Gericht hat eine Chance vertan

11./12. Juli: G 20: Milde Strafen für die Randalierer von der Elbchaussee. Nur einer von fünf Angeklagten muss ins Gefängnis. Richterin wirft Staatsanwalt ,politische Stimmungsmache‘ vor

Mit diesen milden Strafen hat das Gericht die Chance vertan, insbesondere den gewaltbereiten und unbelehrbaren Chaoten klarzumachen, dass der Staat nicht gewillt ist, schwere Straftaten wie Landfriedensbruch zu tolerieren. Eine abschreckende Wirkung kann dieses Urteil, das gegen zwei erwachsene Straftäter lediglich Bewährungsstrafen verhängte, nicht entfalten. Es wäre durchaus möglich gewesen, diese Strafen nicht zur Bewährung auszusetzen. Das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor. Denn das Gebot der Verteidigung der Rechtsordnung steht der Aussetzung von Strafen ab sechs Monaten entgegen, wenn eine Aussetzung der Vollstreckung für das Rechtsempfinden schlechthin unverständlich erscheinen müsste, und das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttern könnte. Diesen Gesichtspunkt hat das Gericht offensichtlich unbeachtet gelassen. Die abgeurteilten Taten legen es indessen nahe, keine Bewährungsstrafen zu verhängen. Die nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung stattgefundene Demonstration, die eine Verhöhnung der Polizei darstellt und die als eine nachträgliche Billigung von Straftaten zu verstehen ist, macht deutlich, dass Bewährungsstrafen für Taten, die bei gewalttätigen Demonstrationen verübt werden, nur noch Kopfschütteln und Unverständnis auslösen. Die Staatsanwaltschaft wird gut daran tun, die Möglichkeit einer Revision ins Auge zu fassen.

Dr. Claus Rabe

Großartiges Plädoyer

11./12. Juli: Lasst alle Künstler im Freien auftreten! Plädoyer für einen deutschen Kultursommer

Was für ein großartiges Plädoyer für einen deutschen Kultursommer! Ich werde an meine Kindheit erinnert, damals, 1938, in unserem „Hof“ in der Grabenstraße. Da kamen sie, die vielen Künstler: Musiker, Gaukler, Sänger, Zauberer, Artisten. In unserem Hof führten sie ihre Künste vor. Wir freuten uns, öffneten die Fenster und warfen einen Groschen runter. Das muss doch auch heute gehen, zu Corona-Zeiten!

Harry Börsing

Werden Flächen gesperrt?

10. Juli: Oerding will im Stadtpark spielen. Der Hamburger Musiker tritt dreimal im August auf. Draußen-Konzerte anderer Künstler sollen folgen

Über die Möglichkeit, nun wieder Konzerte im Stadtpark stattfinden zu lassen, freue ich mich sehr. Was ich mich aber frage: Wie sieht es vor dem Stadtpark aus? Sehr oft habe ich, wie viele andere auch, draußen vor dem Stadtpark dem Konzert gelauscht. Werden die Flächen nun gesperrt oder wird durch die Polizei auf die Abstandsregelung draußen geachtet? Hat der Veranstalter auch dafür ein Konzept entwickelt? Wo ist der Unterschied, zwischen einem Stadtpark-Konzert mit Zuhörern außerhalb und einem Marathon mit Zuschauern? Gilt für alle der gleiche Maßstab? Ich werde im August versuchen, einem Konzert von draußen zuzuhören und bin gespannt, wie vor Ort die Regelungen sind.

Wolfgang Meyer-Lomberg, Wedel

Das ist keine Gerechtigkeit

11./12. Juli: Leserbrief: Jugendstrafe ist eine Farce und 7. Juli: Jugendstrafe für einen 93-Jährigen? Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Haft für früheren KZ-Wachmann

Ich kann diesem Leserbrief aus voller Überzeugung beipflichten. Ich wurde 1938 in Danzig geboren. Das KZ Stutthof liegt nur einen Steinwurf davon entfernt. Ich hätte dieser 17-jährige Wachmann sein können, wenn ich in dem Alter gewesen wäre. Immer wieder mal im Laufe meines Lebens habe ich mich – wie wahrscheinlich Millionen anderer Männer – gefragt, was gewesen wäre, wenn ich das entsprechende Alter gehabt hätte. Hier greift der Ausspruch von Helmut Kohl von „der Gnade der späten Geburt“. Wäre ich aus Überzeugung Mitglied der HJ gewesen? Hätte ich mich von der Euphorie dieser Hitlerjugend anstecken lassen? Wäre ich zuletzt noch wie dieser 93-Jährige eingezogen worden? Über eines bin ich mir aber ganz sicher: Ich hätte auch als 17-Jähriger nie die politischen Dimensionen erkannt und überschaut. So schützte mich also mein jugendliches Alter. Mit sieben Jahren nahm ich aber wahr, wie die russischen Soldaten in unseren Luftschutzkeller stürmten. Wie einige Mütter aus dem größeren Mietshaus versuchten, ihre Töchter auf „alt“ zu trimmen, ihre Zöpfe versteckten, um sie zu schützen. Ein Pfarrer aus dem Mietshaus hatte sein Harmonium in den Keller geschleppt und spielte ein Kirchenlied. Die ersten russischen Soldaten waren davon noch beeindruckt, später wurde der Pfarrer festgenommen und abgeführt. Wo mag er geblieben sein? Ich konnte das alles mit sieben Jahren nicht begreifen. Wie auch? Aber diese Eindrücke haben sich eingeprägt und begleiten mich mein Leben lang. Diese Verurteilung des jetzt 93-Jährigen ist wirklich eine Farce. Die Schande, die Deutschland auf sich aufgeladen hat, indem es nach dem Kriege nie die wirklich Schuldigen bestraft hat, ist niemals zu tilgen. Diese Herrschaften aus Justiz und der Beamtenschaft bekleideten nach dem Kriege hohe Ämter, waren in der Gesellschaft anerkannt, führten bis ins hohe Alter ein sorgenfreies Leben, ohne je zur Verantwortung gezogen worden zu sein. Aber hier, an diesem 93-Jährigen will man jetzt ein Exempel statuieren. Nein, das ist keine Gerechtigkeit und dieses Urteil wird niemals die jahrzehntelangen Versäumnisse der deutschen Justiz ausgleichen.

Ekkehard Below

Giraffen gibt es nur in Afrika

10. Juli: Streit um Skulptur bei Hagenbeck. Linke erhebt Rassismus-Vorwürfe. Stadt prüft Figur – Künstler reagiert gelassen

Weiß denn die Linksfraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel nicht, dass es Giraffen nur in Afrika gibt, und dass dort halt Menschen mit dunkler Hautfarbe leben? Um das überaus „dringende Problem“ zu lösen, schlage ich vor, die Figur weiß anzumalen, dann handelt es sich eben um einen Albino – oder ist das auch schon wieder „rassistisch“? Wie schön, dass wir in Hamburg keine anderen Probleme haben!

Hans-Joachim Reining, Hamburg

Beliebtes Fotomotiv

Unserer Beobachtung nach erfreuen sich Kinder jeder Hautfarbe an der Skulptur „Mann auf Giraffe“. Und was den Kindern gefällt, gefällt auch den Eltern, sodass die Bronzeplastik schon lange ein beliebtes Fotomotiv ist. Man könnte es doch auch so sehen: Wäre es nicht Rassismus, die Skulptur zu entfernen, nur weil der Mann am Hals der Giraffe farbig ist, wie der Großteil der Menschen in Afrika, wo auch die Giraffen leben? Der Mensch wird hier auch nicht dem Tier gleichgestellt, denn er beherrscht die Giraffe durch das Hochklettern am Hals.

Sonja Paap, Hamburg

Eine große Belastung

9. Juli: Plötzlich einsam – und keiner kriegt es mit. Nicht alle Corona-Opfer haben eine Lobby. Warum mich das Schicksal geistig behinderter Menschen besonders berührt hat

Ich möchte Ihnen herzlich für den Artikel danken. Ich bin seit über 30 Jahren in verantwortlicher Stellung ehrenamtlich in einer großen Behinderteneinrichtung tätig und kann das, was Sie schreiben, nur bestätigen. Es war eine sehr große Belastung für die behinderten Menschen, zumal viele sich und ihre Bedürfnisse auch nicht mitteilen können, aber auch für die Mitarbeiter, die diese Situation zusammen mit den Betreuten in den Wohnheimen aushalten mussten. Es ist zutreffend, dass viele benachteiligte Menschen, die keine Lobby haben, mit ihren berechtigten Interessen in der Gesellschaft nicht wahrgenommen werden. Um so mehr freue ich mich, dass Sie Ihre Stimme erhoben haben und das sogar an exponierter Stelle auf Seite zwei. Und das haben Sie nicht nur in sachlich-nüchterner Journalistenart getan, sondern haben auch Ihr persönliches Empfinden „rübergebracht“, wofür ich mich noch einmal bedanken möchte.

Rolf Naujok