Ohne Konzept für die Zukunft

18. Juni: „Was wird aus Hamburg? Ich zeige gern, wie ‚Platten‘ heute aussehen“

So so, der Konflikt um das Diekmoor sei also ein „laues Lüftchen“. Interessant auch, dass Herr Werner-Boelz Hamburg wegen der vielen Grünflächen schätzt. Es geht beim Diekmoor nicht nur um die Kleingartenpächter. Die Bewohner im Umkreis sind stinksauer. Viele haben Grün gewählt, um die Natur zu schützen. Nun fällt nicht nur ein Naherholungsgebiet weg, das ganze Ökosystem Bornbach scheint in Gefahr zu sein. Wenn mit den 700 Wohnungen wenigstens die Wohnungsnot in Hamburg gelöst wäre – aber es bleibt ein Tropfen auf dem heißen Stein. Währenddessen stehen um die Ecke in der südlichen Tangstedter Landstraße zig Häuser leer und eine bessere Anbindung an das Hamburger Umland wurde seit Jahren verschlafen. Zugegeben, dafür sind die Grünen nicht allein verantwortlich. Trotzdem wäre es für die gesamte Bezirksverwaltung an der Zeit, sich ein zukunftsfähiges Konzept zu überlegen. Was aus meiner Sicht nicht geht: Unter Umgehung einer Bürgerbeteiligung ein Landschaftsschutzgebiet zupflastern. Mit dem lapidaren Hinweis, dass dies laut Flächennutzungsplan ja erlaubt sei.

Jennifer Michelmann

Nur eine Verbotspartei

Auch im ganzseitigen Interview bestätigt Herr Werner-Boelz das, was die Stadt seit Monaten zunehmend wahrnimmt: Hier setzt ein Ideologe in einer Verwaltungsposition die Vorstellung weniger gegen die überwältigende Mehrheit der Bürger durch. Die Grünen versuchen auf Bundesebene aktuell die zahlreichen Vorstöße ihrer Mitglieder zu dämpfen, um nicht als Verbotspartei wahrgenommen zu werden. Nach dem „Marsch durch die Instanzen“ denken diese aber gar nicht daran einen kanzlerfähigen Kurs zu fahren. Herr Werner-Boelz schwärmt ganz offen von den Verteilungskämpfen die entstehen, wenn er den „Stehzeugen“ die Parkfläche entzieht. Diese einseitige Sichtweise ist nicht nur zutiefst unsozial. Sie zeigt auch was uns erwartet, wenn wir eine Partei, die nur eine echte (Öko-)Agenda hat, an die Schaltstellen der Macht lassen. Wenn die Mitglieder der Grünen in das Räderwerk deutschen Verwaltungshandelns eingreifen können, dann zeigt sich am Beispiel Werner-Boelz nämlich eben doch, dass sie eine Verbotspartei sind, nicht mehr und nicht weniger.

Dr. Philip Düwel

Realität in den Wohnblöcken

Herr Werner-Boelz hat in seiner Argumentation mehrere Unebenheiten. Zum einen wohnt er selbst nicht in solchen neuartigen Wohnblöcken, kann also die Realität, die dort irgendwann einzieht, nicht nachspüren. Menschen wollen nicht in Blöcken wohnen, wenn sie nicht müssen. Also werden irgendwann nur die dort zurückbleiben, die keine Wahl haben. In Osdorf, Steilshoop oder Großlohe kann er besichtigen, was dann passiert. Ein weiterer Aspekt. Es gehört zu den physikalischen Gesetzen, dass wo ein Körper ist, kein zweiter sein kann. Wenn eine Stadt voll ist, ist sie voll. Dass es keinen sozialen Verdrängungswettbewerb gibt, ist Aufgabe der Stadt. Wien als Beispiel für Lösungen dieser Problematik wurde schon oft genannt, Berlin als aktuelles schlechtes Beispiel ebenso. Und letztendlich, wenn sich die Entwicklung irgendwann mal umkehrt – erste Tendenzen kann man schon erahnen – wird die einsetzende Stadtflucht Betonwüsten zurücklassen. Uneingeschränkt zustimmen kann ich der Ansicht, dass es nicht Aufgabe der Stadt ist, seinen Bürgern kostenlose Parkplätze zur Verfügung zu stellen. Kostenlose Wohnungen gibt es ja auch nicht. Keine Parkplätze ist aber die schlechteste Lösung.

Andreas Kaluzny

Hamburg verliert den Charme

Auch wenn Hochhäuser dem Senat mehr Lohn- und Mehrwertsteuer einbringen, bleiben sie doch in Sachen Wohn- und Lebensqualität eine große Sünde. In Corona-Zeiten war dies besonders gut sichtbar. Wenn man dann noch den zunehmenden Liefer- und Besucherverkehr nebst fehlender Krankenbetten und Kitas hinzurechnet, wird Hamburg seinen Charme verlieren und nur ein Ziel für Immobilienspekulanten bleiben.

Siegfried Meyn

Alles gut? Nein!

17. Juni: „Neues Bündnis für Wohnen soll Bezirke entmachten. Senat und Wirtschaft einigen sich nach langen Verhandlungen“

Das politische Ränkespiel zwischen dem Senat und den Bezirken lenkt von den wirklichen Problemen ab. Weiter jährlich 10.000 Wohnungen klingt ja gut, ist es aber auch gut? Die Bau- und Wohnungswirtschaft darf sich freuen, die Politik darf sich an die Brust klopfen und die dringend Wohnungssuchenden erhalten die Aussicht auf ein paar Sozialwohnungen mehr. Alles gut? Nein! Die Rechnung wird wieder einmal ohne Rücksicht auf den Klimaschutz gemacht. Das Wohnen steht heute für ca. ein Drittel unserer CO2-Emissionen. Um klimapolitisch zu punkten, wäre es dringend an der Zeit, vom Neubau auf die klimatechnische Weiterentwicklung des Wohnungsbestands umzuschwenken. Das ist natürlich nicht besonders „sexy“. Nur beides zugleich dürfte nicht gehen. Dazu reichen offensichtlich die Kapazitäten am Bau nicht aus. Die Preise für Bauleistungen heben weiter ab und die Mieten folgen den Kosten. Beim Holstenquartier in Altona spricht man bereits über Mieten von 20 Euro pro Quadratmeter netto Kaltmiete. Und das bei heute äußerst niedrigen Zinsen. Zinsen waren einmal Hauptbestandteil der Gesamtkosten im Wohnungsbau. Steigen die Zinsen vor dem Hintergrund von Inflationsgefahren nur um einen Prozentpunkt, steigen die Kosten um ca. drei Euro pro Quadratmeter mit Folgen für die Mieten.

Helgo Klatt

...und das Klima?

17. Juni: „Zehn neue Ziele: So startet Hamburgs Flughafen in die Urlaubssaison. Eurowings plant 1200 Abflüge. Hunderte sind schon ausverkauft. Airline will jetzt geparkte Jets reaktivieren“

Der Flughafen kann einfach nicht begreifen, dass das weitere Fliegen in der bisherigen hohen Anzahl nicht mehr möglich sein kann, wenn wir das Klima noch retten wollen. Nur allein die Auswirkungen der Corona-Virus-Pandemie sorgen dafür, dass das CO2-Budget am Flughafen noch eingehalten wird. Das Klima ist krank und die Menschen und deren Nachkommen werden krank, weil die Luftfahrt zur Zeit der größte Umweltverschmutzer überhaupt ist. Ein Weiter so kann es nicht mehr geben.

Karin Wagner

Kurzsichtige Denkweise

11. Juni: „Jetzt werden auch die Hamburger Gelenkbusse elektrisch“ und 17. Juni: Leserbrief „Stadtbahn wird es nicht geben“

Der Leserbrief über die Stadtbahn zeigt einmal mehr die zu kurzsichtige Denkweise in Hamburg. Auch bei der früheren Straßenbahn hätten alle Gleise erneuert werden müssen und so wäre es leicht, sie wieder einzuführen. Für Hamburg hätte es sogar nichts gekostet, serviert doch Siemens den Kopenhagenern eine Stadtbahn ohne Bezahlung. Wer genau hingesehen hat, konnte auf dem Werbeprospekt der CDU für die Regional-Stadtbahn zur Hamburgischen Bürgerschaft, vorn die Bezeichnung „Siemens“ lesen. Es wäre also auch in Hamburg möglich gewesen, kostenlos eine Stadtbahn zu bekommen. Andererseits konnte sich die CDU nicht dem Vorwurf der Korruption aussetzen. Soll der Nahverkehr in Zukunft bezahlbar bleiben, muss in Hamburg umgedacht werden – weg von den Irrsinnskosten des U- und S-Bahnbaus und hin zur Wiedereinführung der Straßenbahn. Die HHA war vor 1973 – wo es viele Straßenbahnlinien gab – ein gewinnträchtiges Unternehmen. Jetzt ist das Minus seit Jahren in Milliardenhöhe angewachsen. Wie man Gewinn machen kann mit einer neuen Straßenbahn, zeigt sich in der irischen Hauptstadt Dublin. Am interessantesten wird es dieses Jahr in der finnischen Stadt Tampere, wo eine neue Straßenbahn eingeführt wird.

Ingo Naefcke