Demokraten, erhebt eure Stimme

1./2. September: Lehren aus Chemnitz. Überall Verlierer, wohin man schaut. Diese Woche hat das Land noch weiter gespalten

Wir erinnern uns an die Straßenschlachten gegen Ende der Weimarer Republik zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten vor dem Beginn des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte. Heute setzen Neonazis mit Hitlergruß und die schwarzen Blöcke der Linksautonomen stellenweise den Rechtsstaat außer Kraft. Dazwischen ein indifferenter Mob mit krawallsüchtigen sogenannten Hooligans und angsterfüllte ehrenwerte Bürger, die ihre Orientierung verloren haben vor lauter Völkerwanderung, Globalisierung, Digitalisierung, asozialer Netzwerke, Verfälschungen und Heuchelei. Eine junge Geschäftsfrau in Blankenese fragte mich lange vor dem Chemnitz-Desaster: „Hätten Sie gedacht, dass unsere Demokratie noch einmal ein so fragiles Gebilde werden würde?“ Nein, das habe ich nicht so schnell erwartet, wohl aber seit langem diesen Satz von Brecht verinnerlicht: Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das Ganze kroch. Nun muss der Rechtsstaat seine Wehrhaftigkeit zeigen mitsamt der ganzen Zivilgesellschaft. Jeder Demokrat muss auf seinem Platz mit seinen Mitteln einen Beitrag leisten, die Stimme erheben, die Mitte stärken, damit uns ein neues Verhängnis historischen Ausmaßes erspart bleibt.

Achim Weers, Hamburg

HVV höher subventionieren

31. August: HVV will die Preise schon wieder erhöhen

Es ist unfassbar, dass in Zeiten des Klimawandels öffentlicher Nahverkehr ständig verteuert wird. Hier sind Politiker gefragt, die endlich den HVV in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen höher subventionieren sollten, um auch für alle Hamburgerinnen und Hamburger die Standards anderer europäischer Großstädte durchzusetzen. Zu nennen wären da beispielsweise Wien mit dem 365 Euro Jahresticket, Prag, das seine Rentner ab 70 Jahren kostenfrei fahren lässt und Budapest, wo Senioren ab 65 freie Fahrt haben. Wenn Klimaschutz ernsthaft betrieben werden soll, muss ein öffentlicher Nahverkehr attraktiv und preiswert sein, insbesondere in Großstädten mit Verkehrsverbünden.

Brigitte Endriss, Hamburg

Preiserhöhung ist keine gute Idee

Keine gute Idee des HVV, die Preise wieder mal zu erhöhen – und zwar deutlich. Und das, obwohl die Zahl derer, die mit Öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, gestiegen ist. Politiker und Umweltverbände versuchen pausenlos, uns alle vom Auto wegzulocken, mit Recht. Lieber HVV, die gestiegenen Nutzerzahlen bringens doch, damit ist doch Ihr Profit gesichert. Kaufmännisches Denken in Ehren, aber bitte seltenere Preiserhöhungen – für den Umweltschutz. Ingrid Ansorge, per E-Mail

Hilfe für Gewerbetreibende

31. August: Parkplätze weg, Kunden weg

Immer wieder das gleiche Drama mit Hamburgs Baustellen. Ob Siemersplatz, Fuhlsbüttler Straße, Eppendorfer Baum, Rolfinckstraße: monatelanges Gebastel, mit schlechter Planung, zu kurzen Arbeitszeiten und viel zu wenig Manpower. Acht Monate für lächerliche 800 Meter in der Rolfinckstraße. Die Leidtragenden sind die Gewerbetreibenden, mit Umsatzeinbußen, hin bis zur Schließung und Insolvenz. Dabei ginge es schneller, wie zum Beispiel in München, wo solche Baustellen in der Hälfte der Zeit durchgeführt werden (Untersuchung ADAC). Oder am Mühlenkamp: Nach massiven Protesten der dortigen Betriebe hat man in sechs Wochen mit bis zu 24 Mann die Bauarbeiten auf 300 Meter durchgezogen. Warum nicht von sechs bis 20 Uhr im Sommer arbeiten, und sonnabends? So könnte es in Zukunft gehen: Nach Ankündigung einer Baumaßnahme mit Auswirkungen auf Gewerbebetriebe wird ein unabhängiges Gutachten über die Dauer der Bauarbeiten erstellt, dies als Vereinbarung zwischen Baubehörde und Betroffenen. Wird diese Frist überschritten, gibt es Schadensersatzerstattungen an Gewerbebetriebe in Form von Gutschriften auf die Gewerbesteuer sowie, wo nötig, zinslose Betriebsmittelkredite zur Rettung des Betriebes. Dann würden Hamburgs Baustellen wieder in realistischen Zeiten durchgeführt.

Volker Kamm, per E-Mail

Ein erhellendes Gespräch

28. August: ,Der City-Hof ist nicht Teil des Welterbes‘. Kultursenator Carsten Brosda im Interview über den umstrittensten Abriss der Stadt

Danke für das erhellende Gespräch, das die heiklen Aspekte beim Streit um Hamburgs prominenteste „Pufferzone“ sehr differenziert herausgearbeitet hat. Die vier fantasielos nebeneinander gereihten Hochhaus-Elefanten entsprechen dem seriellen Rationalismus der Nachkriegs-Moderne und sind insofern authentisch. Trotzdem sind sie aberwitzig hässlich und aufdringlich, zudem völlig isoliert im städtebaulichen Kontext. Authentisch ist so manches. Als ich vor einem Vierteljahrhundert zum ersten Mal mit der Eisenbahn nach Hamburg kam und aus dem Zugfenster schaute, war ich zu Tode erschrocken über diesen städtebaulichen Brutalismus zwischen dem wunderbaren Kontorhausviertel und dem netten Hauptbahnhof. Mein erster Gedanke damals: sofort abreißen. Dass die Klötze immer noch dastehen, ist schockierend. Die Unesco-Experten schaffen es hoffentlich, zwischen dem Authentischen und dem Schönen zeitgeist-unabhängig zu unterscheiden.

Dr. Mathias Schreiber, Winsen/Luhe