Ein aufrechter Politiker

11. März: „Tschentscher attackiert erneut Merkel. Die Bundeskanzlerin habe dem Druck einiger Ministerpräsidenten nachgegeben. Opposition: „Bürgermeister untergräbt das Vertrauen in Politik“

Wenn Dr. Tschentscher auf die Linie der Ministerpräsidenten eingeschwenkt ist, ist er einem der Grundmuster jeden demokratischen Verhaltens gefolgt: Er hat einen gemeinsamen Nenner akzeptiert. Es ist aufrichtig und standhaft, wenn er seine eigene Meinung weiter vertritt und zum Anlass nimmt, zur Vorsicht im Umgang mit den Spielregeln zu mahnen. Denn: Nicht alles, was Spielregeln erlauben, muss man auch tun. Wer die akzeptierten Spielregeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens auf ein repressiv verstandenes Minimum dessen verkürzt, was sozial zuträglich ist, verkennt, dass Spielregeln notgedrungen immer nur ein Gerüst sind. Dieses Gerüst wird aber nicht auf einem Demokratie-Spielplatz aufgestellt, damit seine Belastbarkeit fröhlich darin herumtobend ausprobiert werden kann. Spielregeln müssen so angewendet werden, dass sie den Zweck erfüllen, für die sie aufgestellt worden sind. Wo kämen wir hin, wenn jeder immer das tun dürfte, was seinem Bild von sich entspricht und deshalb für alle gelten muss. Man muss dem ersten Bürgermeister und seiner Partei weder in der großen politischen Linie noch im Detail der Corona-Bekämpfung zustimmen, um zu erkennen und zu begrüßen, dass Dr. Tschentscher hier einen Weg mitgeht, den man vielleicht auch anders und vielleicht sogar besser gehen könnte, den er aber unter Wahrung des demokratischen Anstandes und aufrecht mitgeht. Wenn das jeder Politiker von sich sagen könnte, hätten die Parteien möglicherweise andere Zustimmungswerte.

Dr. Uwe J. Petersen

Bluff der Autoindustrie

11. März: „Hamburg unter Strom. Allmählich kommt die Elektromobilität in Fahrt. Firmen-Flotten geben die Impulse“

Toll! Keine Rede davon, dass die Akkus nach ca. sechs Jahren für sehr viel Geld ausgetauscht werden müssen. Ein Recycling-System existiert bisher auch nicht. Es bleibt auch unerwähnt, dass die sogenannten seltenen Erden teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut werden. Die dabei entstehende extreme Umweltverschmutzung bleibt ebenfalls unerwähnt. Die Probleme werden einfach zeitlich und räumlich verschoben. Der Dreck ist ja anderswo! Die exportierten Benziner und Diesel fahren derweil unkontrolliert in Afrika herum und belasten die Umwelt zusätzlich. China stellt derweil bereits viele Elektro-Projekte ein. Das Ganze ist ein riesiger Bluff der Autoindustrie und Lobbyisten. Die einzige Lösung kann bisher nur in Benzinersatzstoffen liegen, die regenerativ erzeugt werden. Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden und erprobt, aber noch teuer.

Jens Dörnbrack, Hamburg

Entsorgung wird vergessen

11. März: „International ist die Kernenergie kein Auslaufmodell. Dem deutschen Atomausstieg ist kaum ein anderes Land gefolgt“

Die Kernenergie ist nie aus dem Gespräch gewesen – auch in Deutschland nicht. Hinsichtlich der Entfernung zwischen Windstromproduktionsort Nordsee, dem größten Bedarf im Süden Deutschlands und dem kommenden Abschalten der fossilen Strommeiler, wird die Diskussion um Atomstrom immer wieder aufflackern, besonders wenn man bedenkt, dass wir Strom aus Kernenergie teuer aus dem Ausland beziehen. Leider wird bei der Diskussion immer die Entsorgung „vergessen“, weil ihre Gesamtkosten nicht eingerechnet werden können, sie sind aufgrund der Lagerungsdauer nicht absehbar. Auch die weltweiten Schäden durch die von Atommeilern ausgelösten Katastrophen, werden nicht von den Betreibern bzw. Betreiberstaaten bezahlt. Wäre es so, dann würden viele Staaten sich den Bau einer Kernenergie-Anlage genauer überlegen. Das fatale ist, dass Wirtschaftspolitiker sich an Staaten wie China orientieren, einem Staat, der Klimaschutz und Nachhaltigkeit nur dann in den Blick nimmt, wenn es passt, ansonsten wird alles dem wirtschaftlichen Wachstum untergeordnet. Diese Sichtweise könnte auf Dauer fatale Folgen weltweit haben, deren Kosten nicht nur die Industriestaaten bezahlen. Deutschland und Europa sollten anfangen mit einer zukunftsfähigen Wirtschaft, sich lösen von der Mär des steten Wachstums der Wirtschaft und bei der Globalisierung auf gleiche Produktionsbedingungen weltweit achten. Denn solange die Produktionsstandards in China oder anderswo anders sind als bei uns, wird es immer zu Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten kommen.

Rüdiger Ramm

Ein Jammer um die Gebäude

10. März: „Denkmalverein sorgt sich um städtische Backsteinbauten“

Die Architekturgeschichte Hamburgs ist maßgeblich mit durch die Backsteinbauten der frühen Moderne geprägt. Daher ist es ein Jammer, dass zwei bauhistorisch wertvolle, unter Denkmalschutz stehende Gebäude, die zudem noch im Besitz städtischer Gesellschaften sind, wie die Neuhofer Schule und die Bahrenfelder Villa, dem Verfall preisgegeben werden. Händeringend wird neuer Wohnraum gesucht, der Neubau kann die Nachfrage nicht decken. Da ist es ein Frevel und unter Klimaaspekten unverantwortlich, zwei durchaus sanierungsfähige Gebäude nicht zu nutzen. Warum baut man das Neuhofer Schulgebäude nicht zu Künstlerateliers um. Die Kreativszene würde eine solche Location in der rauen Hafenumgebung sicher sehr zu schätzen wissen. Und der Standort der Bahrenfelder Villa erhält nach Fertigstellung des A-7-Deckels eine neue Qualität. Hier müssen HPA und SAGA ihre Verantwortung für die Denkmalsubstanz unserer Stadt Hamburg wahrnehmen.

Jutta Wallmann

Die Schulpolitik hat geschlafen

10. März: „95 Prozent der Hamburger Schulen haben jetzt WLAN“

Wer, wenn nicht die Schulpolitik, und damit auch Ties Rabe, ist dafür verantwortlich, dass die Schulen die Digitalisierung komplett verschlafen haben? Ein intensiver Blick auf die Schulhöfe, und damit auf die Smartphones in den Händen der Schüler, hätte genügt. Worüber mögen die Kultusminister*innen in den letzten 25 Jahren (!) auf Ihren Kultusministerkonferenzen gesprochen haben? Ein Hauch von Selbstkritik wäre also mehr als angebracht.

Frank Hassler

Ihr seid meine Helden!

9. März: Leserbrief: „Ewiger Lockdown“

Als Großmutter und Uroma, die ihre Kindheit im Krieg und in der Nachkriegszeit erleben musste, habe ich das ganz große Bedürfnis, den Kindern, Schulkindern und den jungen Erwachsenen Danke zu sagen. Ihr seid tapfer. Die meisten von euch halten sich an die Vorschriften wie Masken tragen und Abstand halten. Ihr seid einsichtig und akzeptiert diese Vorschriften, auch wenn es euch sicher sehr schwer fällt. Diesen Virus, den man nicht sehen kann, müssen wir gemeinsam bekämpfen. Ihr werdet dadurch früher erwachsen, weil ihr Verantwortung übernehmt. Pflegt das Miteinander, wo es möglich ist, habt Verständnis füreinander und seid für den anderen da. Ich möchte nicht alles aufzählen, auf was ihr verzichten müsst. Das ist auch bei jedem verschieden. Ihr seid meine Helden! Aus vollem Herzen Danke. Ich bin stolz auf euch. Das hat leider damals zu uns niemand gesagt.

Ellen Klatt, Halstenbek

Es fehlt die Leichtigkeit

8. März: Lesermeinung zur Karikatur auf Seite zwei

Sehr gelungen, die Karikatur von Mario Lars! Zeigt sie doch, welch skurrile Entwicklung unserer Sprache droht. Ehrlich gesagt, habe ich mich immer angesprochen und nie ausgeschlossen gefühlt, wenn von „Lesern“, „Bürgern“ und Mitarbeitern“ die Rede war. Schon diese Gender-Dopplung wirkt auf mich verkrampft. Noch unsäglicher wird’s, wenn Gästinnen, Mitgliederinnen oder wie bei Mario Lars die „Frauentägin“ ins Spiel kommen. Die Freude am Zuhören und Lesen bleibt bei einer derartigen Verballhornung der Sprache auf der Strecke. Es fehlt die Leichtigkeit, von sprachlicher Schönheit ganz zu schweigen.

Jule Monika Witt