Parteien müssen sich ändern

11. November: Fünf Hamburger Bürgermeister im Gespräch

Das Foto auf der ersten Seite versetzt mich 20 bis 30 Jahre zurück: Politiker erklären im Gespräch, wo „es lang geht“ und vor einer (jüngeren) Frau als „Senatschefin“ wird indirekt gewarnt. Angst vor Veränderung ist ein schlechter Ratgeber, wenn es um Zukunft geht. Bei Wahlen sollen zukünftige Politikschwerpunkte und Ziele festgelegt werden, die freie und respektvolle Diskussion über solche Ziele zeichnet eine Demokratie aus. Hamburg (und die ganze eine Welt) braucht ein Umdenken, damit die Stadt und die Erde lebenswert und liebenswürdig bleiben können: Respekt vor anderen und den Gesetzen und Regeln, Teilen von Raum und Ressourcen, Schutz für die Schwachen. Leben ist Veränderung! Auch Parteien müssen sich ändern. Der Wählerwille ist eine Aussage, die gehört und umgesetzt werden, schmerzhaft ausgehalten, beraten und hinterfragt werden muss. Das ist Demokratie. Politische Kompromissfindung ist essenziell und dabei sollen grüne, weibliche Politikerinnen genauso wie gewählte Politiker anderer Couleur, solange sie sich dem Grundgesetz entsprechend verhalten, mitwirken. Sogar als erste Hamburger Bürgermeisterin.

Dr. Susanne Heinrichowski

Höchstrente einführen

11. November: Fataler Kompromiss. Die Beschlüsse der Großen Koalition zur Grundrente sind ungerecht und unglaubwürdig

Das ist doch nur ein zögerlicher Versuch der Altersarmut entgegenzutreten. Was ist mit denen, die es nur auf 33 statt 35 Jahre bringen? Was mit denen, die wegen Kindererziehung zwar viel gearbeitet haben, aber nicht für die Rentenversicherung? Oder jene, die als Freiberufler und Künstler selbstständig ein kleines Rad drehten? Zu einer Grundrente in einem demokratischen Staatswesen gehört auch eine Höchstrente, doch nicht nur für die Arbeitsameisen, sondern für alle Mitglieder dieses Staatswesens, auf jeden Fall auch für Politiker und Beamte.

Theo Waldhauer

Geld sinnvoller einsetzen

11. November: Katholische Kirche will Gotteshäuser verkaufen. Überschuldetes Erzbistum Hamburg leitet folgenreichen Erneuerungsprozess ein

Ein Prozess zwangsläufiger Vernunft: Immer weniger Menschen bekennen sich zur Kirche, die finanziellen Mittel schwinden, da steuert das Erzbistum Hamburg mit dem Verkauf von Gebäuden – auch von Kirchen – gegen. Die evangelische Kirche hat die gleichen Probleme, aber im wohlhabenden Bezirk Volksdorf widersetzt sich eine starke Gruppe der evangelischen Gemeinde seit Jahren mit unglaublicher Hartnäckigkeit solcher Vernunft. Um jeden Preis sollen zwei Kirchen im Abstand von zwei Kilometern erhalten bleiben – die Kirche am Rockenhof und St. Gabriel. Schon eine allein müsste nicht wegen Überfüllung geschlossen werden. Zig Tausend Euro sollen dafür Jahr für Jahr aufgebracht werden, als sei der Erhalt überflüssiger Gebäude Kern des christlichen Auftrages und als könnte man mit dem Geld nicht Sinnvolleres machen. „Die Glaubwürdigkeit von uns als Christen hängt nicht an unseren Gebäuden“, sagte der katholische Erzbischof Stefan Heße. Ach würden die evangelischen Christen von Volksdorf in ökumenischer Vernunft auf ihn hören.

Christoph Lütgert, Hamburg-Volksdorf

Intelligenz als Triebfeder

9./10. November: Leserbrief der Woche: Hamburg wird verschandelt und 2./3. November: Warum Grüne gegen Einfamilienhäuser sind

Beispielhaft zeigt die Leserbriefschreiberin, welch ungeahnte und unberechenbare Auswirkungen aktuelle, politische Entscheidungen in Stadt und Land haben. Triebfeder dieser Vorgehensweise ist ausnahmslos das Stichwort „Wachstum“. Zugegeben, anwachsende Einwohnerzahlen erfordern beispielsweise mehr Wohnraum und ansteigenden Warenbedarf. Aber müssen deshalb größere Schiffe unter höheren Brücken durchfahren? Müssen daher Grünflächen für zusätzlichen Wohnraumbedarf geopfert werden? Oder geht es auch anders? Meine Antwort: Ja, es geht anders: Es geht nicht ohne Politiker, aber nur mit Wissenschaft. Und bitte ohne Lobbyisten. Moderne Technologien können, wenn sie clever eingesetzt werden, beispielsweise zu ungeahnten, schnelleren und effektiveren Transportlösungen führen. Oder alternativ: Wenn heute schon über kilometerweite Distanz Chirurgen einen Patienten operieren, dann ist es auch möglich, Maschinenteile oder Textilwaren per Fernsteuerung über Kontinente hinweg zu produzieren. Für die Bedenkenträger: Die regionale Arbeitskraft wird zur Überwachung der Produktionsgeräte eingesetzt – die digitale Transformation findet statt. Was für den Transport gilt, kann auf alle andere Bereiche übertragen werden. Zugegeben, nachdenken muss man schon. Und die noch nie gedachten Gedanken müssen als innovative Idee auf ihre Realisierbarkeit hin konstruktiv überprüft werden. Das Wachstum der Wirtschaft kann und darf nicht das Gesamtziel sein, sondern die clevere, pfiffige Idee für die kluge Lösung einer Aufgabe. Nur gemeinsam mit wissenschaftlicher Kompetenz werden Politiker dann in der Lage sein, Regulierungen und Reglementierungen durch konstruktive und intelligente Entscheidungen ersetzen zu können. Statt Wachstum könnte Intelligenz und Stabilität die Triebfeder der Wirtschaft sein.

Hannes Westphal

Nicht zu Ende gedacht

11. November: Scholz will Männervereinen Gemeinnützigkeit entziehen

Ach so, Herr Scholz, Sie möchten also auch Mädchen in Knabenchören sehen, wo Jungen „unter sich“ endlich zum Singen gebracht wurden, zum Wohl ihrer kreativen Entfaltung und Persönlichkeitsentwicklung. Das ist keine antifeministische Haltung, sondern ein Weg zu einer nachhaltigen musischen und sozialen Bereicherung unserer Gesellschaft. Möchten Sie im Umkehrschluss auch Jungs in Mädchenchören sehen und hören? Wie mögen das wohl die Chormitglieder, Musiker und Chorleitungen sehen? Haben Sie über Ihren Vorschlag, jenen Vereinen die Gemeinnützigkeit generell abzuerkennen, die nur männliche Mitglieder aufnehmen, in aller Konsequenz nachgedacht?

Rolf Zuckowski,

Schirmherr des Chors „DIE JUNGS“

Hauptwirtschaftsfaktor Auto

9./10. November: Ein Griff in die Speichen. Klimakrise, Hymnen aufs Rad und viele grüne Regierungsjahre haben Hamburgs Fahrradverkehr nur wenig vorangebracht

Der SPD-Senat, ebenso wie jeder halbwegs volkswirtschaftlich gebildete Bürger weiß, dass Hamburg mit der avisierten Fahrradwegstruktur in die Bedeutungslosigkeit versinken würde. So werden Gott sei dank Finanzen für überlebenswichtigere Projekte eingesetzt. Statt Flanier-Luxus-Meilen in den angesagten und anderen Stadtteilen für sehr viel Geld zu installieren und auf Straßen zu verlegen, könnten für einen Bruchteil jede Menge vorhandener Radwege in Ordnung gebracht werden. Eine weitere Alternative, der ÖPNV, könnte mit den Geldern die Preise so attraktiv machen, dass man ohne Vorschrift à la Planwirtschaft auskommt und nicht ganze Branchen, inklusive die bereits im Sinkflug begriffene Hafenwirtschaft, ruinieren würde. Abgesehen von dem Aufwand für eine Gruppe gesunder, Kälte- und Nässeunempfindlicher jeden Alters, ohne Fahrausbildung, oder gar technische Prüfung sollten wir uns hüten, unseren Hauptwirtschaftsfaktor, die Autoindustrie in irgendeiner Form, fortwährend schlecht zu reden.

Rolf Reiser

Vier Monate warten für Rezept

9./10. November: 20 Stadtteile ohne Hausarzt: Wo in Hamburg Mediziner fehlen

Wenn wir so gut mit Ärzten versorgt sind, frage ich mich, warum ich auf einen Facharzttermin grundsätzlich drei bis vier Monate warten muss (gleich, ob Haut, Neurologie, Orthopädie usw.). Da bekommt man dann irgendeine apparative Untersuchung und ein Rezept. Das war’s. Von „Behandlung“ kann keine Rede sein.

Christoph Helms