Ein gute Initiative

1./2. Juni: Lebensmittel retten: Hamburg plant Wegwerfverbot für Supermärkte. Bundesweiter Vorstoß von Justizsenator Steffen

Die Initiative des Justizsenators, ein gesetzliches Wegwerfverbot für Supermärkte zu beschließen, ist angesichts der Rechtsprechung unserer Gerichte, die fälschlicherweise das Herausholen von Lebensmitteln aus Abfallbehältern als Diebstahl ansehen, sehr zu begrüßen. Allerdings wäre die Diskussion hinsichtlich der Strafbarkeit völlig überflüssig, wenn durch die Rechtsprechung höherer Gerichte eine Strafbarkeit wegen Diebstahls verneint werden würde. Denn es ist völlig lebensfremd davon auszugehen, dass die Supermärkte ihr Eigentum an den von ihnen entsorgten Lebensmitteln nicht aufgeben würden. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen, wenn Hausmüll in Container geworfen wird, um entsorgt zu werden. Für diese Konstellation ist die Rechtsprechung stets davon ausgegangen, dass die Gegenstände herrenlos werden und daher nicht Gegenstand eines Diebstahls sein können. Es wäre daher unnötig, den Eigentumsbegriff im Bürgerlichen Gesetzbuch oder die Straftatbestände im Strafgesetzbuch zu ändern. Das Argument einer Strafbarkeit wegen Diebstahls mit der Entsorgungsabsicht der weggeworfenen Gegenstände zu begründen, geht jedenfalls fehl.

Dr. Claus Rabe, Vors. Richter am LG i.R.

Jeder muss mitmachen

1./2. Juni: Per Kreuzchen den Klimawandel verscheuchen. Grün ist die Hoffnung – und jetzt auch ein Rezept für Wahltriumphe. Allein: Sind wir bereit für die Wende zum Weniger?

Wieder einmal hat Hajo Schumacher ein Problem auf den Punkt gebracht: Die große Chance, die den Grünen durch den hohen Stimmengewinn eingeräumt worden ist, kann schnell wieder verspielt werden. Man erwartet von Ihnen, dass sie schnell „liefern“, was schwer genug sein dürfte. Vielleicht noch schwerer ist aber, dass sie ihre Wähler (und natürlich auch alle anderen Bürger, die ernsthaft an Klimapolitik interessiert sind) überzeugen, dass ein echter Politikwandel kaum zu erreichen sein wird, ohne dass wir alle lernen müssen, Verzicht zu üben bzgl. unserer gewohnten, auf Bequemlichkeit und Luxus beruhenden Verhaltensweisen und Ansprüche. Und das wird ohne grundsätzlichen Bewusstseinswandel nicht funktionieren. Vermutlich auch nicht ohne Verbote.

Peter M. Lange, Henstedt-Ulzburg

Mutige Visionen für Grüne

1./2. Juni: Rote Gelassenheit und eine grüne Sorge. Die Europa- und Bezirksversammlungswahlen haben die politische Kräfteverhältnisse zwischen der SPD und der Ökopartei umgekehrt

Dass sogar diese SPD laut einer Meinungsumfrage der „Zeit“ bei der Bürgerschaftswahl vorn läge, wundert mich bei einer so unambitionierten Frau Fegebank nicht. Dabei wäre die Möglichkeit eines Machtwechsels zum Greifen nah. Mutige Visionen wie eine neue Preispolitik beim HVV (warum nicht einfach ein Euro pro Fahrt?), Nachtflugverbot, Straßenbahnen auf den Hauptverkehrsadern, der Vorschlag der CDU die Wasserwege wieder mehr zu nutzen, autofreie Zonen, statt hier und da mal eine Straße zu sperren, wären machbar. Und die Grünen in der Bezirkspolitik? Hier im Bezirk Wandsbek werden weiter Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiete für Wohnungsbau oder Gewerbe plattgemacht, die rot-grüne Baumbilanz ist negativ, auch dank absurder Aktionen wie Bäume fällen für Busspuren. Die Grünen haben es sich in der Rolle des Juniorpartners längst gemütlich gemacht und bei faulen Kompromissen versteckt man sich einfach hinter der SPD.

Mone Beeck, Rahlstedt

Von der „Wende“ betrogen?

31. Mai: Der unheimliche Erfolg der AfD im Osten. Die Partei am rechten Rand ist in Brandenburg und Sachsen stärkste Kraft geworden. Eine Spurensuche in Spremberg in der Niederlausitz

In einem Land, in dem bis heute die Begriffe Fidschi, Brikett und Pollack für bestimmte Mitbürger auf unserem Planeten beinahe wie selbstverständlich im Umlauf sind und dessen ehemalige Regierung sich immer deutlich vom Rest der Welt als etwas „besseres“ abgesetzt hat, darf man sich über derartige Sprachregelungen nicht wundern. Insbesondere schon deshalb nicht, weil sich die (inzwischen abgesetzten) ehemaligen Machthaber immer noch als von der „Wende“ betrogen fühlen, weil sie die von ihnen durch Verstaatlichung geraubten Güter nicht behalten durften.

Uwe Huntenburg, Reinbek

Freiheitliche Welt ist bedroht

31. Mai: Rezo will nur mit der SPD über Klimapolitik reden Von der CDU fordert der Youtuber einen Kurswechsel, bevor er zu Gesprächen bereit ist

Man möge mir die Wortwahl verzeihen, aber: Ein 26-jähriger Internet-Schreihals stellt den Parteien Bedingungen, unter denen er „zu Gesprächen“ bereit ist? Man kann sich nur noch mit Grausen abwenden und hoffen, dass nächste Woche eine andere Sensation durchs mediale Dorf getrieben wird. Dass seit längerer Zeit schleichend eine massive Bedrohung der freiheitlichen Welt durch rechts- und linksradikale Demokratiefeinde entstanden ist, die mittlerweile auch vor Kapitalverbrechen nicht mehr zurückschrecken, scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Diese Bedrohung halte ich für deutlich unmittelbarer und gefährlicher, als die „Klimakatastrophe“.

Andreas Kaluzny