Konsequenzen ziehen

31. Mai: „Jüdische Gemeinde prüft Strafanzeige nach Protestaktion. Demo am Steindamm sorgt für Diskussionen

Es macht mich fassungslos, wie auf den Protestmärschen antisemitische Parolen gebrüllt werden, ohne dass der Staat das unterbindet oder strafrechtlich verfolgt. Es ist beschämend, wie hilflos die Politik darauf reagiert. Kanzlerin Merkel hat zwar das Gastrecht für solche Täter in Frage gestellt, aber nur die Ankündigung ist zu wenig. Die Täter müssen sich endlich sicher sein, dass ihr Handeln Konsequenzen hat, denn sie schaden auch dem Ansehen Deutschlands in der Welt.

Uwe Wallaschek

Blind für eigenen Rassismus

29./30. Mai: „Wie wir die Gesellschaft zersetzen. Es geht nicht mehr um Gemeinsamkeiten, sondern vor allem das Trennende – mit einer überzogenen Identitätspolitik zerfällt ein Land in verfeindete Stämme“

Wer wissen will, welche verheerenden psychologischen Folgen Zuschreibungen haben können, dem sei Max Frischs Theaterstück „Andorra“ empfohlen. Was passiert wohl, wenn man lange genug „Nazis“ ins Gesicht der Mehrheitsgesellschaft schreit? Die Ankläger sind blind für ihren eigenen Rassismus.

Veronika Klosa

Mit weitem Blick urteilen

Ich stimme Herrn Iken zu, dass im Bündel der Ursachen für die Radikalisierung der Identitätspolitik neben der Verabsolutierung der eigenen Individualität das eine bedeutende Rolle spielt, was er „wenig Wissen im Kopf“ nennt. Ich möchte das an einer bekannten Hamburger Angelegenheit verdeutlichen, der Auseinandersetzung um die Zukunft des Bismarck-Denkmals. Eine Initiative forderte allen Ernstes, die diskutierte Umgestaltung müsse den Afrikanern überlassen bleiben, denn sie seien ja die Opfer von Bismarcks Kolonialpolitik. Eine derartige Hybris kann wohl nur Bestand haben, wenn man nichts weiß von Bismarcks Blut-und-Eisenpolitik, seiner Verfolgung von Katholiken und Arbeiterbewegung, die ebenso ihre Opfer gefordert haben. Es zählen allein die Emotionen für die Sache, von der man sich ergriffen fühlt. Man ist nicht mehr willens, den Blick zu weiten und Kenntnisse zu erwerben, schon gar nicht eine abwägende Gesamtwürdigung von Bismarcks Politik vorzunehmen. Es fehlen Bereitschaft und Fähigkeit, Menschen und ihr Handeln und Leiden im historischen Kontext zu begreifen und zu beurteilen. Gegenwart wird zum absoluten Maßstab des Vergangenen oder auch umgekehrt historisches Handeln zum Maßstab der Gegenwart. Aus diesem Brei von eigener Identifikation sowie nicht begriffener Historie und Gegenwart entstehen dann in ganz derselben Weise Positionen wie die der genannten Initiative. Pseudolinke Identitätspolitik gedeiht auf demselben Boden wie rechtsverdächtige Demokratiekritik. Beide spalten die Gesellschaft.

Jürgen Kowalewski

Was ist mit Schwarzenbek?

Ich bin auch dafür, dass Straßen nicht nach Hindenburg benannt und Kasernen nicht den Namen Lettow-Vorbeck behalten, aber für Orte den Namen ändern, ohne sachlichen Grund – das geht dann doch zu weit. Selbst habe ich einige Jahre in Negernbötel in Schleswig-Holstein gewohnt. Und natürlich wollte ich wissen, wie es zu diesem Namen kam. Zurückzuführen auf einen niederdeutschen Dialekt bedeutet Negernbötel „Nahe der Siedlung“. Wie man dabei „rassistische Assoziationen“ bekommen kann, ist mir rätselhaft. Erstens hat der Dorfname nichts, aber auch gar nichts, mit dem N-Wort zu tun und zweitens müsste man den Namen für Fehrenbötel „Fern der Siedlung“ dann konsequenterweise gleich mit ändern. Wie schreibt Matthias Iken in seinem Artikel „ … keiner unterschätze die Dynamik der Entwicklung“. Was ist eigentlich mit Schwarzenbek?

Dora Heyenn,

Landesvorsitzende der AfB Hamburg

Tanz der Vampire

Matthias Ikens Artikel war längst überfällig. Beachtenswert, wie er herausarbeitet, dass Identitätspolitiker in die gleiche Richtung gehen, aus der sie kommen. Sie wollen den sogenannten Rassismus, die Geschlechter- und Minderheitendiskriminierung bekämpfen, gleichen dabei aber in ihrer Unerbittlichkeit und verkappten Aggressivität denen, die sie bekämpfen wollen. Das erinnert an Polanskis „Tanz der Vampire“: Der Bekämpfer der Vampire wird am Ende selbst zum Vampir.

Albrecht Hauter, Hamburg

Diktatur des Mainstreams

Wie kann es angehen, dass ein kleiner Teil der Bevölkerung die Mehrheit mit seiner „political correctness“ bevormunden will. Bald wird keiner mehr seine freie Meinung sagen können und sich bei Gesprächen in Acht nehmen müssen, da er sich dem „Mainstream“ unterzuordnen hat. Für mich ist das eine heranschleichende „Diktatur“, die sich von innen, also aus der Bevölkerung heraus, immer weiter entwickelt. Obwohl sie keiner haben will, wird man sich letztendlich dieser unterwerfen müssen, wenn man nicht als Gegner einer „guten Sache“ angesehen werden will. Selbst die Medien laufen, was die „neuen“ Schreibweisen betreffen, der einen oder anderen Forderung hinterher, statt sich ihnen mit klarer Distanzierung zu widersetzen. Hatten wir das nicht schon mal in Deutschland? Wenn man bedenkt, wo unsere wahren Probleme in der Zukunft liegen, die durch die Pandemie und deren Spätfolgen mit Arbeitslosigkeit, Firmeninsolvenzen und hohen Staatsschulden uns noch über Generationen belasten werden, tragen diese unnötig geführten Debatten über ein korrektes Gendern, Straßen- und Ortsschilder umbenennen, Bücherumschreibungen oder alten Denkmälern jedenfalls nicht zur Verbesserung dieser bei.

Ronald Henftling

Wo war der Innensenator?

31. Mai: „Massenpartys eskalieren – Politik geschockt. In der Schanze und auf St. Pauli wurden Corona-Regeln massiv missachtet“

Die Situation in der Schanze war auch vor Corona für die Anwohner kaum erträglich. Es war doch zu erwarten, dass wieder halb Pinneberg am Sonnabend hier einfallen würde. Mich hat das nicht überrascht. Überraschend finde ich allerdings, dass unsere Politiker empört sind. Sie sind doch dafür verantwortlich, dass genau so etwas, wie am Wochenende in der Schanze, nicht passiert. Wo war denn der verantwortliche Innensenator?

Peter Meyer

Schwerfällig und lustlos

31. Mai: „Wann wird hier endlich gebaut? Das Café-Projekt im Jenischpark kommt nicht von der Stelle. Investor Falk Hocquél klagt an: ,Ich werde seit Monaten hingehalten‘“

Diese Geschichte zeigt wieder mal deutlich die roten Verkrustungen in unseren Behörden. Die Stellen werden nach Parteibuch besetzt und nicht nach Fähigkeit. Fazit: Schwerfälligkeit, Lustlosigkeit und Arroganz. Zu viele Mitarbeiter in den Behörden, die in der Freien Wirtschaft null Chance hätten.

Axel Stahl

Auf die Leistung kommt es an

29./30. Mai: „Wer eine zweite Amtszeit unterstützt – und wer sie verhindern will. Die Ankündigung des Bundespräsidenten löst bei den Parteien unterschiedliche Reaktionen aus – und manche Zustimmung kommt aus überraschender Ecke“

Die Ankündigung Frank Walter Steinmeiers, sich für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stellen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Das Ansehen, das sich Steinmeier nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch durch sein Auftreten im Ausland erworben hat, lässt ihn für das Amt des Bundespräsidenten als ideal erscheinen. Die Vertreter aller Parteien sollten sich bei ihren Überlegungen in keinem Fall von parteipolitischen Erwägungen leiten lassen, sondern parteiübergreifend die Leistung Frank Walter Steinmeiers in den Vordergrund stellen. Er hat sich in der Vergangenheit um Deutschland verdient gemacht und seine Rolle im Sinne der Verfassung als „pouvoir neutre“ verstanden.

Dr. Claus Rabe