Der Staat braucht das Geld

27. August: Die Neiddebatte der SPD. Diskussion über die Vermögenssteuer führt ins Leere und vergrault die Mitte der Gesellschaft

Ihr Leitartikel ist ziemlich unglücklich formuliert und zwar in mehrfacher Weise: Erstens ist es so, dass die SPD schon länger über eine Vermögenssteuer nachgedacht hat. Das wurde auch von den Medien zur Kenntnis genommen. Selbst wenn die nächsten Wahlen bevorstehen, ist es legitim und hat nichts mit Getöse zu tun. Zweitens weiß so gut wie jeder, der sich in den letzten Jahren mit dem Thema befasst hat, dass die Schere zwischen Arm und Reich sehr groß geworden ist. Selbst Leute, die von ihrem Vermögen leben, sagen, dass Superreiche zu wenig Steuern bezahlen. Drittens finde ich es nicht schlimm, dass die SPD erstmal keine konkreten Einzelheiten nennt, da es viel zu bedenken gibt. Und viertens werden die Bürger des Mittelstandes durch den Wegfall des Soli entlastet. Der Staat braucht nun mal das Geld, um die Schulden der Vergangenheit zu tilgen.

Gisela Seib, Hamburg-Eidelstedt

Überschuss in der Kasse

Aktuell wurden gerade die Zahlen bekannt, die unser Staat an Steuern und Sozialabgaben eingenommen hat. Dabei wurde offenbar, dass wir einen Überschuss von 45 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Geld, dass man den Bürgern abgenommen, aber nicht ausgegeben hat. Wie kann man in so einer Situation pausenlos von der Erhebung neuer Steuern reden, kann man nicht einmal darüber nachdenken, dass der Staat für ein ausgeglichenes Budget zu sorgen hat?

Christiane Dornecker

Zu früh kritisiert

Seit 50 Jahren bin ich treuer Leser, und es gab in dieser Zeit gelegentlich mal Kommentare im Abendblatt, die mir die Zornesröte ins Gesicht steigen ließen. Jetzt ist es mal wieder so weit. Schon auf der ersten Seite des SPD-Papiers steht: „Wir brauchen eine vernünftige Besteuerung sehr großer Vermögen, es geht um Multimillionäre und Milliardäre.“ Was bitte spricht dagegen, und wieso kann man damit die Mitte der Gesellschaft vergraulen? Was spricht dagegen, diese Steuern für bezahlbares Wohnen und für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu nutzen, um deren Steuern zu senken? Der Autor bemängelt, dass Papier enthalte nicht viel mehr als heiße Luft, bezeichnet das Konzept als nebulös und kritisiert das Fehlen von genaueren Angaben. Dabei enthält das Papier sehr wohl Eckpunkte und Erläuterungen, deren Bedeutung mit normalem Menschenverstand gut zu verstehen ist. Auch wird dem Leser der alles entscheidende letzte Satz des Papiers verschwiegen, der lautet: „Wir werden im nächsten Schritt auf der Grundlage dieser Eckpunkte einen konkreten Vorschlag zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer erarbeiten.“ Auf diesen nächsten Schritt sollte man als seriöser Kritiker schon warten, bevor man ungeeigneter Bezeichnungen wie Neiddebatte bedient.

Jens Kiesel

Schade um Narzissenblüte

27. August: Binnenalster verschönern – aber behutsam. Stadtentwicklungsbehörde stellt erste Ideen aus Machbarkeitsstudie vor

Wer da meint, die Böschung am Ballindamm zugunsten von noch mehr Beton abtragen zu müssen, kann dort noch nie zurzeit der Narzissenblüte vorbeigegangen sein und das vielseitige Spiel der Vögel beobachtet haben. Ist vom Schreibtisch aus auch nicht zu sehen. Ich wäre schon dankbar dafür, wenn der abgesenkte Gehwegbereich von der Ecke Jungfernstieg zur U-Bahn-Station, parallel zum Ballindamm, endlich vom Dreck befreit würde, um diesen Schandfleck der City zu beseitigen. Dafür bedarf es keiner Stadtentwicklungsbehörde und keiner Machbarkeitsstudie, sondern nur einer funktionierenden Stadtreinigung.

Bernd Rachold, Hamburg-Schnelsen

Langeweile am Ballindamm

Nach der gefühlt zehnten „Schönheitskur“ des Gänsemarktes, ohne echte Aufenthaltsqualität, ist zu befürchten, dass sich die gähnende Langeweile an Ballindamm und neuen Jungfernstieg fortsetzt. Leider haben die Planer außer der obligatorischen Versiegelung und den Gastronomiepavillons nichts zu bieten. Verschönern lassen sich Flächen unter anderem durch Blumenkübel und ordentliche Sitzgelegenheiten. Zur Belebung des vorwiegend durch Büros geprägten Bereichs um die Binnenalster kann nur ein höherer Wohnanteil sowie ein interessanterer Branchenmix mit kleinen Geschäften beitragen, was sich aber aufgrund der astronomischen Mieten nicht realisieren lässt. Deshalb kann getrost auf die Planung verzichtet werden, denn sie wird die Hamburger Innenstadt weder attraktiver machen noch mehr beleben.

Stefan Bick​​

Jatta sollte pausieren

27. August: Jatta und kein Ende. Nach den unsäglichen Pfiffen in Karlsruhe legt der KSC Einspruch gegen HSV-Sieg ein, Berater Aktas prangert Rassismus an. Dem HSV droht derweil ein Millionenschaden

Wem tut man zurzeit einen Gefallen damit, dass Jatta spielt? Sollte man ihn nicht lieber bis zur endgültigen Klärung seiner Identität pausieren lassen? Ist Jatta wirklich für einige Spiele so unverzichtbar? Das Verhalten des HSV finde ich unverantwortlich, auch wenn der Supergau – mögliche Punkteabzüge – eher unwahrscheinlich ist. Im Übrigen: Integration und Anti-Rassismus sind wichtige Eckpfeiler unserer Gesellschaft, aber sind deswegen Gesetzestreue und Ehrlichkeit als „nur noch“ Sekundärtugenden zu vernachlässigen?

Norbert Schäfer

„Jensen-Plan“ ist Alternative

26. August: Hauptstraßen werden Lebensräume. Mehr Platz für Fußgänger: Architekten entwickeln beim Internationalen Bauforum Ideen für Magistralen der Stadt

Das Internationale Bauforum offenbart ein gewaltiges Manko: Der Ausbau der Magistralen führt zu einer deutlichen Verstärkung des Individualverkehrs. Da die Hauptstraßen keine schienengebundenen ÖPNV-Trassen enthalten, quälen sich die Busse auf den gleichen Flächen wie der private Autoverkehr. Konsequent wäre es, die bisher von der Politik verschmähte Stadtbahn in den Magistralen aufleben zu lassen. Doch die daraus folgende spinnennetzförmige Struktur könnte nur mit immensem Aufwand zu einem zusammenhängenden Netz zusammenführt werden. Eine echte Alternative zu den Magistralen mit ihrer Verstärkung des Individualverkehrs ist der sogenannte „Jensen-Plan“, verwirklicht in München von dem Städtebau-Professor Jensen. Bei diesem Plan werden die zentrifugalen U- und S-Bahnhöfe als städtebauliche Schwerpunkte geplant: Die nähere Umgebung der Bahnhöfe wird mit erheblich höherer Baunutzung ausgestattet und mit den notwendigen Folgeeinrichtungen bestückt. Infolgedessen können die zu planenden Wohngebäude mit weniger Einstellplätzen ausgestattet werden, da der ÖPNV vor der Tür liegt. „Das eine tun und das andere nicht lassen“ war schon immer eine konstruktive Strategie. Magistralen-Ausbau und „Jensen-Plan“ schließen einander nicht aus. Unabdingbar aber ist eine erhebliche Vergrößerung des Städtebau-Planungspersonals, sowohl auf Bezirks-als auch auf Senatsebene.

Wolfgang Emmerich, Architekt

Beispiel Chicago

23. August: Freier Eintritt in Hamburgs Museen. An mindestens einem Sonntag im Monat soll der Besuch künftig kostenlos sein

In Hamburgs Partnerstadt Chicago wurde schon vor mehr als zehn Jahren durch Gesetz bestimmt, dass alle mit öffentlichen Mitteln geförderten Aquarien und Museen Schulklassen in Begleitung ihres Lehrers sowie den Einwohnern des Staates Illinois an 52 Tagen im Jahr kostenfreien Eintritt zu gewähren haben. Zur Finanzierung von Sonderausstellungen in abgegrenzten Teilflächen darf Eintritt erhoben werden. Die Museen und das Aquarium legen diese Tage eigenständig fest und informieren die Öffentlichkeit. Die meisten haben gesonderte Ausstellungen, für die Eintritt zu zahlen ist, aber weite Teile sind kostenfrei zu besichtigen.

Dietmar Lantz