Stolz auf die heutige Justiz

16. Februar: „Angeklagt: Die Sekretärin und der Wachmann. Vor zwei Gerichten in Deutschland müssen sich nun eine 95-Jährige und ein 100-Jähriger wegen schwerer NS-Verbrechen verantworten“

Nun werden wieder viele rufen, es müsse doch endlich mal gut sein, was solle eine Anklage gegen eine 95-Jährige? Es gibt aber keinen Anspruch darauf, nicht mehr durch die Justiz belangt zu werden, nur weil viel Zeit vergangen ist. Die in den Konzentrationslagern Ermordeten hatten das lange Leben in Freiheit im Gegensatz zu der jetzt Angeschuldigten nicht. Straftaten, die – wie Mord – nicht verjähren, müssen auch nach vielen Jahren aufgeklärt und verfolgt werden. Ja, es ist ein Armutszeugnis für die Justiz, dass sie das so lange nicht geschafft hat. Das kann ja aber nicht dazu führen, dass dieses Versäumnis einfach fortgesetzt wird. Fritz Bauer hat als Generalstaatsanwalt in den 50er-Jahren für eine Verfolgung des Nazi-Unrechts gegen viele Widerstände und ein ums andere Mal erfolglos gekämpft – seien wir stolz darauf, dass die heutige Justiz endlich das Nazi-Unrecht als solches bezeichnet und bekämpft. Das sind wir auch heute noch den Toten, den wenigen Überlebenden und ihren Hinterbliebenen schuldig. Die immer wieder bemühte Ausrede, man habe von den Ermordungen nichts bemerkt, mag als Verdrängungsleistung verständlich sein, wahrer wird sie auch durch ihre Wiederholung nicht. Nach allem, was man heute weiß, war es vollkommen unmöglich, im Konzentrationslager zu arbeiten und nicht zu bemerken, was dort vor sich ging. Es ist durch Historiker mehrfach widerlegt worden, dass Menschen gezwungen waren, in KZ’s zu arbeiten und im Falle einer Weigerung selbst gefährdet gewesen wären. Selbst wenn dies so wäre, könnte es allenfalls das Maß individueller Schuld verringern, nicht aber diese gänzlich aufheben. Straftaten wie diese staatlich organisierten Massenmorde dürfen nicht hingenommen werden. Sie müssen auch nach vielen Jahren noch ermittelt, angeklagt und verfolgt werden. Das schulden wir unserem Anspruch auf eine gerechte, humanitäre Gesellschaft.

Doris Dierbach

Evokationsrecht abschaffen

16. Februar: Gastbeitrag: „Denken und gemeinsames Handeln ist besser als ,Querdenken‘“

Die traditionell breite Beteiligung politischer Parteien am öffentlichen Leben seit dem späten 19. Jahrhundert ist abrupt durch die Nationalsozialisten 1937 beendet worden. Hamburg wurde um viele angrenzenden Gemeinden erweitert und bekam eine straffe zentrale Führung. Ein Gesetz aus dieser unseligen Zeit von Überheblichkeit und Arroganz der Macht ist bis heute noch wirksam: Die Ermächtigung des Senats, jederzeit einzelne Projekte vorbei an den Bezirken und an den mündigen Bürgern zu realisieren. Aktuelle Beispiele von solchen riskanten Planungen ohne Bürger- und Bezirksbeteiligung sind das Einkaufszentrum der HafenCity mit angeschlossenem Kreuzfahrtterminal oder der geplante Elbtower in der östlichen HafenCity. Erst wenn sich Senat und Bürgerschaft entschließen würden, diese Ermächtigung des Senats, das sogenannte Evokationsrecht zu überarbeiten oder besser ganz abzuschaffen, haben alle weiteren Gedanken eines gemeinsamen Handelns zum Wohl der Stadt eine Chance auf Realisierung. Diese Debatte sollte möglichst zügig geführt werden. Der Hamburg-Konvent mit Persönlichkeiten wie Wilfried Meier und der Patriotischen Gesellschaft sind dazu das geeignete Forum.

Bruno Brandi

Der Lockdown ist unlogisch

15. Februar: „Corona-Zahlen sinken plötzlich nicht mehr. Gründe unklar. Nur noch sehr wenige Infektionen können derzeit einem Ausbruch zugeordnet werden“

Es wundert mich keineswegs, dass die Corona-Zahlen in Hamburg nicht wesentlich sinken. Geht man mal mit offenen Augen durch die Stadt, sieht man ständig Gruppen jeden Alters ohne Masken und Abstand beieinander stehen, entweder vor den zahlreichen Coffee-Shops, oder in den Parks, wo dann die Kinder und Jugendlichen sich im Schnee vergnügen, ganz zu schweigen von den Tausenden, die sich an Alster und Elbe tummeln. Aber der Einzelhandel mit strengen Hygienevorschriften und die Schulen bleiben zu... Das verstehe wer will. Je länger dieser unlogische Lockdown dauert, desto disziplinloser werden meines Erachtens die Leute. Hilft bei den Menschen nur die chinesische Methode, anstatt das Appellieren an die eigene Vernunft?

Ina Behrens, Hamburg

Vorbild Schleswig-Holstein

15. Februar: „Ganz dünnes Eis. Die Polizei musste Tausende Personen ermahnen, die auf scheinbar zugefrorenen Gewässern unterwegs waren“

Seit vielen Jahren nutzen wir die flachen Gewässer der Teichwiesen nach mehrtägiger, konstanter Kälte zum Eislaufen. Diese Teiche waren seit Tagen tragfähig durchgefroren. Sie erfreuen uns und unsere Kinder und schenken uns winterliche Lebensfreude und Unbeschwertheit. Jedoch fühlen wir uns mittlerweile wie Verbrecher. Jeden Tag besuchte die Polizei ebenfalls die Teiche und rief die Eisläufer*innen mit dem Megafon zurück. Wir sollten warten, bis die Seen freigegeben werden, und wir sollten Vorbild für unsere Kinder sein. Auf Nachfrage bei den Behörden erhielten wir die Bestätigung, dass die Gewässer in Hamburg grundsätzlich nicht freigegeben werden, aus Haftungsgründen. Perspektive für folgsame Schlittschuhfreunde – keine. Und wer glaubt bitte ernsthaft, dass man seine Kinder auf dem See einbrechen lassen will? Den Hamburger Verantwortlichen täte ein Blick nach Schleswig-Holstein gut: Anstatt die Leute mit dem Megafon einzuschüchtern, führte die Feuerwehr einfach eine Übung zur Eisrettung auf dem Großensee durch.

Stefanie von Laue, Hamburg

Den Kampf schon aufgegeben

15. Februar: „Hamburgs teurer Kampf gegen Graffiti. Köhlbrandtreppe und andere historische Bauwerke werden immer wieder verunstaltet“

Die Schlagzeile führt leider in die Irre: Hamburg hat den Kampf gegen Schmierereien und illegale Graffitis offenbar nahezu aufgegeben. Die von einigen Bezirken genannten Kostenbeträge für 2020 sind lächerlich gering angesichts der Preise für eine fachmännische Strahlreinigung. Insbesondere im Bezirk Mitte müsste viel entschiedener gegen die zunehmende Verschmutzung öffentlicher – und privater – Bauwerke vorgegangen werden. Vor vielen Jahren gab es für private Hauseigentümer sogar öffentliche Fördermittel, aus denen Maßnahmen für Fassadenreinigung oder einen Schutzanstrich bezuschusst wurden. Heute ist laut Herrn Droßmann selbst für öffentliche Baudenkmäler kaum noch Budget vorhanden. Neben der allgemeinen Vermüllung verstärkt die totale „Verschmierung“ der Stadt den Anschein zunehmender Verwahrlosung. Die sozialen bzw. gesellschaftlichen Ursachen für diesen nicht nachlassendem Antrieb einer rücksichtslosen Sprayerszene (sogar eigentümerseitig angebrachtes Kunst-Graffiti wird nun schon häufig übersprüht) sind wohl kaum in den Griff zu bekommen. Nur der politische Wille zu einer Nulltoleranz-Strategie (sofortige und wiederholte Reinigung betroffener Flächen, drakonische Strafen, verstärkte Kontrollen, Fördergelder für Privateigentümer) könnte nachhaltig etwas bewirken. Dafür müssten natürlich entsprechende Steuergelder und Personalbudgets bereitgestellt werden. Einige europäische und amerikanische Großstädte sind da schon viel weiter.

Michael Nölker, Hamburg-St.Pauli

Fernsehturm statt Elbtower

6./7. Februar: „Millionen für Hamburgs Denkmäler“

Da lässt Hamburg den Fernsehturm mit seiner wunderbaren Aussicht, der so vielen Menschen Freude bereitet hat und wieder bereiten könnte, jahrzehntelang verrotten und plant dafür diesen scheußlichen Elbtower, der ein Fremdkörper für Hamburgs Stadtansicht ist und außerdem hauptsächlich seinem Investor dient. Haben wir eigentlich kein kompetentes Gremium, das die Stadt als Gesamtkomposition in den Blick nimmt, solche Fragen breit diskutiert und auch der Bevölkerung vorlegt? Wenn nicht: schleunigst gründen!

Peter Wigandt