Nur Verbote helfen

21. August: Umparken im Kopf. Damit die Verkehrswende gelingt, braucht es keine Verbote, sondern positive Botschaften

Seltsam, anders als die im Leitartikel angeführten Deutschen möchte ich persönlich sehr gern zu umweltfreundlicherem Verhalten gezwungen werden. Ich warte dringend auf Verbote wie Fahrverbote, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Begrenzung des zulässigen Spritverbrauchs von Autos, Verbot von Massentierhaltung, Inlandsflügen, Plastikverpackungen, der Einfuhr von besonders umweltschädlichen Produkten und ähnliches. Denn nur bei einem Verbot wäre ich sicher, dass mein Verzicht tatsächlich eine Auswirkung auf Klima und Umwelt hat. Was bringt es, wenn Einzelne hierzulande weniger Fleisch essen, die Fleischindustrie dann aber munter weiter für den Export produziert? Grundsätzlich ist es außerdem so, dass diejenigen, die sich umweltschädigende Produkte und Verhaltensweisen finanziell leisten können, davon auch durch eine Verteuerung kaum abzubringen sein werden. Da helfen dann nur Verbote, die konsequent überwacht werden. Die Angst vor einer Enteignung von Autobesitzern ist unverständlich, da doch Verbote von Verbrennungsmotoren im nächsten Jahrzehnt nur Neuzulassungen betreffen sollen. Die werden dann, um massenhaften Absatz zu finden, für ähnliche Käuferschichten wie heute erschwinglich sei.

Renate Ahrens

Nur die halbe Wahrheit

21. August: Der Bankchef, der aus der Krise fand. ,Entscheider treffen Haider‘ – heute mit Stefan Ermisch, der aus der HSH Nordbank die Hamburg Commercial Bank gemacht hat

In Ihrem Interview wird Herr Ermisch mit folgender Aussage zitiert: „All das, was so schlimm an Verlusten der HSH Nordbank bis zum Jahr 2018 aufgelaufen ist, lag schon 2009 auf dem Tisch“. Das ist nur die halbe Wahrheit: Die Entscheidung von Vorstand und Politik im Jahre 2008/2009 war richtig, bei dem Wertpapierportfolio abzuwarten, bis sich die Kapitalmärkte erholt hatten. Aber es war falsch, nach 2009 bei dem Kreditportfolio der Schifffahrt auf bessere Zeiten zu warten. Der Vorstand der Bank und die Politik hatten 2010/2011 die Chance, das Portfolio und damit potenzielle Verluste abzubauen: Stattdessen haben sie in falscher Einschätzung der Marktentwicklung die Garantien für die Bank abgesenkt (um sie später wieder aufstocken zu müssen). So rutschte die Bank mit einem viel zu großen Kreditportfolio nach der Finanzkrise über die Konjunkturkrise in die strukturelle Schifffahrtskrise, die sich in voller Wucht erst nach 2014 abzeichnete. Die dadurch entstandenen Verluste haben viele Ursachen. Sie liegen aber nicht ausschließlich in der Verantwortung der vor 2010 handelnden Personen.

Dr. Wolfgang Peiner, von 2001 bis 2006 Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg

Pech für die AfD

21. August: Interview: Warum ist die AfD in Hamburg so schwach?

Diese Frage ist leicht zu beantworten. Hamburg ist wie kaum eine andere Stadt stark geprägt von einem toleranten wie aufgeklärten und linksliberalen Bildungsbürgertum, das von rechts außen agitatorisch hochstilisierte Problemlagen mit ablehnender Skepsis begegnet, also nicht wie erhofft adaptiert, sondern als Ausdruck erwünschter, bunter Vielfältigkeit einer progressiven Subkultur versteht, die längst als Markenkern der Stadt anzusehen ist. In Hamburg dominiert traditionell ein Klima von intellektuellem laissez faire, dass wie ein Bollwerk einer geschlossenen AfD-Ideologie diametral gegenübersteht. In diesem legeren Gesellschaftsklima der breiten Mitte ist es für bemühte, aber im Grundton stupide Rechtsausleger der Marke AfD natürlich immens schwer zu gedeihen. Ein nahezu vergebliches Unterfangen, dem längerfristig kaum Aussicht auf Erfolg beschieden sein dürfte. Der Schill-Hype erscheint dem Hamburger Wähler bis heute noch immer wie ein Albtraum, als das gedankenlose Rühren in der rechtspopulistischen Brühe schließlich jähem Entsetzen wich. Dieses dunkle Kapitel peinlicher Verirrungen der Wählerschaft an Elbe und Alster ist nur noch Legende und zugleich fortwirkende Mahnung. Pech für die AfD, Glück für die Stadt!

Thomas Prohn

Große ästhetische Vielfalt

20. August: Große Sorge um Gründerzeithäuser. Das Bauforum soll Ideen für Magistralen wie die Osdorfer Landstraße entwickeln. Denkmalverein fordert ein Konzept für Umgang mit Altbauten

Was macht eigentlich den Charme dieser Häuser aus? Es ist ihre Individualität, die Unverwechselbarkeit ihrer Gestalt. Sie sind damit für ihre Bewohner und für den Stadtteil identitätsstiftend. Gerade weil sie häufig nicht aus „einem Guss“ sind, bieten sie eine große ästhetische Vielfalt, und die benötigen Menschen, um visuell in ihrer Umwelt Wohlbehagen zu empfinden. Architektur wird in Hamburg zurzeit nur noch quantitativ gedacht: Die magische Zahl ist die der Baugenehmigungen. Dass die Stadt mit jedem Bau auch gestaltet wird, scheint völlig vergessen zu sein. Geht es um architektonische Qualität, redet man von der Anzahl der WCs in der Wohnung, ob es einen Fahrstuhl gibt, wie Räume geschnitten sind. Zugegeben, das sind alles wichtige Dinge, aber Architektur gestaltet eben auch die Welt nach außen. Rasterfassaden, Monotonie, Wiederholung und Einfallslosigkeit prägen das Gesicht der allermeisten Neubauten in erschreckender Weise, als ob man nicht gestalten gelernt hätte. Dazu kommt die Größe der Häuser: Es ist langweilig, 50 Meter an der immer gleichen Fassade entlangzulaufen, es ist langweilig, vom ersten bis siebten Stock genau die gleichen Elemente zu sehen. Der Hinweis auf Bauhausarchitektur in diesem Zusammenhang ist völlig unangemessen: Gerade dort findet man das feinsinnige Spiel von Form, Größe und Lage der einzelnen Elemente zueinander. Genau die schaffen dann die oben angesprochene Individualität. Man kann eine Stadt zubauen, man kann ihre Gestalt auch gleichzeitig noch „zerbauen“. Hamburg ist auf dem Weg, beides zu tun.

Bernt Grabow

Reduzieren statt verbieten

20. August: Recycling: Was Hamburger falsch machen

Man sollte im Leben immer versuchen, die kleinsten Übel zu wählen, denn perfekte Lösungen gibt es leider selten. Was ist also schädlich an einem schon benutzten Material und was noch nützlich? Und wie und wo sollten wir es deshalb entsorgen oder sogar verbieten? Es wäre z.B. einfacher, billiger und umweltschonender zugleich, wenn man Plastik in die graue Tonne zur Verbrennung stecken würde und nur Metalle zur Wiederverwertung in die gelbe: Weniger Aufwand beim Aussortieren, weniger Transport in arme Länder, hier und dort weniger energieaufwendige Zweitnutzung und vor allem überall weniger Plastik in Flüssen und Meeren. Stattdessen gäbe es auf kurzen Wegen lokale Gewinnung von Hitze für Industrie und Privathaushalte. Übrigens würde es auch völlig reichen, Tüten, Trinkhalme, Wattestäbchen und Verpackungen für feuchte Waren nur zu reduzieren, immer vernünftig anzuwenden und lange zu benutzen, statt alles einfach ohne Reflexion radikal zu verbieten.

Julia Berendsohn

Mehr Subventionen für HVV

20. August: Neuer Streit um HVV-Preiserhöhung

Ich kann die beabsichtigte Preiserhöhung des HVV vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadiskussionen nicht verstehen, insbesondere auch nicht, dass unser Senat dieses Ansinnen billigt. Wenn wir zu zweit von Winterhude mit dem HVV zum Rathausmarkt fahren, müssen wir für die Hin- und Rückfahrt 12,80 Euro zahlen. Für diese Stecke, mit dem Auto insgesamt weniger als acht Kilometer, verbrauche ich Benzin für deutlich weniger als einen Euro. Da sind dann neben der Bequemlichkeit und der Unabhängigkeit von jeder Witterung auch noch fünf Euro für das Parkhaus und ein leckeres Eis übrig. Wenn die Organisation des öffentlichen Personennahverkehrs zur Daseinsvorsorge gehört, müsste der Senat den HVV im Interesse aller Bürger weit mehr als das heute üblich ist, mit Steuergeldern subventionieren. Gewinne dürften dabei grundsätzlich nicht angestrebt werden.

Dieter Wiedemann