Die Euphorie etwas dämpfen

10. November: „Forscher feiern Impfstoff-Durchbruch

Ein euphorischer Bericht über einen baldig zur Verfügung stehenden Impfstoff. Risikogruppen wie Pflegeheimbewohner, deren Angehörige und Pflegekräfte sollen zuerst geimpft werden. Genauso euphorisch wurde durch den Bundesgesundheitsminister Spahn verkündet, dass die Corona-Schnelltests ab dem 15. Oktober 2020 den Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stehen. Bis heute hat nach Aussage der Wohn- und Pflegeaufsicht und meinen eigenen Erfahrungen keine Einrichtung diese Schnelltests für die Risikogruppe der Alten zur Verfügung gestellt. Und scheinbar fühlt sich auch niemand verantwortlich dieses Problem anzugehen. Wie soll das erst bei den geplanten Massenimpfungen werden?

Ronald Sawatzki

Erziehung ist Sache der Eltern

9. November: „Necla Kelek fordert Kopftuchverbot für Kinder. Die Frauenrechtlerin übt scharfe Kritik an ihrer Heimatstadt“

Ich begrüße die klare Absage der Politik an die Forderungen von Frau Kelek. Die Erziehung der Kinder ist Aufgabe der Eltern, und dies gilt für alle in der Stadt lebenden Menschen. Hierzu gehören auch die religiösen Werte, die den Kindern vermittelt werden. Frau Kelek macht sich Gedanken, dass der Schulfrieden unter Kopftuch tragenden Mädchen leiden könnte. Diese Gefahr besteht jedoch nur, wenn sich Menschen mit verschiedenen religiösen Vorstellungen nicht auf Augenhöhe begegnen. Hierzu gehört auch die Vorstellung, man müsse muslimische Mädchen vom Kopftuch befreien. Diese Haltung ist herabsetzend. Leider zeigt die Auswahl der Unterstützer, die Frau Kelek mit ins Boot geholt hat, dass es ihr nicht darum geht, das Verständnis zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in unserer Gesellschaft zu verbessern. Die so genannten Islamkritiker sind vor allem an hohen Buchauflagen und publikumswirksamen Aktionen interessiert. Mit reißerischen Schlagzeilen lässt sich leider mehr verdienen als durch ernst gemeinten Dialog. Diesen brauchen wir, und er findet auch statt, allerdings alltäglich und nicht publikumswirksam.

Maike Dethert

Falsche Toleranz

Es ist erschreckend, wie die Politik in Deutschland, der Hamburger Senat sei hier nur stellvertretend genannt, den politischen Islam hofiert. Statt auf die Stimmen zahlreicher liberaler Muslime zu hören, arbeitet man mit dem vom Verfassungsschutz beobachteten Islamischen Zentrum Hamburg zusammen. Wie lässt sich das erklären? Folglich werden immer mehr junge Mädchen mit einem Kopftuch stigmatisiert und ihrer Freiheit beraubt, ganz nebenbei leiden „Ungläubige“ in den Schulklassen gleich mit. Wem ist damit geholfen? Auf den ersten Blick rückwärtsgewandten Verbänden und Eltern. Der Integration wird damit nicht gedient, der Akzeptanz einer polarisierenden Religion in der Bevölkerung erst recht nicht. Falsche Toleranz hat bereits viel Schaden angerichtet, unsere Politiker täten gut daran, sich dessen zu besinnen.

Benjamin Mathews, Neu Wulmstorf

Grundrechte einhalten

Wie bedauerlich, dass sich der Hamburger Senat nicht ähnlich entschieden wie Präsident Macron für westliche Werte wie Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit einsetzt. Die konservative Auslegung des Islam, die Bekleidungs- und Verhaltensvorschriften nur für ein Geschlecht vorschreibt, ist diskriminierend und daher grundgesetzwidrig. Denn die Ausübung der Religionsfreiheit ist nicht unbegrenzt, sondern die anderen Grundrechte müssen dabei auch zwingend eingehalten werden. Um die tatsächliche Gleichberechtigung zu erreichen, reicht es nicht aus, Gendersternchen nachzujagen, aber dabei über die Diskriminierung von Frauen aus Religionsgründen hinwegzusehen.

Beate Hille

Eine Chance vertan

Wieder wurde von der Hamburger Politik eine Chance vertan mit Vertretern des liberalen Islam ins Gespräch zu kommen, deren Kompetenz weit über die üblichen Religionsfragen hinausgeht. Es ist geradezu unfassbar, dass der Vereinigung „säkularer Islam“ mit seiner geballten intellektuellen Mitgliedschaft wieder einmal so wenig Gehör geschenkt wird. Nicht mit einer vorauseilend ängstlichen Rücksicht, sondern nur in Zusammenarbeit und Unterstützung der Mitglieder eines aufgeklärten Islams, ist meiner Meinung nach eine nachhaltige Antwort auf viele kontroverse Fragen möglich.

Dr. Günter Türk

Gemeinsam gegen den Virus

4. November: „Schule in Corona-Zeiten – neuer Streit“

Es ist ein Dilemma, in dem wir als Eltern von zwei Grundschulkindern stecken: Einerseits freuen wir uns, dass die Schulen geöffnet bleiben sollen. Andererseits sind, wir wie viele andere, besorgt: angesichts einer immer bedrohlicheren Situation und einer erstaunlichen Leichtfertigkeit im Blick auf die Gesundheit von Schulkindern, Familien und Lehrkräften. Oder wird nur viel Wind um nichts gemacht? Alles halb so schlimm? Kinder sind nicht infektiös? Schön wär’s! Dann wäre die zweite Welle ein Hirngespinst von Panikmachern. Und wir müssten nur noch durchhalten. Frei nach dem St.-Florians-Prinzip: Uns wird’s nicht treffen. Aber nun steigen die Ansteckungen sprunghaft und rücken zugleich immer näher an uns heran. Zugleich hören wir von Langzeitfolgen, auch in unserem Umfeld. Erschreckend nah ist teils auch, was der elterliche „Schulfunk“ zu vermelden hat. So war letzte Woche zu hören: Wir haben einen Corona-Fall an der Schule. Wenn Gerüchte sprießen, braucht es möglichst schnell möglichst klare Infos: Wer ist betroffen? Wurde zeitnah getestet? War jemand auf Tuchfühlung? Das sind keine Randfragen im Schulalltag ohne Masken und ohne Abstand. Die Gesundheitsämter entscheiden, was gemeldet wird, sind aber überfordert. Da sind alle gefragt, wach mitzudenken, wie wir uns und andere schützen können. Besondere Verantwortung tragen wir als Erziehungsberechtigte von schulpflichtigen Kindern. Und wer in systemrelevanten Berufen arbeitet, muss noch mal mehr darauf achten, sich selbst nicht zu infizieren. Denn sonst drohen massive Ansteckungen in Pflegeheimen, Krankenhäusern etc. Gegen den Virus kommen wir nur gemeinsam an. Kleinliches Hickhack können wir uns nicht leisten. Ignorieren oder Wegducken hilft genauso wenig. Doch manchmal kann es so wirken, als würde die Lage an Schulen nicht wirklich ernstgenommen. Als ob das Hauptanliegen sei, den Laden so lange wie möglich irgendwie offen zu halten. Warum werden RKI-Empfehlungen in Hamburg nicht so umgesetzt wie in anderen Bundesländern? Bis wann müssen wir warten, dass bei entsprechender Inzidenz auch im Grundschulklassenzimmer Masken getragen werden? Warum gelingt das ABC-Schützen in Schleswig-Holstein bei uns aber nicht? Natürlich können sie das, besser sogar als manche Erwachsene. Das Anliegen der meisten Eltern ist, dass unsere Kinder weiter zur Schule gehen können. Doch durch Nachlässigkeit wird das sehenden Auges aufs Spiel gesetzt. Und die nächste, zumindest teilweise Schulschließung, zeichnet sich bereits ab. Schulen seien sichere Orte in der Pandemie, heißt es. Worauf diese Aussage basiert, bleibt unklar. Dreiviertel der Ansteckungswege sind nicht mehr nachzuvollziehen. Keine Frage, die Schulen müssen sicherer werden, oder die Präsenzpflicht ist zu lockern! Alles andere ist fahrlässig. Es ist höchste Zeit, dass die mit Augenmaß vorgetragene Sachkritik an entscheidender Stelle Gehör findet. Sonst heißt es in ein paar Wochen wieder: Das konnte ja keiner wissen ... Doch, konnten wir.

Martin Hoerschelmann

Klopapier aus Zeitung

6. November: „Hamburger bunkern Klopapier – Handel reagiert“

Ihr Artikel warf mich schlagartig runde 75 Jahre zurück in das Jahr 1945, in dem es wirklich kein Klopapier gab. Das Problem wurde so gelöst: Jeweils drei Tage war eines der vier Kinder unserer Familie damit beauftragt, die Zeitungen der letzten Tage in handliche Klopapierblätter zu verwandeln und am entsprechenden Örtchen zu deponieren. Und wir haben nicht einmal gemurrt.

Gudila Pinsch​