Deutschland, ich schäme mich

16. August: „Taliban in Kabul – Was wird aus Afghanistan?

„Deutschland wird am Hindukusch verteidigt.“ Diesen Satz des ehemaligen Verteidigungsministers Peter Struck habe ich damals kopfschüttelnd quittiert. Die Art wie er es sagte, zeugte von dem Unwissen, aber auch von einer verantwortungslosen Gleichgültigkeit den Soldaten und deren Angehörige gegenüber. Viele Jahre später, mit vielen Toten, Verwundeten, vom Krieg psychisch Gezeichneten fliehen die Bundeswehr und deren Verbündeten aus dem Land. Das Geld hätten unsere Politiker auch woanders verbrannt, die Opfer sollten aber nicht vergessen werden! Sie wurden schlecht ausgerüstet und halbherzig von der Politik unterstützt in den Kampf geschickt und ihr Einsatz von Leib und Leben nicht anerkannt. Unsere Soldaten haben ihr Bestes gegeben, um Afghanistan aufzubauen, leider scheitert es wie so oft an der Politik. Gewiss ist der Einfluss Deutschlands nicht mit der USA vergleichbar, aber Deutschland entscheidet selbst, ob es sich an solchen Abenteuern beteiligt. Diese schnelle, schlecht geplante Flucht aus Afghanistan zeigt die Abhängigkeit von der USA. Über viele Wochen wurde zögerlich über die Zukunft der Ortskräfte verhandelt. Nur manchmal kann man die Verantwortung nicht aussitzen, sonst läuft man Gefahr, das Menschen zu Tode kommen. Sieht man sich jetzt das Chaos am Flughafen Kabul an, kann man sich nur für unsere Regierung schämen. Jetzt hat Deutschland sein persönliches Vietnam.

Fred Bonkowski

Wie naiv von der Politik

Ich bin empört, verstört und wütend. Jahrzehnte lang unterstützen wir Afghanistan mit Millionen von Euro, bilden Polizei- und Sicherheitskräfte aus und sind mit eigenem Militär im Land unterwegs, um den Frieden einigermaßen aufrecht zu erhalten. Nun verlassen alle stabilisierenden Kräfte das Land auf einen Schlag, innerhalb weniger Wochen. Nach dem Motto: „Jetzt müsst ihr mal selbst zurecht kommen.“ Wie naiv ist das? Die Taliban dürften sich verwundert die Augen gerieben haben und haben ja auch sofort gezeigt, wer Herr im Lande ist. Innerhalb weniger Tage haben sie fast das ganze Land unter Kontrolle gebracht und das fast ohne Gegenwehr. Jetzt werden Botschaftsangehörige Hals über Kopf ausgeflogen, afghanische Helfer in Sicherheit gebracht. Hat man wirklich geglaubt, dass sich die Afghanen ab sofort selbst helfen können? Hat man wirklich geglaubt, dass die Taliban zu Verhandlungen an den Tisch kommen? Das Land Afghanistan wird zum Kalifat der Taliban und wir haben es ihnen sehr leicht gemacht. Meine Gedanken sind bei den Afghanen, die gehofft haben, endlich zur Ruhe zu kommen.

Reiner Harbrucker

Ein Herz für die Bahn

14./15. August: Hamburger KRITiken: „Die Geisterfahrt des Claus Weselsky. Der GDL-Streik ist kein Tarifstreit, sondern ein Beispiel für Egoismus in Zeiten der Klimakrise und der Pandemie“

Der Bahn sind die Köpfe abhanden gekommen, die Ahnung und vor allem ein Herz für sie haben. Keine Berufssparte bei der Bahn bekommt den täglichen Wahnsinn so hautnah mit wie die Lokführer und die Zugbegleiter. Mein Vater sagte einmal, der Reichtum seiner Firma sei nicht der monetäre Besitz, sondern das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeiter. Scheint die Bahn anders zu sehen, denn da wurde der Chef einer aufsässigen Gewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, kurzer Hand zum Arbeitsdirektor gemacht, um endlich Ruhe zu haben. Seitdem wird die inzwischen als EVG umfirmierte Gewerkschaft von mir und vielen anderen nicht mehr ernst genommen und als Ja-Sager abgestempelt. Bevor Sie also hier Claus Weselsky als Geisterfahrer abtun, hätten Sie sich darüber informieren sollen, warum die EVG als natürlicher Gegenspieler zur Bahn und als kraftvolle Arbeitnehmervertretung nichts mehr taugt. Wir leben in einer Wettbewerbsgesellschaft, doch nur für die Bahn soll das nicht gelten? Der von Ihnen suggerierte und verurteilte Kampf zwischen GDL und EVG ist in Wirklichkeit ein Kampf zwischen einer Gewerkschaft – die sich nach meiner Auffassung noch als echte Arbeitnehmervertretung versteht und auch danach handelt – und einem in meinen Augen schmierigen Bündnis aus EVG und Bahn. Es wäre also schon länger Zeit, dass die Bahn zu Gunsten einer besseren Zukunft endlich „einknickt“ und genau deshalb wünsche ich mir, das Claus Weselsky als Sieger vom Platz geht. Um einer guten Bahn Willen, die nach Jahrzehnten der Misswirtschaft endlich einmal wieder ihren Verkehr so organisiert bekommt, damit das legendäre Sprichwort „pünktlich wie die Eisenbahn“ wieder Gültigkeit bekommt. Dazu braucht es vor allem motivierte Fahrdienstleiter, Lokführer und Zugbegleiter sowie eine zukunftsweisende Infrastrukturplanung statt des heute weit verbreiteten Murks.

Dieter Doege

Ein gutes Gehalt motiviert

Die Kolumne von Herrn Iken zum Streik der GDL empfinde ich als eine populistische Unverschämtheit. Seiner Meinung nach sind die Streitpunkte zwischen GDL und Bahn völlig unbedeutend, da sie „lediglich“ die Staffelung und die Laufzeit der Verträge betreffen. Wenn dem so wäre, warum erfüllt dann die Bahn nicht einfach die Forderungen der GDL, sondern lässt es auf einen Streik zulasten ihrer Kunden ankommen? Tatsächlich bedeuten diese Details erhebliche finanzielle Unterschiede für die Beschäftigten. Diese zu erklären, wäre eigentlich die Aufgabe einer neutral informierenden Zeitung. Und für die Zukunft der Bahn ist es sicher sehr zuträglich, wenn es eine Gewerkschaft gibt, die dafür kämpft, dass die Mitarbeiter gut entlohnt werden, damit zukünftig überhaupt noch Menschen bereit sind, die Züge für uns zu fahren. In der Gastronomie kann man ja zurzeit gut sehen, wie sich Personalmangel wegen schlechter Bezahlung und schlechter Arbeitsbedingungen auswirkt.

Renate Ahrens

Der falsche Weg

16. August: „Hamburger Krankenkasse fordert: ,Kliniken schließen, Kosten senken‘. Gesetzliche Versicherungen mit Milliarden-Defizit. TK-Chef: Krankenhausbetten abbauen“

Es ist gut, dass wir so viele Krankenhäuser haben. Der Fehler ist die Ökonomisierung des Gesundheits- und Sozialwesens. Klar, überflüssige Behandlungen sind zu vermeiden, aber es ist auch falsch, den großen Krankenhauskonzernen und deren Shareholdern immer mehr Geld in den Rachen zu werfen. Privatisierung gesellschaftlich relevanter Infrastruktur ist der falsche Weg. So wenig es noch Bahnverbindungen auf dem Land gibt, so wenig wird es dann in Zukunft Krankenhausversorgung dort geben. Man sieht es auch am Hausarztmangel. Wieso müssen die wirtschaftlich arbeiten?

Martin Kleinert

Hamburg wächst zu schnell

13. August: „Was wird aus Hamburg? Auf dem Weg zur Zehn-Minuten-Stadt“

Der Beitrag über die Zukunftsvorstellungen für Hamburg, die Frau Loosen hier anbringt, sehe ich deutlich kritischer. Hamburg wächst eindeutig zu schnell und vor allem zu stark. Das sieht man schon daran, dass ich als Bewohner mehr vom Stadtrand in Schnelsen zunehmend Probleme habe, zu den schönen „Hotspots“ in Hamburg zu gelangen. Entweder der Verkehr und Stau stoppt mein Vorhaben, oder aber man findet keinen Parkplatz mehr, dafür aber überall Fahrradstraßen und abgestellte Mietwagen. Ich könnte mir durchaus gut vorstellen, mehr im eigenen Quartier zu bleiben, leider ist die Verteilung was Cafés, Bars und Restaurants in Hamburg angeht, extrem unterschiedlich und gerade auch in Schnelsen besonders unterrepräsentiert. Dieser Aspekt wird auch von jedem Stadtplaner und Politiker ignoriert, verdichtete Stadtteile brauchen aber dringend auch diesbezüglich Verbesserung, sonst wird auch zukünftig jeder Anwohner zur Freizeit-Mobilität gezwungen.

Thomas Reimann