Guter Nährboden für Zweifler

10. August: Virologen warnen Hamburger: Tragt die Masken endlich richtig!

Bei über 30 Grad eine Maske zu tragen, ist in der Tat kein Vergnügen und da aufgrund der erfreulich geringen Infektionszahlen in Deutschland und Hamburg kaum jemand einen Infizierten persönlich kennt, haben die Corona-Zweifler einen guten Nährboden für ihre Verschwörungstheorien. Klar ist jedoch, es gibt das Virus und eine Infektion ist niemandem zu wünschen. Darum betrachte ich es als meine Pflicht, mich und meine Gesundheit zu schützen und da ich selbst nicht weiß, ob ich infiziert bin und gerade ansteckend bin oder nicht, schütze ich natürlich auch meine Umwelt. Für mich ist die Maske in der Bahn so wie das Kondom beim Sex. Aber auch da denken alle nur an HIV als mögliche Infektion und nicht an all die anderen Dinge wie Tripper, Syphilis etc. Schade, denn auch hier stellen die Mediziner in den letzten Jahren wieder einen erhöhten Anstieg der Infektionen fest. Ich würde es sehr begrüßen, wenn jeder, der sich weigert eine Maske richtig zu tragen, eine Erklärung unterschreibt, dass er/sie auf eine ärztliche Behandlung verzichtet. Denn was es nicht gibt, muss im Umkehrschluss ja auch nicht ärztlich behandelt werden. Vielleicht sollte unsere Politik darüber nachdenken, das aktuell ein guter Zeitpunkt ist, das Thema Patientenverfügung in den Fokus zu stellen. Hier könnten dann Coronaleugner auch ihren Verzicht auf künstliche Beatmung erklären, so dass Ärzte in Deutschland nicht in eine Situation wie in Italien geraten und vor die Frage gestellt werden können, wer beatmet wird oder nicht.

Jürgen Krause

Ausbildungspflicht für alle

10. August: In der Krise gibt es sieben Euro mehr. Die Regierung legt inmitten der Pandemie neu fest, wie viel Hartz-IV-Empfänger zum Leben brauchen

Akribisch organisiert der Staat die Unterstützung von rund sechs Millionen Hartz-IV-Empfängern. Zu einer Lösung des Grundproblems trägt er damit leider nicht bei. Die Politik schweigt beharrlich. Ein Weg zu einem würdevollen Leben ohne Armut zu gelangen, dürfte die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sein. Weil eine fehlende Berufsausbildung dem häufig im Wege steht, rege ich an, darüber nachzudenken, eine Ausbildungspflicht für Jedermann einzuführen. Ein zweifellos gewöhnungsbedürftiger Vorschlag. Aber immerhin ein Lösungsansatz.

Hans-Wilhelm Stehnken, Buchholz

Vertrauen ist schnell verspielt

8./9. August: Ach, der Journalismus. Wenn Medienschaffende zu Aktivisten mutieren, machen sie sich selbst überflüssig

Mit wachsender Begeisterung habe ich Ihren Artikel zum Thema Journalisten und Glaubwürdigkeit gelesen. Es war wohltuend zu lesen, dass ein leitender Redakteur die wichtigen Normen öffentlich vertritt und einfordert. Viele Journalisten glauben, dass der Leser ihre Manipulationen nicht entdeckt. Hier handelt es sich um einen Irrglauben, denn es gibt heutzutage mehr als eine Informationsquelle zu einem Thema. Der Leser wird schnell misstrauisch, wenn Fakten unterschiedlich berichtet werden. Wenn sich dann noch herausstellt, dass die geliebte eigene Tageszeitung nicht korrekt, oder haltungsbetont berichtet, ist das Vertrauen sehr schnell verspielt.

Thomas Fröhlich

Auf unsere Stärken besinnen

8./9. August: ,Wer die Corona-Krise meistert, kann alles meistern‘, neue Interviewreihe: Wie wird das Virus die Welt verändern? Der Ökonom Thomas Straubhaar fordert eine ökologische Wende und lobt das deutsche Modell

Herzlichen Dank für das Interview mit Professor Straubhaar! Die Aussagen des Ökonomen sind etwas erfreulich positives, etwas sehr motivierendes im wiederkehrenden Mahlstrom der düsteren Szenarien, die uns möglicherweise erwarten könnten. Hinsichtlich der angesprochenen fortschrittlichen Technologien sehe ich auch Hamburg schon auf einem guten Weg. Die Etablierung einer Wasserstoff-Infrastruktur und die Forschungsarbeiten für den Einsatz von Brennstoffzellen-Systemen in der Luftfahrt sind nur zwei Beispiele dafür. Damit disruptive Technologien allerdings massentauglich sind, müssen sie ausgereift sein und dies braucht Zeit. Die Beschleunigung des Entwicklungszyklus sowie die politische und wirtschaftliche Entschlusskraft für ein Konzept sehe ich dabei als die beiden dringendsten Herausforderungen. Genau hier kann die Corona-Krise als Katalysator wirken und Veränderungen ermöglichen. Bei aller Dramatik der Corona-Pandemie bin ich fest davon überzeugt, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen werden, wenn wir uns gemeinsam auf unsere gezeigten Stärken besinnen und die notwendigen Veränderungen positiv angehen werden.

Dr. Stephan Risse

Glücklich im Kurheim Niendorf

8./9. August: Das Leid der Kinder in den Kurheimen. Millionen Mädchen und Jungen wurden von den 1950er- bis Anfang der 1990er-Jahre zur Erholung an die Küste oder in die Berge geschickt. Betroffene, die Gewalt und Unterdrückung erlebten, arbeiten jetzt ihre Geschichte auf

Der Artikel hat mich sehr bewegt, denn ich war in den 50er- und 60er-Jahren ebenfalls in drei verschiedenen Kurheimen. Ich war in Niendorf an der Ostsee, Braunlage im Harz und in Chiemgau am Chiemsee. Jedes einzelne Kurheim davon hat mir so sehr gefallen, und ich war ein so glückliches Kind dort, dass ich jedes Mal, nachdem die sechs Wochen zu Ende gegangen waren, schrecklich traurig war. Ich komme aus einem sehr liebevollen und umsorgten Elternhaus und bin mit vier Geschwistern glücklich aufgewachsen. Ich möchte hier unbedingt zum Ausdruck bringen, dass mir das Leiden der im Artikel erwähnten Kinder sehr zu Herzen geht, ich aber komplett andere, positive Erfahrungen machen durfte.

Ursula Morgenstern

Mutige Politik für den Norden

1./2. August: Warum sich Hamburg neu erfinden muss. Der Wirtschaftsstandort steht wegen Corona vor schweren Zeiten – gerade deshalb sind neue Ideen und Visionen bitter nötig

Warum ist der Norden soviel schwächer als der Süden und warum leistet sich Hamburg eine „spitzwegsche Gemütlichkeit“? Das hat wirtschaftshistorische Gründe. Über Jahrhunderte saß der Norden auf besseren Standortbedingungen als der Süden. Die Lage am seeschifftiefen Wasser erlaubte es, von Schifffahrt und Handel gut zu leben. Und auch agrarwirtschaftlich war der Norden mit seinen weiten, fruchtbaren Ebenen viel besser dran als der Süden. Mit anderen Worten ausgedrückt, der bettelarme Süden musste die Chancen, die Industrialisierung und technologische Entwicklung geboten haben, nutzen, um sich aus seiner Situation zu befreien, während sich der Norden vergleichsweise bequem zurücklehnen konnte. Kennzeichnend für diese Entwicklung ist der Maschinenbau, die Herzkammer der deutschen Wirtschaft, der im extremen Maße im Süden konzentriert ist. Die alten Standortfaktoren tragen für den Norden nicht mehr. Mit Schifffahrt ist schon lange kein Geld mehr zu verdienen. Eine extrem zyklische Branche, die dem vollen Wettbewerbsdruck einer globalen Wirtschaft ausgesetzt ist. In der Landwirtschaft liegen die Verhältnisse nicht besser. Überproduktion und Technisierung bieten nur wenigen Menschen Lohn und Brot zu vergleichsweise schwierigen Bedingungen, ganz zu Schweigen von den vielen aktuellen Problemen rund um die Massentierhaltung, den Einsatz von Pestiziden oder der Düngung. Als wenn das alles nicht genug sei, leistet sich der Norden auch noch Kleinstaaterei, die die Zusammenarbeit erschwert und uns im europäischen Wettbewerb bei Handel und Schifffahrt zurückfallen lässt. Nicht Wilhelmshaven, Bremerhaven oder Cuxhaven sind unsere Wettbewerber, sondern Rotterdam und Antwerpen. Wie viele Chancen hat der Norden liegen lassen, vom Bau eines Großflughafen in Kaltenkirchen bis zum Bau neuer Hafenanlagen in Cuxhaven. Wir werden im Norden einen langen Atem brauchen, um uns neue Chancen zu erarbeiten. Wir brauchen ein mutige Politik, die diese Probleme offen und ehrlich diskutiert und wir brauchen eine Bevölkerung, die mitdiskutiert und bereit ist, notwendige Veränderungen mitzutragen.

Peter Ruland