Welches öffentliche Interesse?

21. März: Ein Denkmal fällt

Es ist schon auffällig, dass in der seitenlangen Berichterstattung des Abendblatts über den Abriss des City-Hofs nicht mit einem Wort gesagt wird, warum die Stadt ihr Denkmal eigentlich abreißen will. Welches sind denn überhaupt die öffentlichen Interessen, von denen der Senat sagt, sie hätten in einer Abwägung zum Denkmalschutz den Vorrang bekommen müssen, weil sie nur mit einem Neubau zu bedienen sind? Der Grund ist einfach: Es gibt sie nicht! Wohnungen: ginge auch mit Denkmalsanierung, sogar mit Licht und Luft nach Süden, Blick in die Harburger Berge anstatt in Straßenschluchten. Belebung der Erdgeschosszone, Verkehrsberuhigung Burchardplatz, Städtebauliche Verschönerung: ginge alles auch mit Denkmalsanierung (wenn man das sanierte Denkmal nicht sogar schöner finden würde als die geplante Kontorhausreplika mit engen lichtlosen Innenhöfen). Die Wahrheit ist, dass hier zwei Männer, die in Hamburg nicht mehr im Amt sind, vor Jahren beschlossen hatten, dass sie den Abriss wollen, weil sie den City-Hof hässlich fanden. Das bloße Wollen ist aber im Denkmalschutzgesetz nicht vorgesehen – ohne stichhaltige Gründe bekommt (bisher) kein Bürger dieser Stadt eine Abrissgenehmigung für sein Denkmal. Der Senat sollte vorbildhaft handeln und sich genau wie jeder Bürger an das Denkmalgesetz halten.

Johann-Christian Kottmeier (Arbeitskreis Denkmalschutz der Patriotischen Gesellschaft

Provinzielles Gesicht

Ich finde den Abriss gut. Er zeigt unverhüllt, dass Hamburg auch ein provinzielles Gesicht hat. Das ist nicht neu, nun noch mal bestätigt. Das „Tor zur Welt“ wird geschlossen. Wozu die Transparenz der ursprünglich weiß leuchtenden Hochhäuser? Der Neubau bestätigt die architektonische, offenbar so gewünschte Fantasielosigkeit: Backsteinbau mit Fenstern. Außerdem: 50 Sozialwohnungen in einem Bau von 250 Millionen Euro: Ist dieses Feigenblatt für „sozial“ nicht zu groß geraten? 20 Wohnungen täten es doch auch dafür. Schließlich: In 30 Jahren wird das Ganze vielleicht sowieso abgerissen. Was solls.

Nils Gerke

Schwarzer Tag für die Bahn

18. März: Ausgewählte Abendblatt-Seiten aus dem Buch ,70 Jahre Hamburger Abendblatt‘. Titelseite vom 4. Juni 1996

So schlimm das Unglück in Eschede auch war, es war bei weitem nicht das schwerste Unglück der deutschen Eisenbahn – auch wenn diese vermeintliche Tatsache häufig wiederholt wird. Es war sicher das schlimmste Eisenbahnunglück in der Bundesrepublik, aber in der Nacht vom 21. auf den 22.12.1939 fuhr im Bahnhof Genthin ein Schnellzug in voller Fahrt auf einen stehenden Schnellzug auf – ca. 200 Tote. Am gleichen Tag gab es am Abend einen Frontalzusammenstoß auf der Bodenseegürtelbahn mit leider auch 101 Toten, sicher der schwärzeste Tag der deutschen Eisenbahn. Dieser gerät immer mehr in Vergessenheit, nicht zuletzt auch, weil das damalige Regime in den ersten Monaten des zweiten Weltkriegs wenig Wert auf das Verbreiten solcher Nachrichten legte.

Karl-Heinz Buchholz

Briefe machen oft Freude

14. März: Regierung ebnet Weg für deutlich höheres Briefporto

Die Leistungen der Post haben sich gravierend verschlechtert, zum Beispiel deutlich weniger Briefkästen, keine Spät- oder Sonntagsleerungen mehr, nicht jeden Tag Zustellungen usw. Der Briefkunde ist auf das Monopolunternehmen angewiesen. Briefeschreiben ist ein Kulturgut und persönliche Briefe machen oft Freude, werden aufbewahrt, vermitteln Nähe, Kontakte und sind wertvoller als kurze und schnell gelöschte Handy-Nachrichten.

Traute Krämer

Rente für ein würdiges Leben

13. März: Die Grundrente hat mit Almosen nichts zu tun

Als ich vor vielen Jahren „in Rente“ ging musste ich mich keiner Bedürftigkeitsprüfung unterwerfen. Ich erhielt eine Rente aufgrund einer Lebensleistung, auch Einzahlung genannt. Eine Bedürftigkeitsprüfung hätte ich vielleicht nicht bestanden. Aber so ist doch auch unser Verständnis. Oder sollte es sein. Eine Rente erwirbt man und hat Anspruch aufgrund gesetzlicher Regelungen. Wenn wir uns auch einig sind, dass zur Lebensleistung viele Jahre mit geringem Verdienst, unverschuldete und zeitweilige Arbeitslosigkeit wegen Kindererziehung oder Krankheit und auch Arbeitsunfähigkeit zählen, dann darf uns nur noch interessieren, ob die erworbene Rente für ein würdiges Leben zu gering ist oder nicht. Wenn nicht, dann ist sie auf das Niveau der Grundrente zu erhöhen. Das ist der Rentenanspruch und für den gibt es keine Bedürftigkeitsprüfung. Sonst müsste sie auch nicht Grundrente sondern Armutsrente heißen.

Bruno Iversen