Vernunft? Fehlanzeige

17. Juni: „Zehn neue Ziele: So startet Hamburgs Flughafen in die Urlaubssaison. Eurowings plant 1200 Abflüge. Hunderte sind schon ausverkauft

Die freudige Titel-Botschaft des Massenandrangs auf den Hamburger Flughafen löst in mir Beklemmung aus. Die Impfkampagne stockt, die indische „Delta“-Variante breitet sich aus – 9000 Neuinfektionen in England, höchster Wert seit Februar – und trotzdem scheinen alle Dämme zu brechen. Warum wiederholen wir die Fehler des vergangenen Sommers, der selbst nach verhaltenem Reisebetrieb und weniger gefährlichen Mutanten geradewegs in die Herbst-Welle führte? Die Rechnung ist doch einfach: Das Infektionsniveau ist immer noch höher als 2020, das heißt das Virus hat einen Startvorteil. Die erfolgten Impfungen könnten den Unterschied machen, aber tun sie das wirklich? Der Impfstoff von CureVac, der anders als die Stoffe von Biontech und Moderna mit dem gleichen mRNA-Wirkprinzip nicht nur am Ursprung-Virus getestet worden ist, sondern an 13 Varianten, kommt nur noch auf eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent, was die Frage aufwirft, wie wirksam Biontech, Moderna und Co. noch wirklich sind. Vernunft, Zurückhaltung? Fehlanzeige! Ich verstehe den Freiheitsdrang jedes einzelnen, aber ist es denn der Strandurlaub wert, alle Erfolge der jüngsten Zeit aufs Spiel zu setzen? Falls die Politik diese Frage mit „Ja“ beantwortet, hoffe ich, dass wenigstens Vorkehrungen für den Herbst und Winter getroffen werden.

Sven Hansen, Hamburg-Eimsbüttel

Großherzig, nicht klein kariert

16. Juni: „Gendern in der Verwaltung offiziell möglich … aber nicht zwingend nötig. Senat: In geschlechtersensibler Sprache drückt sich die Vielfalt der Gesellschaft aus“

Ganz ausdrücklich möchte ich mich gegen die Gendersprache aussprechen. Unsere Behörden und Ämter sollten jeden verfügbaren Euro in die verbesserte Ausstattung von Schulen, Kitas und Krankenhäusern stecken. Das nützt den Menschen und der Gesellschaft. Dagegen dürfte kein Euro in die Umformulierung bestehender Vorschriften oder in Schilder und Ampelmännchen gesteckt werden. Da wiehert der Amtsschimmel – oder die Amtsschimmelin? Wir wollen eine Gesellschaft und staatliche Stellen, die Vielfalt in der Gesellschaft fördern, aber nicht durch Formalien in der Amtssprache, sondern durch Aktionen und Förderung und Unterstützung und Wertschätzung aller Menschen, egal ob Mann, Frau oder Divers, alt oder jung, reich oder arm. Die geschlechterspezifische Einzelnennung schließt nach meinem Empfinden eben gerade nicht alle ein, sondern grenzt wieder die ungenannten „Diversen“ aus. Ich als Frau habe keine Probleme, mich in Anreden wiederzufinden wie „Bürger dieser Stadt“ oder „Europäer auf Reisen“ oder „Rentner mit Ambitionen“. Im Gegenteil, für mich verbindet das generische Maskulinum alle Menschen in ihrer Vielfältigkeit. Seien wir großherzig – und nicht klein kariert. Ja, zu diskriminierungsfreier Behandlung, nein zu Gendersprache.

Kirsten Kuhk

Nur noch die weibliche Form

Vor einiger Zeit hat eine Leserbriefschreiberin dazu aufgefordert, sich einen Professor balletttanzend im Park vorzustellen. Das war eine amüsante Vorstellung, und ich war überrascht, dass in meinem Kopf aber nicht ein Mann dort seinem Hobby nachging, sondern eine Professorin. Ich möchte mich nicht als militante Verfechterin eines „Gender-Sprechs“ bezeichnen, aber das genannte Beispiel machte mir deutlich, wie unsere Gedanken geleitet werden. Wenn ich mir die vielen Leserbriefe zu diesem Thema vergegenwärtige, scheint kaum einer dabei zu sein, der diese Sternchensprache gut findet. Wie wäre es denn, wenn wir nach langen Jahren der vorherrschend männlichen Bezeichnungen nun alle pauschal mit der weiblichen Bezeichnung betiteln? Da sich die Frauen ja bisher auch immer mitgemeint fühlen sollten, werden die Männer dieses Kunststück dann auch vollbringen können...

Birgit Angela Mittag

Bewährter Sprachgebrauch

Jetzt maßt sich schon eine Verwaltung an, den Gebrauch der deutschen Sprache durch Dienstanweisung unsinnig zu ändern. Denn, wenn im Schriftverkehr schon so etwas wie ein Stern oder ein großes „I“ eingesetzt werden soll, müsste auch das gesprochene Wort folgen, ohne Rücksicht auf den Sprachfluss. Und das nur, um einer Minderheit zu gefallen, die Mehrheit der Bevölkerung ist ja dagegen. Warum sollte etwas geändert werden, was jahrhundertelang Sprachgebrauch war? Nur von unten, aus dem Volk, entstehen neue Ausdrücke, nicht durch Dekrete von oben. Und eine Umsetzung im Sinne der Hamburger Verwaltung würde dazu hohe Kosten verursachen. Wir haben andere Sorgen, als uns mit derartigen Unsinn zu befassen.

Dr. Jürgen Koch, Holm

Tierwohl kostet

16. Juni: „Kein Siegel für arme Schweine. Das Tierwohl-Label von Agrarministerin Klöckner ist vorerst gescheitert“

Allein in Deutschland werden jährlich über 700 Millionen Tiere geschlachtet. Das sind laut Statistischem Bundesamt an jedem Tag (!) mehr als zwei Millionen Tiere, darunter 1,7 Millionen Hühner und 150.000 Schweine. Unsere Regierungen mit ihren Landwirtschaftsministerinnen und -ministern zeichnen sich durch fortgesetztes und wiederholtes Versagen aus, wenn es um konsequente Umsetzung von Tierwohl geht. Sie alle knicken ein vor der Tierindustrie, die unbehelligt weiterwurschteln möchte. Und sie haben Angst vor den Konsumentinnen und Konsumenten am Wahltag. Diese nämlich möchten Billigfleisch auf dem Teller und auf dem Grill sehen. Doch Tierwohl ohne Kostenumlage ist genauso wie Energiewende ohne Preisanstieg – mit Verlaub – eine verlogene Politik.

Johannes Zink

Lasst uns Lösungen finden!

Wir Landwirte beschäftigen uns schon sehr lange mit einer deutlichen Verbesserung der Haltungskriterien unserer Nutztiere. Und das auf einer sehr breiten Front. Wir machen uns Gedanken über den Umfang und die Art der Verbesserungen. Dabei kommen auf einige Betriebe schnell Finanzierungssummen von mehr als einer halben Million Euro zu. Wie sollen wir das bezahlen? Von Herrn Miersch (SPD) kommen keine umsetzbaren Vorschläge. Die SPD verhindert eine dringend benötigte Änderung des deutschen Baurechtes. Um einen vorhandenen Stall umbauen zu können, so dass die Tiere auch an das Tageslicht gelassen werden können, benötige ich eine separate Genehmigung. Diese kann nach den jetzt geltenden Gesetzen nicht erteilt werden. Beantrage ich keine Nutzungsänderung und baue einfach so drauf los, verliere ich meine Betriebserlaubnis. Mein Wunsch: Lasst uns endlich pragmatische und bezahlbare Lösungen finden. Das bitte dann nicht erst in ein paar Jahren und ohne diese unerträglichen Diskussionen wie zurzeit.

Jens-Walter Bohnenkamp

Extrawaggon für Fahrräder

16. Juni: „Bike+Ride wird auf 40.000 Plätze ausgebaut“

Dass Herr Dr. Tjarks Radfahrern den ÖPNV schmackhafter machen und den Autoverkehr reduzieren möchte, ist ein richtiger und wichtiger Schritt im Sinne der Umwelt. Hier hat er inzwischen gezeigt, dass er mit seinen Plänen meiner Meinung nach der Richtige im Amt ist. Dass es an vielen Ecken und Kanten noch hapert und nicht alles sofort umgesetzt werden kann, ist auch den Versäumnissen bzw. der bislang nicht erkannten Dringlichkeit einer solchen Verkehrswende geschuldet. Einen Punkt lässt aber auch Dr. Tjarks außer Acht, endlich den ÖPNV dazu zu bewegen, in einem Waggon ohne Sitze die problemlose Mitnahme seines Fahrrades zu ermöglichen. Das würden mit Sicherheit nicht nur Radfahrer begrüßen, sondern auch Rollifahrer und Eltern mit Kinderwagen. Denn auch, wenn man das zu bestimmten Zeiten offiziell darf, genervte Blicke erntet man allemal.

Marina Todt