Reaktionen überdenken

8. Dezember: „Triumphiert die AfD wegen 86 Cent? Der Streit in Sachsen-Anhalt über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags hat auch die Bundesebene erreicht. Der CDU könnte er schwer schaden

Wie weit soll das noch gehen? Ich bin ja auch gegen eine „Zusammenarbeit“ mit der AfD und für eine klare Distanzierung von Populismus und Demokratiefeindlichkeit. Aber es darf doch nicht jede Diskussion allein auf die Frage reduziert werden, wie die AfD sich dazu positioniert und dass nur der politisch korrekt handelt, der sich deutlich davon distanziert. Das ist dann ebenfalls demokratiefeindlich und populistisch und steigert nur den Einfluss dieser überwiegend doch eher inhaltsleeren, phrasendreschenden Partei. Weder sollte „Die Linke“ allein wegen der AfD ihre Position ändern, noch die CDU allein wegen Beibehaltung ihrer Position beschimpft werden. Diese Art von um sich greifender „political correctness“ verhindert dann auch an anderen Stellen einen echten politischen Diskurs.

Mario Jessen

Eine Stimme der Vernunft

7. Dezember: „Wiedererrichtung der Bornplatz-Synagoge das falsche Zeichen. Finanzieller Kraftakt könnte in Corona-Krise alte Vorurteile schüren. Sinnvoller wäre am Ort ein Jüdisches Zentrum für Menschen aller Religionen und Kulturen“

Mit Herrn Rodzynek hat sich die Stimme der Vernunft gemeldet, die in den öffentlichen Beiträgen zum Thema bisher allzu selten zu hören war. Warum will man unbedingt einen gigantischen, abweisend wirkenden Monolithen auf eine der wenigen freien Flächen in einem dicht bebauten Wohngebiet setzen, der noch mehr Polizei-Präsenz im Viertel generieren wird? Dies wird die Menschen nicht zusammenbringen! Dagegen ist der jetzige Joseph-Carlebach-Platz mit dem Grundriss der ehemaligen Bornplatz-Synagoge als Bodenmosaik eine Begegnungsstätte, die auf eindringliche Weise an die Zerstörung und Vertreibung erinnert.

Veronika Klosa

Großartiger Vorschlag

Da ich nicht jüdisch bin, hätte ich mich nicht getraut, den geplanten Bau der Bornplatz-Synagoge öffentlich als falsches Zeichen zu kritisieren. Den Vorschlag von Michel Rodzynek, dort stattdessen ein Jüdisches Zentrum für Menschen aller Religionen und Kulturen zu errichten, finde ich großartig!

Marina Sandmeiet

Sich selbst und anderen helfen

5./6. Dezember: „,Ich fühlte mich im ersten Lockdown entmündigt‘. Vor der Pandemie waren sie mit ihrem Engagement eine Säule der Gesellschaft. Nun gelten Senioren als Risikogruppe. Ein Gespräch mit dem Vorstand des Seniorenbüros Hamburg“ und Kolumne

Sie haben mir mit Ihrer Kolumne aus der Seele geschrieben. Ich glaube, die Senioren müssen sich selbst helfen. Sie helfen sogar noch anderen. So wie ich als Senior-Chef dieses Jahr zum zweiten Mal eine Mittagsspeise für „Alimaus“ spende. Man sagte mir dort, dass nur wenige junge Unternehmen die Einrichtung kennen. Es helfen immer die gleichen Leute, meist älteren Semesters. Am 22. Dezember freuen sich nun 200 Esser dort auf eine warme Suppe.

Claus Spitra, Four Points Development

Dankbar für die Solidarität

Selten habe ich Positionen so wenig verstanden wie die, die die Verantwortlichen des Seniorenbüros Hamburg bezüglich des Lockdowns formuliert haben (...) Von den Maßnahmen negativ betroffen sind in erster Linie nicht die Alten, die auf ‚Konsum- und Spaßangebote‘ oder auch ehrenamtliche Beschäftigung verzichten müssen (auch wenn sicherlich eine Kontaktreduzierung sie hart trifft). Ihre Altersversorgung wird durch den Lockdown nicht tangiert. Die eigentlich Leidtragenden sind die jetzt Arbeitslosen, die Kurzarbeitenden und die Selbstständigen, deren ökonomische Zukunft in Frage steht. Insofern kann ich die Klagen der Autoren kaum nachvollziehen. Nicht begreifbar für mich ist auch, warum Hilfsangebote entmündigen sollen. Es ist das mich berührende Bemühen jüngerer Menschen, den Lockdown für Ältere lebbar zu machen. Niemand hat alte Menschen gezwungen, diese in Anspruch zu nehmen. Es gibt kaum Stimmen in der Bundesrepublik – auch nicht in der Jugend – die Alte für die Einschränkungen verantwortlich machen oder gar eine Sonderbehandlung alter Menschen wie eine spezielle Quarantäne fordern. Vielmehr konnten und können wir Alten unser Leben wie alle anderen auch im Rahmen der gegebenen Einschränkungen gestalten. Unsere Würde und Gleichheit ist nie in Frage gestellt worden. Natürlich gefällt es auch mir nicht, dass ich bei der Einschulung eines meiner Enkel nicht dabei sein, das Konzert in der Elbphilharmonie nicht genießen konnte, auch meinen Lehrauftrag aufgeben musste und mich jetzt fragen muss, in welcher Form wir Weihnachten verbringen. Aber was ist das denn schon im Vergleich zu den Folgen, die andere tragen müssen. Als über 70-jährige Frau bin ich sehr dankbar für die Vernunft, die in unserer Gesellschaft weitgehend herrscht und die Solidarität.

Margarete Eisele-Becker

Weihnachtsbummel ohne Spaß

5./6. Dezember: „Weihnachten ohne Amazon. Corona krempelt eine Branche um und verändert ganze Stadtteile – und Bürger und Politik schauen zu oder machen mit“

Herr Iken hat mal wieder vollkommen recht, zumindest grundsätzlich. Selbstverständlich wäre es besser, wenn der lokale Einzelhandel gestärkt würde, und nicht nur die Giganten Amazon und andere Versandhändler. Allerdings gestaltet sich dies zunehmend schwierig. Wir haben früher auch sehr gerne gerade zu Weihnachten einen Einkaufsbummel in der Hamburger Innenstadt unternommen. Doch in den letzten Jahren war dies zunehmend die schlechtere Alternative. Übervolle Busse und Bahnen, horrende Parkgebühren und regelmäßig Demos von irgendwelchen Weltverbesserern. Dazu kam das Sterben der Fachhändler und aggressive Radler und Rollerfahrer, auch in den Fußgängerzonen. Dieses Jahr wird das Ganze durch Corona getoppt, und dann ruft auch Verdi noch zu einem Streik bei den ÖPNV auf. Idiotischer geht es nicht. Wenn die Bahnen und Busse wieder fahren, demonstrieren die Linken erneut. Und sowas wird trotz der Corona-Krise auch alles genehmigt. Solange sich diese Situation nicht grundlegend ändert, ist es niemandem zu verdenken, lieber zu Hause zu bleiben und bei Amazon seine Geschenke einzukaufen.

Lutz Krüger, Norderstedt

Einzelhandel muss sich ändern

Amazon hin, Amazon her, entscheidend ist doch, dass sich fast alle Welt an das Internet gewöhnt hat. Die Nutzung des Internets wird auch nach Corona weiter gehen. Wenn man nicht hundertprozentig weiß, dass man einen Gegenstand bei einem ganz bestimmten Händler in seinem Wohnbereich kaufen kann, gibt man – auch als dem Einzelhandel zugeneigt – diesen Gegenstand bei Google ein. Die Krux: Man bekommt nur Angebote von Amazon und anderen Online-Händlern. Wenn der Einzelhandel erreichen will, dass man das Gesuchte nicht nur beim Internethandel, sondern auch bei ihm im näheren Wohnbereich kauft, muss sich der Einzelhandel etwas einfallen lassen. Er muss den Kaufinteressenten entgegenkommen. Als betriebswirtschaftlichem Laien fällt mir dazu nur dieses ein: In jedem Stadtbezirk und in jeder kleinen bis mittleren Stadt, also z.B. Hamburg-Wandsbek, Winsen, Lüneburg, Buchholz und Buxtehude, schafft der jeweilige örtliche Gewerbeverein für alle seine Mitgliedsgeschäfte ein Internet-Portal. Wenn man, nach einem bestimmten Gegenstand suchend, das für seinen Wohnbereich infrage kommende Internetportal aufgerufen hat, gibt man seinen Kaufwunsch ein, also z.B. „Rohrzange“ oder „Fußabtreter“ oder „Pyjama“. Es müssen nun jene Geschäfte erscheinen, welche die betreffende Ware anbieten und lagermäßig führen. Es müssen Beschreibungen annähernd wie im Onlinehandel und auch Preise erscheinen. Nur über ein solches oder ähnliches Entgegenkommen des Einzelhandels wird es gelingen, die Menschen zu bewegen nicht online, sondern mittels Besuches im Laden seines Wohnbereiches zu kaufen.

Bernd Wenzel, Buchholz