Eine gelungene Aktion

26. April: „,Zynismus ist nicht die richtige Haltung‘. Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda über emotionale Belastungen, beißende Kritik und die fragile gesellschaftliche Lage

Die klugen Äußerungen Carsten Brosdas zu der #allesdichtmachen-Aktion kann ich einerseits nachvollziehen. Dennoch stimme ich ihm unterm Strich nicht zu. Ich persönlich finde die besagte Aktion sehr gut und halte sie für gelungen. Wir leben in einer Demokratie, in der freie Meinungsäußerung und künstlerische Freiheit erlaubt sind. Man kann die Aktion der Schauspieler gut oder nicht gut finden. Es ist mir klar, dass so etwas polarisiert. Das kann und darf es auch. In den Videoclips wird zum größten Teil Kritik geübt an unserer Regierung und ihrem Umgang mit der Pandemiebekämpfung, und diese Kritik halte ich für mehr als zulässig. Sie findet in nicht geringem Maß ja durchaus auch in den Medien statt. Ich habe es allerdings satt, dass wenn man Kritik äußert, immer wieder die Moralkeule hervorgeholt und einem Empathielosigkeit vorgeworfen wird. Ich weiß ob der mehr als 80.000 Toten, dem großen Leid und den immensen, hochgeschätzten Einsätzen von Ärzten und Pflegepersonal. Ich weiß aber auch, dass immer und zu jedem Zeitpunkt gestorben wird und dass es auch noch andere Krankheiten gibt, die Leid und Tod verursachen. Jeder Tote ist ein Toter zuviel. Immer!

Jochen Brachmann

Mutig und mitfühlend

24./25. April: „Alle(s) noch ganz dicht? Mehr als 50 Schauspieler protestieren mit ironischen Videos gegen Corona-Maßnahmen“

Meine Hochachtung vor den Schauspielern für diese Aktion, die sehr mutig war angesichts der in der Öffentlichkeit und in der Presse vorherrschenden Meinung, dass man der Regierung nicht widersprechen sollte und Zweifel an den Maßnahmen direkt dazu führt, dass man zum Corona-Leugner oder Nazi erklärt wird. Genau diesen Beweis hat die Aktion erbracht und leider hat auch das Abendblatt in dieses Horn geblasen. In den Videoclips wurde allerhöchstes Mitgefühl geäußert für die Millionen Menschen, die zwar nicht auf der Intensivstation liegen, aber seit einem Jahr ebenfalls am körperlichen und seelischen Limit leben. Es gibt zurecht viel Mitgefühl für die Toten und die Leidenden auf den Intensivstationen und ich bewundere den Einsatz der Ärzte und Pfleger, aber wo ist der wöchentliche Report der Millionen Eltern und Alleinerziehenden, die nicht mehr können, der Aufschrei der Psychiater und Psychologen, die mit dem großen Andrang der seelisch und körperlich Leidenden zurechtkommen müssen, der Protest der Lehrer, die ihre Schüler*innen nicht mehr erreichen können? Für all diese Menschen, die auch schwer unter den Pandemiemaßnahmen leiden, war diese höchst empathische Aktion, und die Videoclips zeigen sehr pointiert und bissig, wohin die Maßnahmen führen können, wenn man sie zu Ende denkt.

Hinrich Langeloh, Hamburg-Osdorf

Dank aus der linken Ecke

Danke, liebe Schauspielerinnen und Schauspieler! Danke dafür, dass Sie in diesen, von Hass auf Andersdenkende geprägten Zeiten, den Mut aufgebracht haben, die Corona-Politik auf künstlerische und originelle Weise zu kommentieren. Bitte lassen Sie sich durch die zu erwartenden Reaktionen nicht entmutigen. Dieser Dank kommt übrigens aus der linken Ecke.

Peter Suhren, Hamburg

Unreflektierte Botschaften

Eine einfache, kluge Regel der Kommunikation lautet: Sende adressatenbezogen und plane mögliche Reaktionen auf deine Nachricht vorausschauend mit ein! Das haben die SchauspielerInnen mit ihrer Videoaktion offensichtlich nicht getan, indem sie ihre subjektiven Botschaften unreflektiert in den medialen Raum posaunten. Die schwer an Corona erkrankten Menschen, die in der Pandemie um ihr Leben kämpfen, geraten dabei völlig aus dem Blick. Bis vor kurzem habe ich die geschätzten und sicher nicht am Hungertuch nagenden Kulturschaffenden Tukur, Brambach, Folkerts, Uhl etc. für integer, intelligent und sensibel gehalten. Nach deren Aktion bin ich vom Gegenteil überzeugt. Da nützt es auch nichts, wenn die Damen und Herren ihre gut gemeinten Motive nachliefern, als klar wird, dass ihnen rechte Demagogen applaudieren. Kommunikation gescheitert. Die ganze Aktion ist einfach dumm und unprofessionell.

Susanne Mentzel

Gemeinsam Richtung Öffnung

24./25. April: „Corona-Maßnahmen: Ist Hamburg zu streng?“

Es geht nicht darum, Corona zu ignorieren, aber es geht darum, eine Verhältnismäßigkeit zu schaffen, die meiner Meinung nach inzwischen nicht mehr vorhanden ist. Im Gegenteil, der Kollateralschaden wird zunehmend sichtbar und wird auch von vielen Experten, Pädagogen, Wissenschaftlern, Berufsverbänden, Eltern und (Kinder-)Ärzten angemahnt, aber offensichtlich ignoriert. Es mangelt dabei keinesfalls an Verantwortung oder Mitgefühl mit den von Covid-19 direkt oder indirekt Betroffenen. Ich bin sicher, wir tun alle, was wir nur können, um Menschen zu schützen. Der größte Teil der Risikopatienten ist aber inzwischen geimpft. Wir haben alles Menschenmögliche getan, um Menschen zu schützen. Es ist Zeit, einmal den Risiken des Lebens wieder ins Auge zu schauen und zu akzeptieren, dass wir Tod und Krankheit nicht verhindern können. Es ist meiner Ansicht nach wichtig, besonders jungen Menschen wieder Zuversicht und Vertrauen vorzuleben und sie stark zu machen und in Akzeptanz von Unwägbarkeiten wachsen zu lassen. Das können wir tun, indem wir als Gesellschaft nun gemeinsam in Richtung Öffnung gehen, wenn auch maßvoll in kleinen Schritten. Es ist Zeit, dass wir Menschen selbst wieder Verantwortung für uns und unser Umfeld übernehmen. Das ist das, was uns alle stark macht.

Sabine Kilper

Wo wollen Sie denn hin?

Herr Iken beklagt, dass die Bewohner Hamburgs nach 21 Uhr ihre Wohnung nicht verlassen dürfen. Lieber Herr Iken, wo wollen Sie denn um diese Zeit noch hin? Theater? Konzert? Restaurant? Kino? Party? Private Feier? Ist es wirklich so schlimm, für eine kurze Zeit mal zu Hause zu bleiben? Immer nur Meckern hilft nicht wirklich weiter.

Gisela Buntin, Hamburg-Neuallermöhe

Appell zu mehr Disziplin

Warum infizieren sich weiterhin täglich Tausende mit dem Corona-Virus? Weil ganz offensichtlich die einfachsten Verhaltensregeln nicht eingehalten werden. Das Virus wird durch Kontakte weitergegeben. Wer will das bestreiten? Statt nun zu polarisieren, zu polemisieren und mit harschen Worten die Politiker zu kritisieren und zu Sündenböcken zu machen, wünsche ich mir in Ihrer Berichterstattung einen moderaten Ton und einen stetigen Appell an uns Bürger, sich stärker zu disziplinieren und die Regeln zu befolgen. Es liegt doch in unserem Verhalten, die Krise einzudämmen. Aber noch immer ist die Ernsthaftigkeit der Lage bei sehr vielen nicht ins Bewusstsein gedrungen. Noch immer wird zu oft laut nach Rechten gerufen und dabei nicht an Pflichten gedacht. Dem ist offensichtlich nur durch Verbote beizukommen. Traurig, aber wahr.

Uwe Matzdorf

Normalität für die Kinder

Wenn unsere verantwortlichen Politiker so viel Verantwortungsbewusstsein gezeigt hätten, wie sie es von uns Bürgern verlangen, würden wir sicher viel besser dastehen. Warum gibt es noch immer keine Lüftungsanlagen für die Schulen, warum werden die Lehrkräfte erst so spät geimpft? Solange es noch keinen geeigneten Impfstoff für Kinder gibt, sollten doch alle anderen Mittel ausgeschöpft werden, für die Kinder einen annähernd normalen Schulbetrieb zu ermöglichen. Wie sollen die Kinder dieses Schuljahr auf- bzw. nachholen? All diese halbherzigen, zögerlichen Entscheidungen bescheren uns nicht nur den Hausarrest – alle anderen Unwägbarkeiten müssen noch länger ausgehalten werden! Zu welchem Preis?

Ilonka Ressler