Wer kontrolliert das Tempo?

18. November: SPD-Initiative: Bis zu 200 neue Tempo-30-Strecken in Hamburg

Aha, bis zu 200 neue geschwindigkeitsreduzierte Strecken in Hamburg. Und jetzt kommt meine Frage: Wer kontrolliert die Einhaltung der reduzierten Geschwindigkeit? Bei uns im Maienweg gibt es jetzt schon fast ein Jahr auf einem Teilstück eine 30er-Zone. Daran hält sich, grob geschätzt, vielleicht die Hälfte der Autofahrer. Was bringen diese Zonen, wenn nie kontrolliert wird, ob sich auch alle daran halten? Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.

Claudia Petersen

Spitze im Schilder aufstellen

Es ist so herrlich absurd, was unsere Volksvertreter sich mal wieder ausdenken. Fast jeder hat inzwischen einen Bordcomputer im Auto und wird feststellen, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit hier inzwischen deutlich unter 30 km/h liegt. Wo kann man denn in dieser vom Verkehr ohnehin kollabierten Staustadt noch viel schneller fahren als 30? Die einzigen, die davon wieder wunderbar profitieren werden, sind die Schilderhersteller, denn im Schilder aufstellen war Hamburg schon immer Spitze.

Holger Karstens, Hamburg-Ottensen

Strafurteile im Panzerschrank

16./17. November: Hamburger KRITiken: Der drollige Unrechtsstaat. 30 Jahre nach dem Mauerfall wird die DDR immer weiter verklärt – warum eigentlich?

Nach meiner Erfahrung als Hamburger Richter in Schwerin war die DDR ein Unrechtsstaat. Als ich im November 1990 Direktor des Kreisgerichts Schwerin wurde, fand ich in meinem Dienstzimmer einen großen Panzerschrank vor, in dem die Strafurteile mit politischem Hintergrund aufbewahrt wurden. Ich habe mir trotz hoher Arbeitsbelastung mehrere Stunden Zeit genommen, um diese Urteile zu lesen oder jedenfalls zu überfliegen. Freie Meinungsäußerungen wurden mit Freiheitsstrafen ohne Bewährung geahndet. Für „SS-20 gleich Pershing- Raketen“ oder „Gorbi befreie uns zum zweiten Mal“ gab es 18 Monate. Wer seinem Ausreiseantrag Nachdruck verleihen wollte und ein „A“ (wie Ausreise) auf sein Fenster schrieb, wurde wegen „Nötigung von Staatsorganen“ ebenfalls für 18 Monate ins Gefängnis geschickt. Urteile mit Freiheitsstrafen wegen versuchter Republikflucht gab es natürlich zahlreich. Es reichte schon eine Karte, auf der mögliche Grenzübertritte eingezeichnet waren, um verurteilt zu werden. Dank des engen Spitzelnetzes konnten solche Vorbereitungshandlungen aufgedeckt werden.

Reinhard Wagner, Hamburg

Ist die Kriegsfront moralisch?

16./17. November: ,Woran soll ich Schuld haben?‘ Prozess gegen ehemaligen SS-Wachmann: 93-Jähriger verteidigt erneut sein Tun

Die Frage von Bruno D. ist genau die, die das Gericht beantworten muss, sollte es Bruno D. verurteilen wollen. Die gültige Definition von Schuld im Strafrecht setzt neben dem Bewusstsein, eine verwerfliche Tat zu begehen, die Möglichkeit und Zumutbarkeit voraus, sie zu unterlassen. Wenn eine dieser Voraussetzungen fehlt, gibt es keinen Schuldspruch. Wenn Bruno D. vorgeworfen wird, ein „mitverantwortliches Rädchen der Mordmaschinerie“ gewesen zu sein, wird man ihm kaum unterstellen können, sich als solches beworben zu haben – die SS war eine von allen Hitlerjungen bewunderte Elitetruppe – ihre Verbrechen an der Front und in den KZ’s waren nicht bekannt. Das hätte Bruno D. erst erkennen können, als er auf dem Wachturm stand. Aber auch nur dann, wenn dieser Junge nach den Jahren der Judenhetze, den HJ- und SS-Indoktrination noch einen moralischen Kompass gehabt hätte, dessen Ausrottung erklärtes Ziel der NS-Jugenderziehung war. Selbst wenn, wie hätte er diesem Dienst danach entkommen können? Die hypothetische Frage des Vorsitzenden, ob er sich denn zur Front gemeldet hätte, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, war unstatthaft. Sie gleicht der Frage an einen angeklagten Nichtschwimmer, ob er den Ertrinkenden gerettet hätte, wenn er hätte schwimmen können. Zu so einer Frage würde es im Gerichtssaal nie kommen, weil einem Nichtschwimmer nicht zugemutet wird, sich in Lebensgefahr zu begeben. Die Antwort hätte keine strafrechtliche Bedeutung, selbst wenn er verneinen würde. Bemerkenswerterweise wird „NS-Angeklagten der letzten Stunde“ zumindest in den Medien vorgeworfen, sie hätten sich „mit genügend Nachdruck“ an die Front versetzen lassen können. Wieso sollte es aber zumutbar und geboten sein, sich von einer sicheren Etappe an eine immer lebensgefährlichere Front versetzen zu lassen? Weil sein Ausharren aufs Äußerste unethisch wäre? Ist die Front eines Angriffskrieges mit dem Verbrennen und Bombardieren ziviler Bevölkerungen denn moralisch weniger verwerflich?

Wolfgang Ahrens, Norderstedt

Bauern in Bedrängnis

16./17. November: Aufstand der Bauern. Sie fühlen sich als ,Buhmänner‘, fordern mehr Mitsprache

Den Bauern geht es schlecht, weil sie finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen. Viele Betriebe sind hoch verschuldet, weil sie ins „Wachsen“ investiert haben. Größere Ställe, größere Maschinen, mehr Tiere, etc. Das taten sie auf ausdrückliches Anraten ihrer Berufsvertretung, dem Deutschen Bauernverband, der immer wieder das „Wachsen oder Weichen“ predigte. Die Banken gaben gerne die Kredite, gab es doch Land als Sicherheit. Inzwischen wissen auch die Bauern und Bäuerinnen, dass es zwischen dem Bauernverband und der vor- und nachgelagerten Agrarindustrie von Futtermittelhandel, Molkereien und Banken, engste Beziehungen und Interessenskonflikte gibt. Viel zu lange haben sie davor die Augen verschlossen. In keinem anderen Land sind Lebensmittel so billig wie in Deutschland. Verbraucherinnen und Verbraucher sind zu großen Teilen bereit, mehr zu zahlen, wenn dafür ihr Trinkwasser sauber bleibt und in ihrer Umwelt noch Vögel und Insekten leben. Schuld am Insektensterben ist eine in die falsche Richtung ausgelegte Agrarpolitik, die eine umwelt- und tiergerechtere Landwirtschaft nicht genug fördert. Solange der Großteil der Agrarsubventionen nach der bewirtschafteten Fläche gezahlt wird und nicht für Produktqualität und die Art ihrer Erzeugung, wird es den Steuerzahlern schwer zu vermitteln sein, warum Landwirte einen großen Anteil ihres Einkommens aus Subventionen beziehen sollen.

Ursula Gröhn-Wittern, Forum für internationale Agrarpolitik e.V.

Junge Künstler entdecken

16./17. November: Große Lindbergh-Retrospektive in Hamburg. Das Museum für Kunst und Gewerbe kündigte seine Ausstellungen für 2020 an

Die „Turnhalle“ des Museums soll „umgebaut werden“, damit man dort „Hausaufgaben machen oder auf einen Zug warten kann“? Früher gab es Kuratoren (wie der legendäre Lichtwark), die begnadete, aber relativ unbekannte, einheimische Künstler förderten. Entweder gibt es in Norddeutschland heute gar keine begnadeten (kunstgewerblichen) Künstler mehr, die es zu entdecken geben könnte, oder unsere postmodernen Kultur-Verantwortlichen sind unfähig oder zu bequem, diese zu entdecken und zu fördern. Unter diesen Umständen warten wir natürlich alle gerne mit dem Geld der Kulturbehörde auf den nächsten (und/oder letzten?) Zug. Und Hausaufgaben macht man übrigens zu Hause.

Dr. Roman Landau

Impfkritikern Gehör schenken

15. November: Kommentar: Ein Sieg der Vernunft. Warum eine Impfpflicht gegen Masern überfällig ist

Ich verfolge die Medienaufarbeitung des Themas Impfpflicht schon sehr lange und bin traurig, denn meine Vorstellung des Umgangs mit Andersdenkenden ist eine andere. Ich würde mir wünschen, dass Impfbefürworter und Impfkritiker ins Gespräch kommen, dass jede Seite sich die Beweggründe der anderen anhört und zu verstehen versucht. Vermutlich wollen alle dasselbe, Gesundheit für sich und ihre Kinder, nur die Wege dorthin unterscheiden sich. Im Moment haben Impfkritiker keine Stimme in den Medien. Was ist das für eine Debatte, in der die eine Seite nicht gehört wird?

Wiebke Maibom, Trittau