene Digitalisierung im Verkehrsbereich eröffnen sich zahlreiche Chancen zugunsten einer lebenswerten Stadt. „Anders“ und „Weniger“ ist dabei eine echte Chance für mehr Freiheit und keine Bedrohung derselben. Die müsste konsequent genutzt werden. Unser analoges Mobilitätsverhalten jedoch in der digitalen Welt weiterführen zu wollen, widerspricht der richtigen Idee einer Verkehrswende. Deswegen braucht es auch in Hamburg im Bereich von Verkehr und Stadtentwicklung einen konsequenten Systemwechsel – einen echten Reset – um einen anderen Blick auf die Möglichkeiten von Stadt im 21. Jahrhundert zu bekommen.

Malte A. Siegert, Vorsitzender NABU

Das Telefon stand im Flur

30. September: Kolumne: „Heute falle ich mal mit der Tür ins Haus. Warum muss ich mich Wochen vorher zum Quatschen verabreden? Warum nicht einfach klingeln? Haben wir die Spontaneität verloren?“

Liebe Annabell Behrmann, mit Ihrem Artikel haben Sie eine Situation beschrieben, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Auch ich kenne es, dass Freunde, Nachbarn und Freunde unserer Kinder, als sie klein waren, spontan aufkreuzten und oftmals lange blieben, weil man sich im Spiel verloren oder festgeklönt hatte. Ich denke, dass uns Corona alle verändert hat, aber man kann nicht alles Corona in die Schuhe schieben. Nehmen wir das spontane Telefonieren. Unsere Kinder sind aus dem Haus, sind berufstätig, haben Familien. Und trotzdem gibt es Situationen, in denen ich sie gerne spontan anrufen möchte, aber trotzdem zögere. Warum funktioniert das nicht mehr wie früher, fragen Sie. Ganz einfach: Als es noch keine Handys gab, stand das Telefongerät im Flur, später lag der Hörer auf dem Wohnzimmertisch. Dem Anrufer war aber immer klar, ich treffe denjenigen zu Hause an. Im Handyzeitalter weiß ich nie, wen ich wann und wo antreffe. Hinzu kommt, dass es zu damaliger Zeit immer Zeiträume gab, in denen man seinen Gesprächspartner antreffen konnte, weil die Tagesstruktur überall ähnlich war. Mittags war so eine Zeit, zwischen Abendbrot und Tagesschau, nicht später, schon gar nicht sonntags, wenn der Tatort lief. Wer von der jungen Generation schaut heute noch Tagesschau und wo sind noch gemeinsame Mahlzeiten zu regelmäßigen Zeiten üblich? Wir haben durch veränderte Öffnungszeiten, Essensmöglichkeiten in Restaurants, jetzt auch durch Homeoffice alle Strukturen über den Haufen geworfen.

Angela Reher

Klimawandel berücksichtigt?

4. Oktober: „Studie: U-5-Bau gefährdet Hamburgs Klimaziele. Kritiker des Projekts haben ein Gutachten zur Schadstoffbilanz erstellt – mit ernüchternden Resultaten. Verkehrssenator: Es gibt keine Alternative“

Hat man bei den Planungen zur U5 mit zum Teil sehr tief liegenden Stationen eigentlich den Klimawandel berücksichtigt? Klimaforscher sagen ja häufiger auftretende Starkregenereignisse voraus, die unter Umständen zu Problemen bei unterirdischen Stationen führen könnten. Ich erinnere an die vor wenigen Wochen gezeigten Bilder aus New Yorker U-Bahnstationen. Zumindest würden entsprechend aufwendige Baumaßnahmen zu noch höheren Kosten führen.

Ulrich Hornig