Hamburg. Zu unserem Essay zum Thema „Empathie“ erreichten uns außergewöhnlich viele Leserzuschriften. Hier finden Sie eine Auswahl – Teil 2.

Wir müssen uns ändern!

Sie haben so recht, aber dieses Empathie-Gefühl fehlt in der Politik völlig. Das hat nichts mit Corona zu tun. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil es mir gut geht: Ich bin Rentnerin, die Rente kommt jeden Monat. Ich habe ein Haus mit großem Garten, wohne im Dorf am Wald, mir fehlt eigentlich nichts. Aber ich kann nicht reisen, auch nicht in meine Ferienwohnung, nicht essen gehen. Das ist aber klagen auf hohem Niveau. Ich hoffe, dass wir alle uns dessen bewusst sind und wir uns nach der Pandemie erinnern, dass wir uns ändern müssen!
Karin Reinhold

Letzte Gelegenheit

Ich bin nicht systemrelevant. Vor zwei Jahren begann mein Ruhestand, und genau genommen bin ich damit gar nicht mehr relevant. Sollte ich jammern, dann geschieht das auf hohem Niveau. Ich mache mir keine Sorgen mehr um den Arbeitsplatz, und solange die Rente pünktlich gezahlt wird, kann ich gut leben. Dafür gehöre ich altersbedingt zur Risikogruppe und möchte vermeiden, angesteckt zu werden. Darauf achten auch die Kinder, und die Folge ist, dass wir unsere Enkel im Lockdown wochenlang gar nicht mehr sehen werden. Wird die kleinste Enkelin anfangen zu fremdeln, weil sie den Opa nicht mehr kennt? Der Weg in die Rente war der Weg in einen neuen Lebensabschnitt. Soziale Kontakte fielen weg, der tägliche strukturgebende Trott verschwand nach Jahrzehnten und ein neuer Rhythmus wollte aufgebaut werden. Und dann kam Corona. Volkshochschulkurse, ehrenamtliche Tätigkeiten, Sport, alles gerade frisch begonnen und nun zum Erliegen gekommen. Die eine oder andere Reise würde ich jetzt, wo ich Zeit habe, gerne machen, wobei manche Träume altersbedingt schon ad acta gelegt wurden. Man ist halt nicht mehr der Jüngste … Corona zwingt zum Abwarten, aber unterschwellig und möglichst verdrängt habe ich doch im Hinterkopf, dass die Zahl meiner Jahre mittlerweile arg begrenzt ist. Letzte Gelegenheit, sozusagen, und nun sitze ich zu Hause und warte auf die Impfung!
Dieter Teichmann

Empathie geht anders

Herr Haider spricht mir aus dem Herzen! Seit mittlerweile zehn Monaten befinden sich unsere Kinder und Jugendlichen im Ausnahmezustand. Sie können nicht unbefangen spielen, sie sorgen sich darum, dass sie schuld sein könnten, wenn Oma/Opa sterben, sie bekommen mit, wenn die Eltern ihre Arbeit verlieren oder in Kurzarbeit sind oder sich Sorgen um die Zukunft machen, sie können ihren Bewegungsdrang nicht ausleben und viele Belastungen und Einschränkungen mehr. Unser Schulsenator scheint diese Belastungen nicht zu sehen: Hamburg war tatsächlich das einzige Bundesland, in dem für die Zeit des ersten Lockdowns, also für das Homeschooling, Noten gegeben werden mussten.

Besonders empathisch ist das nicht (gerecht übrigens auch nicht durch die extrem unterschiedlichen Bedingungen, unter denen das Homeschooling erfolgte). Nach den Sommerferien ging es genauso empathielos weiter: Ausflüge und Projektwochen wurden gestrichen mit der Begründung, es müsse nachgeholt werden, was im ersten Lockdown versäumt wurde. Aber wann hätten unsere Kinder dringender als jetzt schöne Ereignisse gebraucht und Projektwochen, in denen man das Geschehen einmal gemeinsam aufarbeitet, die Kinder mit ihren Sorgen und Nöten sieht und hört? Wer davon spricht, dass sich die Schulen seit den Sommerferien wieder im ‚Regelbetrieb‘ befänden, der hat entweder keine Ahnung oder redet sich die Sache schön. Für alle an Schule Beteiligten waren dies deutlich anstrengendere Zeiten, nicht nur durch Hygienemaßnahmen und Kinder in Quarantäne und mit den Ängsten, sich anzustecken, sondern auch dadurch, dass vieles, was den Schulalltag verschönt und erleichtert, wegfallen musste. Und dann wird nach diesem, durch die frühen Sommerferien sowieso schon so langen und erschöpfenden Halbjahr für die letzten drei Tage vor den Weihnachtsferien tatsächlich Fernunterricht angeordnet! Empathie geht anders.
Isa Baumgart

Bewegende Worte

Das waren mal wieder starke und sehr bewegende Worte von Ihnen. Am Ende saß ich dann heulend vor meinem Abendblatt. Ja, Eltern, Kinder und Jugendliche brauchen diese Empathie. Ich bin 72 Jahre alt, verwitwet und überlasse ihnen gerne den „Vortritt“.
Sabine Reymann

Wohlfühlen durch Berührung

Auch ich fühle mit den Kindern und Jugendlichen. Als Klavierlehrerin sitze ich normalerweise neben den Kindern, um ihnen am Klavier ganz direkt etwas zu zeigen. Als der Präsenzunterricht nach dem ersten Lockdown wieder erlaubt war, kam ein sechsjähriger Junge in meinen Unterricht. Als ich mich mit Maske mal kurz neben ihn stellte, um ihm etwas zu zeigen, sprang er wie von einer Tarantel gestochen weg, weil ich für diesen kurzen Moment den Abstand von anderthalb Metern nicht eingehalten hatte. Diese Reaktion von einem sechsjährigen Kind hat mich sehr erschrocken. Kinder, die normalerweise einfach spielen und sich bewegen, müssen sich jetzt ständig kontrollieren, um den richtigen Abstand einzuhalten. Was hinterlässt das für Spuren? Was macht es mit uns Menschen, dass wir seit elf Monaten überall zum „social distancing“ ermahnt werden? Gewöhnen wir uns daran, als Erstes immer einen Schritt zurück zu machen, sobald wir auf einen anderen Menschen treffen? Bei Berührung wird das Wohlfühlhormon Oxytocin ausgestoßen, welches bewirkt, dass wir uns wohl- und glücklich fühlen. Oxytocin hilft auch, Angst und Stress zu regulieren. Deswegen könnte Berührung gerade in dieser Zeit etwas sein, was uns besser mit Stress umgehen lässt.
Heilke Bruhns

Empathie für Politiker

Ja, mehr Empathie, aber auch für Politiker, die - für manche Kritiker überraschenderweise - doch nicht allwissende und unfehlbare politische Menschen sind. Deshalb müssen sie sich umfassend informieren und zeitraubend absprechen, um dann neben vielen unangenehmen Entscheidungen auch noch für das Marketing und die empathische Überbringung der Wahrheiten verantwortlich zu sein. Für den Umgang mit der Pandemie gibt es keine Blaupause, aber aus den vielfältigen Interessen im Nachhinein immer bessere Lösungsmöglichkeiten. Leider widersprechen sich auch die Ziele der Betroffenen. Es gibt beispielsweise keinen Präsenzunterricht ohne die Gefahr der Corona-Infizierung. Also muss eine Risikoabwägung her, die aber im Ergebnis ein Kompromiss ist. Dass es nur wenige und auch nur suboptimale alternative Arten zur Wissensvermittlung und zur Erziehung in diesem Zusammenhang gibt, wissen die Menschen in den Behörden und die Staatsbediensteten seit dem Frühjahr. Sie hätten sich langfristig vorbereiten können. Die Politik kann nur sagen, in welche Richtung es gehen soll, für den Rest sind die Verantwortlichen auch mit begrenzten Mitteln zuständig. Für Verzögerung in der Umsetzung sind nicht Frau Dr. Merkel oder die Ministerpräsidenten verantwortlich. Für diejenigen, die bei allen Problemen nach dem „Staat“ rufen, sollte langsam die Einsicht reifen, dass da in den Administrationen auch nur Menschen agieren.
Joachim Gimpel-Henning

Dem Leser Mut machen

In Ihrem Artikel wird nur behandelt, was alles in der Politik nicht gut gelaufen ist, dass Versprechen unserer Politiker und Virologen nicht gehalten worden sind. Sie sprechen unseren Politikern Zuspruch, Mitgefühl und Empathie ab. Das Virus aber hat alle vor eine nie dagewesene Herausforderung gestellt, und ich würde keinem Politiker oder Virologen unterstellen, in uns mit den „Versprechungen“ falsche Erwartungen geweckt zu haben. Gehört es nicht auch zu gutem Journalismus, dem Leser in einer Ausnahmesituation Mut zu machen? Ist es nicht auch Aufgabe der Presse, in diesen Zeiten einmal einen positiven Blick in die Zukunft zu werfen, anstatt nur zu kritisieren und der Politik und der Wissenschaft plakativ fehlende Empathie vorzuwerfen. Liegt es nicht an jedem Einzelnen von uns, diese Krise zu meistern? Wenn mehr Menschen auf die Anordnungen unserer Politiker und Virologen gehört hätten, wären wir den „Versprechungen“ bestimmt nähergekommen. Vielleicht hat das Virus auch eine Chance, über viele Missstände in der Natur, der Umwelt und in dem Miteinander aufmerksam zu machen.
Renate Lembke

Wir leben!

Leider sind die Jüngsten (fast) vollkommen vergessen worden, dürfen fast niemanden treffen, nicht in Kita und Schule gehen - und nicht zum Sport. Ja, Frau Giffey hat sie ab und zu noch im Blick. Immerhin: Der niedersächsische Kultusminister, Grant Hendrik Tonne, schreibt die Kinder und Jugendlichen bezüglich der jeweiligen Maßnahmen immer an, kindgerecht für die Grundschüler, anspruchsvoller für die Älteren. Die Maßnahmen werden dadurch nicht besser, aber verständlicher. Bei allem, gerade brauchen Kinder mitfühlende Erwachsene, die Verständnis für deren Situation zeigen, die Hoffnung und Fröhlichkeit vermitteln. Niemand sollte ihnen Angst machen dürfen - und schon gar nicht, dass sie eine Gefahr für Oma und Opa darstellten. Meine Enkel bieten jetzt einem privaten Kiosk Süßigkeiten an, dort kann ich im modernen Click & Collect-Verfahren wie bei MediaMarkt einkaufen. Wie cool! Meinen Geburtstag werde ich mit meiner Familie mit Hilfe von McDrive feiern: zwei Autos, zwei Bestellungen, mit Abstand parken, Fenster öffnen, Musik anstellen und guten Appetit von Auto zu Auto rufen! Wir werden viel dabei lachen - sogar ohne Masken! Wir dürfen uns freuen zu leben!
Almut Inga Benter

Die Menschen mitnehmen

Endlich kommen diese Themen in die Öffentlichkeit. Ich frage mich schon lange, wo in dieser Krise die Kommunikationstheoretiker, die Psychologen sind, die die Bundesregierung, die Ministerpräsidenten für ihre öffentlichen Reden beraten. Die Art der Kommunikation, wie sie von z. B. Markus Söder, Karl Lauterbach oder Jens Spahn geführt wird, baut inzwischen eine „Drohkulisse“ auf, die inhaltlich wohl richtig ist, aber psychologisch wirkt wie eine Schlinge um den Hals, die sich immer mehr zuzieht. Die Bevölkerung mitnehmen in dieser schweren Zeit muss inzwischen anders gehen. Sie sprechen von Fatalismus, genauso ist es. Sie haben über die vielen nicht erwähnten Berufstätigen sowie über die Kinder und Eltern gesprochen, endlich wird diese Diskussion angestoßen. Neben der immer wiederkehrenden Thematik des wirtschaftlichen Lockdowns wird bis jetzt selten vom persönlichen Lockdown der Menschen in der Politik gesprochen und wenn, dann hat man das Gefühl der stereotypen Betrachtung. Was macht diese Pandemie mit den Menschen? Die Frage wird aufgeworfen, aber selten intensiv beleuchtet, diese Diskussion ist angestoßen durch Ihren Artikel. Möge Ihr Artikel von den Regierungsverantwortlichen gelesen werden und ein verändertes Handeln zur Folge haben.
Ilsemarie Maaß

Immer meckern bringt nichts

Es ist richtig, die Pandemie fordert uns alle, alt wie jung. Die einen vielleicht etwas mehr, weil sie nicht arbeiten können und finanziell große Sorgen haben, die anderen, weil sie vereinsamen oder mit Homeoffice und Homeschooling überfordert sind. Aber warum wird diese Hetze auf die Regierung noch geschürt? Wir haben eine Pandemie, das erste Mal seit Jahrzehnten. Das Virus ist neu und nun auch schon mutiert, keiner kann genau vorhersagen, wohin der Weg uns noch führt. Unsere Regierung versucht wirklich alles, uns durch diese Zeit zu führen, aber leider halten sich immer weniger Menschen an die Auflagen. Wenn wir uns alle an die Beschränkungen für ein paar Wochen halten, dann werden die Zahlen runtergehen, und wir können alle wieder etwas mehr Freiheit genießen. Immer nur meckern bringt uns nicht weiter. Wohin Hetze führen kann, sehen wir gerade in Amerika.
Iris Schultz

Austausch statt Ansprache

Eine Rede an die Kinder und Jugendlichen, ja, das wäre gut! Von der Kanzlerin oder dem Präsidenten - ja, sehr gut! Ich meine allerdings, dass zusätzlich auch zahlreiche Ansprachen an die Kinder in kleinerem Rahmen von Lokalpolitikern oder Journalisten gestartet werden sollten. Warum nicht auch statt einer Ansprache ein gegenseitiger Austausch mit einer Klasse per Zoom? Das wäre fast persönlich und würde bei den Schülern vielleicht mehr Beachtung finden?
Berthild Lehmann-Wörmer

Ungewöhnliche Zeiten

Wir leben in ungewöhnlichen und schwierigen Zeiten. In den Medien kommen überwiegend die Kritiker, Besserwisser und Schlaumeier zu Wort. Auch Ihr Beitrag passt in dieses Bild. Besonders der Absatz: „Damit tut sich sie Bundesregierung traditionell schwer, was vielleicht doch damit zu tun hat, dass die Entscheider, auf die es in der Krise ankommt, selbst keine Mütter oder Väter sind.“ Diese Aussage hat uns gar nicht gefallen. Die Entscheidungen zu Kita- und Schulbelangen spielen sich auf Länderebene ab und zeigen sich vielerorts problematisch. Die Entscheider stehen ständig vor Aufgaben, vor schweren Aufgaben. Die Bundeskanzlerin hat mit ihrer Ansprache zum Jahreswechsel in grandioser Weise Empathie gezeigt. Ja, sie geht damit sparsam um. Das macht es glaubhaft, das ist ihre Stärke, ihr Erfolg. Es wird ihr auch nicht leicht gemacht. Der Umgang miteinander in unserer Gesellschaft sollte wieder menschlicher, vertrauensvoller und rücksichtsvoller gelebt werden.
Anita und August Kahrs

Das Gejammer nervt

Was erwarten Sie von unserer Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit Ihrem Aufruf? Möchten Sie auf den Schoss genommen werden? Seit Monaten wird aufgeklärt und empathisch geworben für die Sicherheitsvorkehrungen. Was soll denn noch geschehen? Die ganze Jammerei und das Geschwafel in den Medien, dass nichts klar sei, geht mir ernsthaft auf die Nerven. Deutschland ist kein Land der Dummen. Auf die Verantwortung eines jeden sollte immer wieder hingewiesen werden und Zuwiderhandlungen publikumswirksam abgestraft werden. Es gilt die Anordnungen umzusetzen und ernst zu nehmen. Dann werden wir den Lockdown auch los.
Iris Seehusen-Kahmann

Aus der Seele gesprochen

Ihr Artikel spricht mir aus der Seele! Tausend Dank dafür. Vor allem hat mir gefallen, was Sie über die junge Generation geschrieben haben: Junge Menschen, die in den Startlöchern sitzen, die darauf warten, dass ihr Leben beginnen kann. Diese Art von Ausbremsung, die seit geraumer Zeit stattfindet, wird nachhaltige Folgen haben. Ich, als 68-Jährige, habe mein Leben gelebt, aber diese Generation hat noch alles vor sich. Die jungen Leute tun mir leid. Wie können sie sich den Elan und die Motivation erhalten? Das stell ich mir unter diesen Umständen sehr schwer vor.
Karin Boerries

Mehr Solidarität, bitte!

Mein Mitgefühl ist mit allen, die an Covid-19 erkrankt sind und bei den Angehörigen, die jemanden verloren haben. Und wir Corona-Gesunden? Die einen sind „systemrelevant“. Viele von ihnen gehen weit über ihre Grenzen und sind komplett erschöpft. Einige bringen riesige Opfer für die Gesellschaft. Manch einer hat keine Zeit, an sich selber zu denken und funktioniert nur noch. Mehr denn je, andere fühlen sich ausgebootet. Da sie zurzeit nicht gebraucht werden. Ja mehr noch, ihren Job verloren haben oder gar ihr Lebenswerk. Wie sich das anfühlt, weiß ich nur zu gut. Wir können Schuldige suchen oder unsere Energie nach vorne richten. Für uns alle bedeutet das Virus eine Bedrohung. Wir alle sind gestresst.

Von Überforderung oder Isolation. Dennoch gibt es Gewinner und Verlierer der Krise. So scheint es zumindest. Wie es am Ende ausschaut, wissen wir nicht. Ich halte es für den klügsten Weg, in der Krise trotz allem zusammenzuhalten. Was im Moment verschieden erscheint, wird nicht so bleiben. „Mehr Empathie, bitte!“ möchte ich durch „Mehr Solidarität aller, bitte!“ ersetzen. Mitgefühl ist schön, doch ist es allzu häufig geheucheltes Mitleid, um das eigene Gewissen zu entlasten. Verantwortung, solidarisches Handeln machen mündige Bürger aus. Wir sind keine ohnmächtigen Untertanen, die auf ein empathisches Wort von Politiker/innen warten müssen. Politisch mündige Bürger können selber aktiv sein. Ich plädiere für: Augen auf, Ohren auf, Herzen auf!
Ludgera Thuinemann, Hamburg

Kinder in den Arm nehmen

Sie beklagen in Ihrem Artikel, dass die Menschen, die alle geforderten Maßnahmen unter größten Einschränkungen und Anstrengungen monatelang auf sich genommen haben, jetzt nicht dafür „belohnt“ werden, sondern einen noch härteren Lockdown in Kauf nehmen müssen. Gerade auch unsere Kinder würden von Frau Merkel nicht in den Arm genommen, wo das doch gerade jetzt so wichtig wäre. Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Es stimmt sicher, unsere Kinder leiden. Ich muss an diesem Punkt der Pandemieentwicklung aber nicht noch sechs Spalten lang Allgemeinplätze lesen, die alle Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen über elf Monate nicht müde wurden in ihren Nachrichten, Reportagen, Talkshows, Interviews und Spezialsendungen immer wieder zu thematisieren. Ich habe den Eindruck, dass alles, was nur irgendwie möglich und verantwortbar war, von unserer Regierung teilweise unglaublich schnell umgesetzt wurde. Wenn Versprechen gemacht wurden und nicht gehalten werden konnten, dann ist das bitter, aber es hilft doch niemandem, wenn Sie uns jetzt sagen, damit hätte sich ein Gefühl von Fatalismus breitGemacht und eine „Das-bringt-doch-sowieso-alles-nichts-Einstellung“. Natürlich wollen wir nicht hören, dass die härteste Zeit noch vor uns liegt. Aber für viele von uns, die z.B. die Rettungsschirme nicht oder nicht ausreichend schützen konnten, wird es so kommen. Sie fragen „Wem hilft das?“ Ganz ehrlich, das hilft mir mehr, als ihre von den Politikern geforderte Empathie, die ich allerdings sehr gespürt habe in mehrmaligen Ansprachen der Kanzlerin. Das reicht dann aber auch. Noch mehr davon würde die Menschen auch nicht zufriedener machen und auch nicht motivierter, die existenziellen Härten dieser Pandemie besser zu ertragen.

Und abschließend noch ein Wort: Der zwei Seiten weiter zu lesende Artikel über den täglichen und monatelangen Kampf der Ärzte und Pfleger auf der Intensivstation des UKE wäre ein lohnenderes Thema für einen seitenlangen Diskussionsbeitrag gewesen. Ich hätte mir gewünscht, an dieser Stelle einen Aufschrei darüber zu lesen, wie viele Menschen trotz sachlicher Argumente und fortwährender Aufklärung von Wissenschaftlern und Politikern immer noch nicht verstanden haben, dass sie es sind, die mit ihrem ichbezogenen, verantwortungslosen, die Maßnahmen bis zum Letzten ausreizenden Verhalten gerade diese noch strengeren Maßnahmen erforderlich machen, die alle Menschen und eben auch diese Intensivmediziner, jetzt so hart treffen. Mit all dem sollten sich unsere Kinder nicht befassen müssen. Nehmen wir sie doch stattdessen so oft es geht in den Arm.
Cornelia Hamann

Ist das ein Tabu?

Wir und die mit uns bekannten Familien leben offenbar in einer ganz anderen Lebenswelt als die Ihnen bekannten Familien. Und ich vermute auch, dass es ein Tabu berührt, darüber zu schreiben, dass der Corona-Alltag durchaus seine guten und angenehmen Seiten hat. Aber im privaten Bereich wird durchaus darüber gesprochen! Es ist angenehm, zu Hause zu arbeiten, vielleicht auch ein bisschen weniger als sonst bei vollem Gehalt, auch mal nicht so viel Familie und Verabredungen zu haben. Der Alltag ist entschleunigt und das Ausschlafen in Zeiten von Homeschooling auch sehr erholsam. Tatsächlich gibt es viele Familien, die sehr viel Geld sparen, weil sie nicht mehr konsumieren. Und die, die Zeit nutzen, um aufzuräumen und sich darauf besinnen, was im Leben wichtig ist. Die kleinen Klassen aktuell sind eine Wohltat für viele Kinder, die sonst unter Reizüberflutung leiden. Es gibt auch viele Kinder, die immer einsam sind, weil sie ausgegrenzt werden oder einfach anders als der Durchschnitt.

Und wenn ich über Empathie nachdenke, die fehlt, fallen mir als Erstes die Familien in den Flüchtlingsheimen ein, die sich seit Jahren in Hamburg Gemeinschaftsklo und Küche teilen. Oder die Kinder mit ihren Eltern, die in den Zelten auf den griechischen Inseln dahinvegetieren, nicht unbedingt die Familien in Hamburg, die auf den zweiten Winterurlaub mit Oma und Opa verzichten müssen. Ich kann auch das Wort Krise nicht mehr hören. Ich glaube, meine Generation hat wirklich noch keine Katastrophe oder Krise erlebt. Ich kann aber mit meinem 89-jährigen Opa telefonieren oder mit meiner Mutter (Jg. 1937) sprechen über ihre Erlebnisse. Dann bekomme ich eine Ahnung von einem solchen Zustand. Wir sind übrigens Familien von Kindern im Grundschulalter. Wir sind schon etwas älter und teilen uns die Hausarbeit mit den Partner/innen tatsächlich. Vielleicht macht das auch den Unterschied.
Maria Hoeffgen

Vorbild für manche Erwachsene

Mit großem Interesse habe ich den Artikel ‚Mehr Empathie, bitte!‘ gelesen. Ich möchte mich dem Lob für das Verhalten der meisten jungen Leute ausdrücklich anschließen. Wir erleben immer wieder, dass gerade Kinder und Teenager sehr viel rücksichtsvoller agieren als viele Erwachsene. Wenn wir spazieren gehen, machen junge Leute einen Bogen um uns, um den nötigen Abstand einzuhalten, während insbesondere ältere Menschen einen leider immer wieder fast über den Haufen rennen, um nur ein Beispiel zu nennen. Unser 16-jähriger Sohn jammert nie herum, obwohl er seit März kaum noch Freunde treffen oder an außerschulischen Aktivitäten teilnehmen kann, da nichts mehr stattfindet. Er hat im Unterricht bereits eine Maske getragen, als das noch gar nicht verpflichtend war. Alles auch mit Rücksicht auf seine Familie. Von den jungen Leuten können sich manche Erwachsenen doch gerne mal was abgucken, insbesondere die, die auch jetzt noch meinen, dass Urlaubsreisen, Tagesausflüge und Feiern in einer Pandemie völlig in Ordnung sind. Der Egoismus und die Disziplinlosigkeit von Erwachsenen machen doch die harten Maßnahmen notwendig.
Birgit Peters

Ansprache auf Augenhöhe

Mit Ihrem Artikel „Mehr Empathie, bitte!“ haben Sie uns aus der Seele gesprochen! Gerade Ihr abschließender Vorschlag an maßgebliche Entscheider, sich doch auch einmal direkt an Jugendliche und Kinder zu wenden und sie um Verständnis für die vielen Einschränkungen zu bitten, ist aus unserer Großelternsicht dringend erforderlich. Wie will man denn in dieser jungen Generation die Motivation für die Einhaltung anhaltender Kontaktverbote aufrecht erhalten, wenn man sie nicht auf Augenhöhe anspricht und zeigt, dass gerade auch sie wichtig sind in diesem Kampf gegen die Corona-Naturkatastrophe!

Es ist viel über wirtschaftliche Folgen, Probleme der Berufstätigen, Ängste auf den Intensivstationen und Finanzierungen gesprochen worden, die Gefühlslage unserer sehr jungen Mitbürger ist bisher viel zu wenig im Blick! Ein positives Beispiel bei unseren Enkelkindern hat uns persönlich beeindruckt: die Fußballtrainer unseres neunjährigen Enkel­sohnes sind am Nikolaustag an die Haustüren aller ihrer Schützlinge gekommen und haben sich in der Kontaktverbotszeit mit Abstand nach ihrem Befinden erkundigt. Das kam sehr gut an!
Meike und Michael Werner