Notwendige Debatte

18. Juni: Kolonialdebatte in Europa löst Sturm auf Denkmäler aus. Vor allem in Belgien stürzen Protestler Statuen und fordern Aufarbeitung von Gräueltaten

Ja, die Debatte um die Kolonialgeschichte ist notwendig und sie wurde viel zu lange unterdrückt oder vermieden. Vermutlich, weil nicht wenige die ganz banalen Konsequenzen für den Alltag fürchteten. Es ist unzweifelhaft, dass am Ende dieser Debatte die Umbenennung der Straßen folgen wird, weil es nicht vermittelbar ist, warum Straßen nach Sklavenhändlern (Schimmelmann) oder Armeeführen mit verbrecherischer Vergangenheit (Petersen) benannt werden, während etwa bei der Bundeswehr diese Revision der Kasernenbezeichnungen bereits in Teilen vollzogen wurde bzw. es heute zu Recht keine Stalinalleen und Hitlerplätze mehr gibt. Diese notwendige Debatte sollte jedoch nicht dazu dienen, einigen Wirrköpfen ein Podium zu bieten, die qua ihrer Gesinnung, Unliebsames mit Gewalt entfernen wollen und im Rahmen einer zweifelhaften Moral dabei auch den Angriff auf Menschen für akzeptabel halten. Wenn zum Abschluss einer Debatte ein „Denkmal“ abgebaut oder eine Straße umbenannt würde (und ich bin überzeugt, dass es zu keinen anderen Folgen kommen wird), dann wäre es das Resultat eines gesellschaftlich erarbeiteten Konsenses. Mit Farbe beschmierte oder zerstörte Dinge sind nur ein Zeichen von extremer Intoleranz und der Unfähigkeit, gesellschaftliche Entwicklungen zu akzeptieren und zu gestalten. Pubertäres Gehabe eben, dem nicht mit Gesprächen, sondern den Mitteln der Justiz begegnet werden sollte.

Andreas Kaluzny

Demotivierende Ansagen

17. Juni: ,Keiner übernimmt Verantwortung‘. Vor dem Spiel in Hannover verteidigt St. Paulis Trainer Luhukay seine Kritik an Veerman. ,Ich bin direkt und ehrlich‘

Die von St. Paulis Trainer Luhukay verströmte Selbstgerechtigkeit ist schwer zu ertragen. Seit seinem von großen Hoffnungen begleiteten Amtsantritt ist von Monat zu Monat deutlicher geworden, dass er – bei allem „technischem“ Fußballsachverstand – der wohl hartnäckigste Demotivator unter den Trainern des deutschen Profifußballs ist. Bald wird der Mannschaft unmittelbar vor einem wichtigen Spiel sinngemäß bescheinigt, sie sei – wie der Verein generell – selbstzufrieden und wenig leistungsbereit. Bei anderer Gelegenheit wird in aller Öffentlichkeit beklagt, angesichts der langen Verletztenliste sei kaum etwas zu erreichen (man kann sich vorstellen, wie dies die zum Einsatz kommenden „Ersatzspieler“ beflügelt hat). Und nun wird vor aller Augen und Ohren einer der wichtigsten Spieler niedergemacht. Was eine gewisse Zeit lang noch als „Aufrütteln“ und „klare Kante“ durchgehen konnte, wird jetzt mehr und mehr als durch und durch negative Kommunikationsform erkennbar. Wenn Herr Luhukay seine zumindest in der Form indiskutablen Äußerungen über Henk Veerman im Nachhinein noch damit zu bemänteln versucht, er sei nun einmal „direkt und ehrlich“, so fehlen ihm offenbar die Bereitschaft, zwischen einer – allseits erwünschten – klaren (aber internen) „Ansage“ und einer destruktiven öffentlichen Herabwürdigung zu differenzieren.

Dr. Henning Harte-Bavendamm

Mehr städtebauliche Qualität

17. Juni: CDU und FDP kritisieren Planung für Hauptbahnhof. Nötige Entlastung lasse zu lange auf sich warten. Neuer S-Bahn-Tunnel sei ,heiße Luft‘

Endlich sagen einmal Hamburger Politiker, wie wenig schlüssig das verkehrspolitische Modell des neuen Verkehrssenators ist. Die an sich vernünftigen Ziele, mehr Radverkehr und weniger Autoverkehr, ergeben allein noch keine schlüssige, gesamtheitliche verkehrspolitische Agenda. Damit wird der Verkehrssenator Hamburg ins Chaos führen, da er völlig die verkehrsfunktionalen Voraussetzungen ignoriert. Als München Anfang der 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts seine Innenstadt vom Durchgangsverkehr befreite, hat es zuvor den Altstadtring (nicht ohne schmerzhafte Eingriffe), die Verbindungs-S-Bahn und ein ausgedehntes Netz von S- und U-Bahnen gebaut. Also: Zuerst der Bau einer zweiten Verbindungsbahn, eine zweite Elbquerung für S- oder U-Bahn, mehr Komfort für den ÖPNV, mehr S- und U-Bahnhöfe und eine Magnetschnellbahn aufgeständert über den Trassen der Magistralen. Dann kann Hamburg auch mehr Radwege bauen und die Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlasten und eine neue Ära städtebaulicher Qualität einleiten.

Hans Lafrenz

Verantwortung abgeben

17. Juni: Wann darf Deutschland wieder feiern? Die Welt stemmt sich gegen die Corona-Pandemie. Mehr und mehr stellt sich die Frage, wie es in Zukunft weitgehen könnte

Ich gehöre auch zu den Corona-Müden. Die weitere Einschränkung von Veranstaltungen, speziell die im Freien, ist doch durch nichts mehr zu rechtfertigen. 80 Millionen deutsche Bürger müssen sich gängeln lassen wegen einiger Tausend Kranken. Die Demos gegen Rassismus mit mehreren 10.000 Teilnehmern haben weder in Berlin noch in Hamburg zu einem Anstieg der Erkrankungen geführt. Und die Abstände oder Hygiene-Vorschriften wurden dabei, wie die Bilder zeigten, sehr großzügig ausgelegt. Politiker müssen auch wieder abgeben: die Verantwortung an die Bürger!

Thomas Schendel

Mut zur deutschen Sprache

15. Juni: In eigener Sache: ,Sprache ist von zentraler Bedeutung für den Zusammenhalt‘ – die Kolumne zu Anglizismen löste ein großes Leserecho aus

Ihre Kolumne „In eigener Sache“ zum Thema „Sprache ist von zentraler Bedeutung“ freut mich, da Sie das Thema „Sprache“ in einem weiteren Artikel aufgreifen. Wie sehr es aber noch der Umsetzung in Ihrer eigenen Redaktion bedarf, zeigt der Artikel „Mehr Autoverkehr“ in der selben Ausgabe. Wenn schon der Internationalität wegen ein Fachbegriff in Englisch gebracht werden soll, dann doch wohl der englische Begriff in Klammern und nicht umgekehrt. Ich hoffe, es geht Ihnen vorrangig darum, dass Ihre Leser den Inhalt Ihrer Artikel verstehen und sich nicht nur am Fachwissen des Redakteurs erfreuen sollen. Mit diesem Schreiben möchte ich den Mut Ihrer Mitarbeiter stärken, wieder mehr zur Sprache Ihrer Leser zurück zu finden. Es geht doch nicht um modische Tendenzen, sondern um verständliche Aussagen nicht nur für das studierte Volk. So arrogant erscheint mir Ihre Zeitung nicht.

Dietrich Raeck

Auch Augen können lächeln

15. Juni: Gastronomen gegen Maskenpflicht. Wirte und Dehoga fordern eine freiwillige Regelung, wie sie auch in Schleswig-Holstein gilt

Was Dehoga-Präsident Franz Klein über die Beeinträchtigung durch Gesichtsmasken schreibt, ist schlicht unverantwortlich. Und das mit der Begründung, es sei anstrengend für das Personal. Ich habe als Ärztin viele Jahre im Operationssaal gearbeitet, auch stundenlanges operieren mit Gesichtsmaske ist anstrengend und schweißtreibend. Aber niemand käme auf die Idee, Ärzten und Krankenschwestern das Tragen von Gesichtsmasken auf freiwilliger Basis vorzuschlagen. Ich würde jedenfalls ein Restaurant sofort verlassen, wenn ich sehe, dass das Servicepersonal keine Gesichtsmasken trägt. Und was das Lächeln angeht, auch Augen können lächeln.

Dr. Marcelle Büttner

Regeln vereinheitlichen

Niemand hat etwas gegen Regeln, die von allen eingehalten werden müssen. Wenn alle Gastronomie- und Hotellerieangestellten Maskenpflicht haben, dient das vor allem dem Sicherheitsbedürfnis der Gäste. Das ist in Ordnung! Wie kommt es aber dann, dass in unseren Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen Servicekräfte, Köche und Köchinnen, Rezeptionisten und Rezeptionistinnen keine Maske tragen müssen? Weil die Gäste weniger ängstlich sind? Wohl kaum... Solange jedes Bundesland solche grundsätzlichen Regeln ganz unterschiedlich handhabt, ist der Unwille, zehn Stunden lang eine Maske bei 28 Grad zu tragen, wohl nachvollziehbar.

Anja Lindenberg, Gastronomin