Wo ist es in Hamburg am besten? Wir versuchen es herauszufinden. Aber auch Sie haben wir um Ihre ganz persönliche Meinung gebeten.

Das Dorf gibt es nicht mehr

Zum Stadtteil Ottensen

Ich bin Jahrgang 1962, in Ottensen geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen. Also habe ich eine lange Phase der Stadtteilentwicklung selber miterlebt. Mehr noch meine Mutter, die Jahrgang 1935 war und ihr ganzes Leben in Ottensen verbracht hat. Übrigens immer stolz darauf, dass in ihrem Personalausweis noch als Geburtsort Altona und nicht Hamburg stand. Durch ihre Erzählungen habe ich auch einen tieferen Einblick in einen noch längeren Zeitraum der Entwicklung des Areals.

In Ihrem Artikel über Ottensen werden die kleinen Inhaber geführten Läden sehr hervorgehoben. Nun mag es sein, dass der Autor jeden Tag Gummibärchen oder Hängematten oder Schreibwaren kauft. Anscheinend ist er auch noch gut zu Fuß oder nutzt ein Fahrrad. Ich habe an der Donnerstraße gelebt, dort hatten wir noch viele kleine Läden für den täglichen Bedarf um die Ecke an der Arnoldstraße oder Fischers Allee. In etwa fünf Minuten zu Fuß waren drei Schlachtereien, vier Lebensmittelgeschäfte, zwei Bäckereien, zwei Konditoreien, zwei Obst und Gemüseläden, ein Möbelgeschäft, ein Zoogeschäft, zwei Spiel- und Papierwarenläden, Friseur, Textilreinigung, Apotheke, Drogerie und ein Tabakwarenladen. Heute kann man dort zwar überall Kaffee trinken, aber keine Waren des täglichen Bedarfs mehr erwerben. Wer heute dort wohnt, hat als nächsten regulären Supermarkt Edeka im Mercado.

Vor 30 Jahren hätte man den Menschen noch Geld geben müssen, um nach Ottensen zu ziehen. Nicht ohne Stolz nannten wir den Stadtteil immer Mottenburg, so hieß er im Volksmund. Die großen Altbauwohnungen, meist Grundriss „Hamburger Knochen“, hatten überwiegend noch Ofenheizung und kein Bad. Wer es sich leisten konnte, ließ auf eigene Kosten die Speisekammer von der Küche abgehend in eine kleine Dusche umbauen, Platz für ein Waschbecken hatte man aber nicht, dafür musste weiterhin die Küchenspüle herhalten. Erst mit der moderneren Technik konnten sich die Mieter auf eigene Kosten Gasetagenheizungen oder E-Heizung einbauen lassen. Die Hausbesitzer hatten nicht das Geld für solche Modernisierungen oder hätten die Aufwendungen durch die Mieten nie wieder hereinbekommen.

Erst als Mitte der 70er-Jahre Ottensen vom Senat zum Sanierungsgebiet erklärt wurde, verschwanden auch die in vielen Häusern noch vorhanden Toiletten auf halber Treppe im Treppenhaus. Damit verschwanden aber auch viele Arbeitsplätze in Ottensen, nun war es ein reines Wohngebiet geworden. Handwerker, die jahrzehntelang ungestört ihren Betrieb in den Hinterhöfen hatten, wie Tischlereien oder Schlossereien wurden vertrieben. Die Bäcker hatten nur noch Bestandsschutz bis zu einem Besitzerwechsel, dann war auch die Backstube hinter dem Laden nicht mehr erlaubt.

Die großen Betriebe wie Zeise Schiffsschrauben, Ottenser Eisenwerke, Menk& Hambrook oder Haller & Meurer verschwanden. Und wieder war ein Teil des Dorfes, wo Leben und Arbeiten noch zusammengehörten, verschwunden. Übrigens beklagt der Autor den Mangel an Genossenschaftswohnungen in Ottensen. Dies ist aber so auch nicht richtig. An der Rothestraße, Großen Brunnenstraße und Plankstraße etwa hat der Bauverein der Elbgemeinden Wohnungen und die Altoba hat das ganze Viertel am Hohenzollernring, Windhukstraße, Harmsenstraße usw. Dieses Gebiet gehört auch zu Ottensen.

Kommen wir zum Freizeitangebot, ich selber habe als Kind auch im Fischers Park oder Rathenaupark gespielt, oder wir gingen, schon etwas älter, runter an die Elbe. Wobei ich mich frage, warum nicht mal durch eine Tafel auf die wechselhafte Geschichte des Fischers Park hingewiesen wird. Dort waren nach den Erzählungen meiner Mutter früher Ausstellungshallen, die im Krieg dann als Kriegsgefangenenlager dienten. Die Gefangenen wurden von dort jeden Morgen in Kolonnen zur Arbeit geführt. Aber das nur nebenbei. Nein, ich möchte heute nicht mehr in Ottensen leben. Das Dorf, das ich als Kind und Jugendlicher dort hatte, wo noch fast jeder jeden kannte, sei es durch die Arbeit oder die Schule, gibt es nicht mehr. Das Dorf, das man nur ein- oder zweimal im Jahr verließ um „in die Stadt“ zu fahren zum Einkaufen, mehr war nicht nötig, alle Waren waren vor Ort auch zu kaufen, das gibt es nicht mehr. Das Dorf, wo man kein Internet brauchte, weil alles entweder persönlich erledigt wurde. Wer etwas zu verkaufen oder zu verschenken hatte, tat dies durch einen Aushang im Kasten beim Tabakwaren und Zeitungshändler kund, das gibt es nicht mehr.

Jürgen Bolle

Eine kleine Oase

Zum Stadtteil Alsterdorf

Wir haben gerade einen Spaziergang am Alsterwanderweg gemacht und etwas Wunderschönes entdeckt: den Hobbyimker Torsten Hohlfeld, der eine Parzelle zwischen Alsterdorfer Damm und Studentenwohnheim auf Höhe der großen Bucht hat, dort fünf Bienenvölker hält und Honig verkauft. Eine kleine Oase in unserem wunderschönen Alsterdorf. Hier ist die Welt noch ein bisschen in Ordnung.

Bärbel und Reinhard Kupfernagel

Schnellstes Bauprojekt

Zum Stadtteil Osdorf

Eine Besonderheit des Stadtteils Osdorf ist die Siedlung am Orchideenring, eine ehemalige Kleiderkammer der Bundeswehr. Für die Neunutzung dieser „Friedensdividende“ wurde im Jahr 2000 auf Grundlage eines studentischen Wettbewerbs an der damaligen Hochschule für Künste ein Investorenwettbewerb ausgeschrieben, der im Kern preislimitiertes Wohnen im Eigentum und eine Ausrichtung der Haupterschließung auf die östlich angrenzende Bugenhagenkirche forderte. Vorbild war das „badische Einheimischenmodell“, nach dem Einheimische Wohnbaugrundstücke zu reduzierten Preisen erhielten.

Unter 40 Investoren-Bewerbern ging ein Unternehmen aus dem Hamburger Umland als Sieger hervor. Für die 150 preis­limitierten Reihenhäuser bewarben sich 450 junge Familien, auf die der Wettbewerb zielte. Schnell stellte sich heraus, dass in die neue Siedlung von 2001 an mehr kinderreiche Familien einzogen als erwartet. Binnen eineinhalb Jahren wurde deshalb am Knabeweg auf einem früheren Verkehrsübungsplatz von der städtischen GWG eine Kindertagesstätte errichtet.

Die Siedlung Orchideenring ist als preislimitiertes Angebot an junge Familien bisher das einzige Projekt dieser Art in Hamburg geblieben. Sie wurde von den Sparkassen Schleswig-Holsteins als Modellprojekt­ anerkannt. Sie ist auch eines der schnellsten Wohnungsbau­projekte in Hamburg geblieben: Studentischer städtebaulicher Wettbewerb und Investorenwettbewerb im Jahr 2000, Fertigstellung des 1. Bauabschnitts im Frühsommer 2001. Auf einen Bebauungsplan wurde verzichtet.

Reinhold Gütter

Schubladendenken

Zum Stadtteil Osdorf

Vor gut zweieinhalb Jahren sind mein Mann und ich aus Flensburg nach Hamburg gezogen, um unseren Ruhestand etwas unruhiger zu gestalten. Wir haben eine bezahlbare Wohnung in Osdorf gekauft und fühlen uns – am Rande des Borns – sehr wohl. Was mir aber aufgefallen ist, seit wir in Hamburg wohnen, ist Folgendes: Wenn man Menschen hier kennenlernt, ist eine der wichtigsten Fragen, aus welchem Stadtteil man kommt. Warum ist das so wichtig? Um in die passende Schublade gesteckt werden zu können? Ist es nicht interessanter, dass wir zusammen fünf Kinder und acht Enkelchen haben, ein interessantes Leben mit spannenden Berufen (Chirurg und OP-Schwester) hinter uns haben? Von anderen Bekannten habe ich erfahren, dass auch sie immer zuerst gefragt werden, wo sie in Hamburg wohnen. Und so werfe ich dem Abendblatt vor, dass mit dieser Serie das vorherrschende Schubladendenken noch verstärkt wird. Und das finde ich schade. Das hat die schönste Stadt der Welt nicht nötig. Und ihre Bewohner – egal aus welchem Stadtteil – auch nicht.

Gabriele Both

Drei Persönlichkeiten fehlen

Zum Stadtteil St. Georg

Eine schöne Idee, Hamburgs Stadtteile vorzustellen. Vor allem: Vieles ist unbekannt; neue Entdeckungstouren locken. Bei der St.-Georg-Reportage fehlen für mich drei Persönlichkeiten, die die Seele St. Georgs widerspiegeln – gerne als Ergänzung: Die Publizistin und Autorin Peggy Parnass, die seit Jahrzehnten an der Langen Reihe lebt; Tita Do Rego Silva, die brasilianische Künstlerin an der Koppel und Maren Cornils, die Architektin, die spannende Stadtteiltouren organisiert.

Rainer Neumann

Raakmoor blieb unerwähnt

Zum Stadtteil Langenhorn

Zu Ihrem Stadtteilporträt über Langenhorn: Der prozentuale Anteil der Veganer ist sicher nicht so hoch, dass er sowohl im Block als auch im Text erscheinen muss. Wenn ein Restaurant, dann doch das sehr lang ansässige Wattkorn, einstmals betrieben vom legendären „Storchenvater“ Schwen, und immer gut besucht. Vom Raakmoor, zum Teil zusammen und auf Veranlassung von Loki Schmidt liebevoll renaturiert, hat der Autor genauso wenig gehört wie von der preisgekrönten „Fritz-Schumacher-Siedlung“. Auch der mit großem Aufwand restaurierte und damit barrierefreie U-Bahnhof Langenhorn-Nord hätte Erwähnung verdient.

Harald und Helga Breustedt

Wo Rehe an der Alster äsen

Zum Stadtteil Poppenbüttel

Ich bin als waschechte Hamburger Deern in Niendorf groß geworden und lebe seit der Heirat 2004 mit meiner großen Liebe in diesem wunderbaren Stadtteil Poppenbüttel! Jeden Morgen in der Woche genieße ich beim Joggen mit meiner Hündin am Alsterlauf die Natur hier. Liebe den Kupferteich am Treudelberg und unseren kleinen „Grand Canyon“ am Alsterlauf auf der Höhe zwischen Schloss Hohen Linden an der Alten Landstraße und Randel an der Wellingsbütteler Landstraße. Hier haben wir Radtouren, Kinderschatzsuchen mit Booten, Spaziergänge und auch Badesessions eingelegt. Wenn ich morgens vor sieben Uhr an den Alsterlauf gehe, entdecke ich auch ganz oft Rehe, die genüsslich äsen.

An der Poppenbütteler Schleuse kann man sich die einzige Burg in Hamburg anschauen und hat hier stadtnah Natur pur. Zusätzlich findet man in Poppenbüttel das schönste Einkaufszentrum mit kulinarischen Genüssen, toller Mode und hübschem Publikum. Quasi ein Eppendorf mit EKZ-Form. Auch die Restaurantlandschaft ist in Poppenbüttel vielfältig. Vom Stocks an der Alsterschleife über das Locks bis hin zu einem der tollsten Italiener, San Daniele. Zusätzlich möchte ich noch auf natürlich die besten Hockeyclubs hier im Norden aufmerksam machen. Als echte Hamburger üben die Kinder natürlich diese Sportart aus. In Poppenbüttel finden Sie Reetdachhäuser, Villen und Kaffeemühlen in ihren hübschesten Ausprägungen. Ebenso wie Bauern- und Reithöfe. Auch für das Entertainment der Kinder ist bei schlechtem Wetter mit dem JumpHouse gesorgt.

Céline Mohnssen

Mehr als Locks und Stocks

Zu Stadtteil Poppenbüttel

Entschuldigung, Herr Heinemann, welchen Zaubertrank hatten Sie denn geschlürft, als Sie Ihren Artikel – eher Lobeshymne – über Poppenbüttel schrieben? Im täglichen Gewimmel der Menschen verschiedenster Herkunft auf der S-Bahn-Brücke, die ich fast täglich überquere, habe ich noch nie Zauberschüler entdeckt, und der Bahnhof gefiel mir besser, als ihn noch ein Windanzeiger in Schwanenform zierte. AEZ, Locks, Stocks, Miniaturburg Henneberg, gut, aber gehören nicht auch der Poppenbüttler Markt, Moorhof, das Plattenhaus u. a. m. dazu? Der Ring 3 hat Richtung Bäckerbrücke einiges Gefälle, aber selbst die Straße Poppenbütteler Berg ist nicht besonders steil. Was Sie im Stil von Else Ury (Nesthäkchen) beschreiben, ist das nördliche Alstertal, und das ist wunderbar, vor allem an schönen Sommertagen, unbestritten, auch wenn sich dann Jogger, Radfahrer, Hundeführer, Senioren mit Stöcken und Kinderwagen schiebende Eltern manchmal etwas in die Quere kommen. Doch das führt ja auch durch Hummelsbüttel, Lemsahl Mellingstedt usw. Ein bisschen mehr Sachlichkeit, bitte!

Regina Heurich

Lebendige Geschichte

Zum Stadtteil Rissen

„Rissen für alle! Mitmachen. Mitgestalten. Mittendrin.“ – 32 Rissener Initiativen, Vereine und Einrichtungen stellen sich vor und laden zum Mitmachen ein. Diese Broschüre zeigt die vielen unterschiedlichen Seiten von Rissen und die vielfältigen Angebote, die es hier gibt – für Kinder und Senioren, für Singles und ganze Familien, für Alteingesessene und Neu-Rissener. Die Broschüre wurde vom Stadtteilmanagement Rissen und dem Forschungsprojekt TransZ produziert und ist kostenlos als Printversion und online erhältlich. Die Onlineversion finden Sie auf www.rissen.de. Die Projektgruppe „Stadtteilgeschichte und Identität“ trifft sich am 30. Oktober zum siebten Mal – um 16 Uhr im Vor-Ort-Büro des Stadtteilmanagements Rissen am Grete-Nevermann-Weg 24. Sie entwickelt und realisiert gemeinsam Ideen und Aktivitäten, wie die Rissener Stadtteilgeschichte lebendig und erlebbar gemacht werden kann. Weitere Interessierte sind herzlich willkommen! Bitte melden Sie sich für weitere Informationen unter rissen@transz.de

Stefan Kreutz

Sportverein gehört auch dazu

Zum Stadtteil Hummelsbüttel

Schade finde ich, dass Sie den Hummelsbütteler Sportverein von 1929 mit keinem Wort erwähnt haben. Das Angebot des Vereins ist groß und reicht über Fußball, Kinder- und Leistungsturnen, Judo, Walking bis hin zum Gesundheits- und Seniorensport. Hier ist das Engagement von Ehrenamtlichen sehr groß. Dann gibt es noch einen Heimatverein, die Christophoruskirche, und in der Tanzschule Ring 3 haben die meisten Hummelsbütteler Jugendlichen ihre ersten Tanzschritte ausgeführt. Natürlich ist mir bewusst, dass ein Bericht nie den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, aber für mich gehören auch die aufgeführten Vereine und die Kirche zu meinem Stadtteil Hummelsbüttel.

Erika Kahle