„Verstecken“ reicht nicht

29. Oktober: „,Wir müssen handeln. Jetzt!‘. Im Kampf gegen Corona geht Deutschland im November wieder in den Lockdown“

„Wir müssen handeln. Jetzt!“ Wen hat die Bundeskanzlerin mit dieser Aussage gemeint? Ganz sicher sich selbst und die Verwaltungen von Bund und Ländern, deren Aufgabe es ist, die jetzt gefassten Beschlüsse in Verordnungen zu fassen und deren Umsetzung zu kontrollieren. Ganz sicher aber nicht den Großteil der Bevölkerung, der Unternehmen und der öffentlichen Einrichtungen, von denen kein Handeln, sondern ein Unterlassen – Kontakte ausschließen, Geschäftsbetriebe (auch die hygienerechtlich einwandfreien) einstellen – erwartet wird. Zweck der Maßnahmen ist eine Reduzierung der (magischen) Zahl der täglichen Neuinfektionen, damit sich die rechnerisch davon abhängige klinische Versorgungsprognose verbessert. Wir alle hoffen nun, dass das gesellschaftliche Unterlassen geeignet ist, im Sinne einer „Kausalität“ zu wirken und tatsächlich Einfluss zu nehmen. Wäre es nicht sinnvoller, offensiv unter Vernetzung der relevanten wissenschaftlichen und medizinischen Fachlichkeiten, dauerhafte Versorgungsstrukturen aufzubauen und innovativ zu unterhalten? Covid-19 mag angesichts einer sich versteckenden Bevölkerung auslaufen. Es wird aber andere Viren und Infektionen geben. Deprivation und Verstecken sind keine offensiven oder innovativen Maßnahmen, um bestmögliche Gesundheit und medizinische Versorgung sicherzustellen.

Wiebke Aust

Es braucht eine klare Strategie

29. Oktober: „Wir wussten doch, was zu tun ist. Aber viele haben sich nicht an die Corona-Regeln gehalten. Jetzt bekommen alle die Quittung. Was läuft falsch im Land?

Die Gedanken von Herrn Haider teile ich. Ich verstehe, dass die Zahlen steigen und etwas getan werden muss. Die angekündigten Maßnahmen treffen nun aber die Bereiche, die nicht oder kaum für das Infektionsgeschehen verantwortlich sind. Allerdings sind das offenbar die einzigen Bereiche, die kontrollierbar sind. Das bedeutet, dass Kräfte für die Kontrolle von Maßnahmen eingesetzt werden, wo ein geringer Erfolg zu vermuten ist. Die echten Probleme werden nicht wirklich benannt und angegangen, wohl auch, weil es schlicht nicht machbar ist. Für mich zeigt sich da die Hilflosigkeit, die mit Aktionismus überdeckt wird. Die Kräfte dort zu bündeln, wo es notwendig wäre, ist trotz der Versprechungen seitens der Regierung im Frühjahr nicht erfolgt oder wird jetzt hektisch nachgezogen. Statt Treiber, sehe ich nur Getriebene. Und das ist nicht wirklich ermutigend mit Blick auf die Zukunft. Die Karotte Impfung vor der Nase zu haben reicht nicht mehr, es braucht eine klar kommunizierte Strategie – wenn es denn eine gibt.

Nicole Sauter

Was bedeutet Freiheit?

Die Frage, was in unserem Land falsch läuft, ist in einem Aspekt relativ leicht zu beantworten. Vielen Menschen ist die korrekte Definition des Begriffs Freiheit abhanden gekommen. Sie verwechseln Freiheit mit Egoismus und vergessen, dass zur Freiheit auch und vor allem die Verantwortung gehört, die Freiheit aller anderen zu respektieren und zu schützen. Zur Freiheit gehört auch, dieser Verantwortung auch dann gerecht zu werden, wenn die geltenden Regelungen nicht engmaschig kontrolliert werden. Wo (zu) viele Menschen aus egoistischen Gründen diese Verantwortung ignorieren und sich über Regeln hinwegsetzen werden mehr und neue Kontrollen eingeführt, die die Freiheiten für alle Menschen einschränken. Das ist ein Trend, der in unserer Gesellschaft schon länger zu beobachten ist und sich am Beispiel Corona exemplarisch bestätigt. Vielleicht ist diese Pandemie ja eine Chance, die vielen Menschen zeigt, welche Verantwortung sie individuell für den Erhalt unserer Freiheit haben.

Peter Neitzel

Polarisierender Artikel

Ich empfinde den Artikel polarisierend, da er den Eindruck erweckt, dass wir selbst Schuld sind. Das einfach die die Verantwortung tragen, die sich nicht an die Regeln gehalten haben und, dass „die Einhaltung der Regeln ausgereicht hätte, um halbwegs gut durch den Winter zu kommen“. Dagegen sprechen die Erhebungen, in welchen Lebensbereichen Ansteckungen erfolgten. Hier war kein Cluster auszumachen. Weder bei denen, die zur Arbeit gegangen sind oder ins Fitnessstudio oder die Oma im Altersheim besucht haben, noch bei denen, die seit März an den Kassen sitzen oder die Kita-Betreuung möglich machen. Wenn Sie dann auch noch die asiatischen Vorgehensweisen in der Pandemie mit „die schaffen das doch auch“ hervorheben oder den Datenschutz versus Gesundheitsschutz thematisieren, um dann zum Ende des Artikels mit „was läuft falsch in diesem Lande?“ abzuschließen, dann wurde kaum eine Simplifizierung ausgelassen.

Jan Schmidt

Zahlen genauer benennen

Dieser Leitartikel spricht sicher vielen aus dem Herzen. Ich denke jedoch, dass zwei Dinge ergänzt werden müssen: Erstens haben die Politiker, die sich jetzt ach so schwer mit der Entscheidung für drastische Einschnitte tun, einen erheblichen Anteil daran, dass es so kommen musste, denn sie haben bei der Durchsetzung der geltenden Bestimmungen versagt. Und zweitens ist zwar die Anzahl der täglichen Neuinfektionen grauenhaft, aber was sagt diese Zahl, außer das sie ständig steigt, aus? Im Prinzip nichts. Viel wichtiger wäre eine Aufsplittung, wie viele Menschen sich angesteckt haben, ohne oder mit geringen Symptomen und wie viele wirklich ernsthaft erkrankt sind. Ergänzt durch Hinweise auf die Altersstruktur wäre das aussagekräftig.

Peter Holk

Ein langfristiger Plan fehlt

29. Oktober: „So hart wird der Lockdown. Corona: Bund und Länder schränken öffentliches Leben bis Ende November stark ein“

Ein zweiter Lockdown sollte doch unter allen Umständen vermieden werden, jetzt aber haben wir ihn, auch wenn Schulen, Kitas und Geschäfte geöffnet bleiben. Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die Kontakte reduziert werden müssen, aber die Maßnahmen gehen nicht alle in die richtige Richtung und einige sind unakzeptabel. Es ist richtig, Bars und Kneipen zu schließen und private Feiern zu reduzieren. Aber die Schließung von Theatern, Konzertsälen, Kinos und Restaurants ist völlig inakzeptabel. Alle Wissenschaftler sagen, dass die Ansteckungsgefahr in diesen Einrichtungen bei den derzeit geltenden Hygienebestimmungen sehr gering ist. Warum werden sie also geschlossen? Diese Maßnahmen gehen in die falsche Richtung und sie fördern nicht die dringend erforderliche Akzeptanz bei der Bevölkerung. Über die Schließung von Fitnesscentern lässt sich streiten, ich habe da in den vergangenen Wochen positive Erfahrungen mit den dortigen Hygienebestimmungen gemacht. Was mir völlig fehlt, ist ein langfristiger Plan, wie die Pandemie überwunden werden soll.

Reinhard Kappelhoff

Hysterisch nur bei Corona?

Langsam reicht’s! Wie lange will man uns Bürger noch mit Maßnahmen drangsalieren, die offensichtlich auf einer falschen Strategie beruhen und die wenig wirksam sind? Machen wir uns doch bitte klar: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sterben in Deutschland jährlich 350.000 Menschen an Herz-Kreislauferkrankungen. Hat man jemals gehört, dass die Regierung die Bürger zwingt, Übergewicht abzubauen, Sport zu treiben und sich gesund zu ernähren? Bis zu 20.000 Menschen sterben nach konservativen Schätzungen in Deutschland jährlich an Krankenhauskeimen. Die Keime sind weitgehend resistent gegen Antibiotika. Hat unsere Regierung jemals ernsthafte Maßnahmen ergriffen, den Antibiotikaeinsatz in der Tiermast zu verbieten oder es versucht, die hygienischen Bedingungen in den Krankenhäusern zu verbessern? Und darüber, wie man das Leiden der jährlich 240.000 Krebstoten in Deutschland lindern könnte, hört man leider auch nichts. Bei Corona dagegen wird die Bevölkerung in die Hysterie, und die Wirtschaft in den Bankrott getrieben. Eins ist mir klar geworden: Man darf an jeder Krankheit sterben – nur nicht an Corona !

Peter Suhren, Hamburg