Worte allein reichen nicht aus

12. Oktober: Erdogans Schau­pro­zess gegen ,Geisel‘ aus Deutsch­land. Mesale Tolu steht in Istanbul vor Gericht

In der Türkei sind elf deutsche Bürger im Gefängnis und alle sind unter fadenscheinigen Gründen verhaftet worden, so dass man den Verdacht haben muss, dass sie als Geiseln eines türkischen Autokraten benutzt werden. Ist es nicht möglich, dass die Bundesregierung ein Ultimatum stellt und verlangt, dass alle Ditib-Beamten binnen vier Wochen Deutschland verlassen, wenn nicht die als Geiseln Verhafteten freigelassen werden? Auch könnte die Visumvergabe für Türken, die nach Deutschland reisen wollen, ausgesetzt werden. Deutschland droht nur mit Worten, dem türkischen Präsidenten muss man jedoch mit Mitteln begegnen, die er versteht.

Fritz Timm, Sülfeld

Gerechte Erbschaftssteuerreform

11. Oktober: Alt­bür­ger­meis­ter von Dohnanyi: Ich mache mir Sorgen um Hamburg

Es ist falsch, Martin Schulz vorzuhalten, er habe zu sehr über Verteilungsfragen statt über Zukunftsfragen gesprochen. Beides gehört zusammen: Verteilungsfragen sind eine wesentliche Voraussetzung für die richtigen Antworten auf Zukunftsfragen. Zwei Verteilungsfragen als Beispiel: Ist es richtig, dass in der nächsten Dekade zwei bis vier Billionen Euro in Deutschland privat vererbt werden? Ist es richtig, dass die Lohnquote, also der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen, seit dem Jahr 2000 beständig sinkt? Beide Verteilungsfragen entscheiden mit darüber, ob wir öffentliche Zukunftsinvestitionen für Bildung, Digitalisierung und anderes öffentlich finanzieren können. Darum brauchen wir eine gerechte Erbschaftssteuerreform und einen höheren Anteil der, vor allem unteren, Löhne am Volkseinkommen. Das ist nicht nur gerecht, sondern auch volkswirtschaftlich geboten. Wir dürfen in der finanziellen Handlungsfähigkeit von Bund, Ländern und Gemeinden nicht dauerhaft von der Niedrigzinspolitik der EZB abhängig bleiben.

Wolfgang Rose, per E-Mail

Kritik in der Partei besprechen

Als SPD-Mitglied kann ich nicht verstehen, warum Herr Dohnanyi mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit geht. Die Führenden in der SPD würden sich doch auch intern mit ihm auseinandersetzen. Altkanzler Schmidt hat auch nur geredet, wenn man gefragt hat.

Gisela Oberländer, per E-Mail

Anmaßendes Verhalten

Seiner eigenen Partei vor der Wahl derart zu schaden, indem er den Kandidaten abqualifiziert und ihn nicht wählt, ist wirklich unsäglich. Es ist eine gefährliche Anmaßung. Warum tritt Dohnanyi nicht aus, er scheint den Konservativen doch viel näher zu stehen als der SPD. Das haben weder die Partei noch Martin Schulz verdient. Seine Aussage „wenn es um Bildungs- und Wissenschaftspolitik geht, mische ich mich im Interesse der Stadt ein“ ist geradezu grotesk. Ihm und seiner Bildungspolitik ist es zu verdanken, dass Hamburg früh auf die Bologna-Reform umgestellt hat, also Bachelor und Master anstatt Diplomstudiengänge. Darunter leiden die Studenten und die von ihm angemahnte Wissenschaft. Außerdem hat Dohnanyi dafür gesorgt, dass die Hochschule für Wirtschaft und Politik abgeschafft wurde. Was für ein Verlust für Hamburg. Dann dieses Verständnis für Orbans undemokratische, europafeindliche Politik, Ungarn sei von der Historie der Türkenbesatzung geprägt. Lebt Herr Dohnanyi gedanklich noch im Mittelalter? Den Vorschlag seiner Frau, in den Ruhestand zu gehen, hätte er schon vor zehn Jahren annehmen sollen.

Gudrun Kipp, per E-Mail

Anregungen sind nicht erwünscht

Für den Vorschlag Dohnanyis, durch eine Kommission Schwächen und Potenziale des Wissenschaftsstandortes Hamburg analysieren zu lassen, ist es nicht zu spät. Zu spät ist es allerdings für die Verwirklichung der zukunftsfähigen Idee der früheren Wissenschaftssenatorin Gundelach für die Sanierung und Stärkung der Universität Hamburg, die Naturwissenschaften in die Hafen-City, auf den Kleinen Grasbrook zu verlegen und danach das Chaos der Universität in Eimsbüttel für die Geisteswissenschaften zu sanieren und zu entwickeln. Das haben kleinkarierte, nicht vorausschauende Provinzpolitiker der CDU leider verhindert. Das danach erstellte „Papier“ Dohnanyi-Meier-Peiner „In Sorge um Hamburg“ war und ist eine neue Chance, den Wissenschaftsstandort Hamburg dem ähnlichen Boston qualitativ näher zu kommen. Die Ideen dieses „Papiers“ hätten verdient, wichtige Bausteine Hamburgischer Standortpolitik zu werden. Doch ungefragte Ideen von Fachleuten sind für Hamburgs Senat eher Störung als Anregung. Schade für Hamburgs Zukunft.

Hans Lafrenz, Hamburg

Hering sollte erst ablaichen

11. Oktober: Neue Fangquote bringt Ost­see­fi­scher in Not. Auf Beschluss der EU-Mi­­nis­ter sollen 39 Prozent weniger Hering gefangen werden

Drastische Fangquoten sind dringend notwendig, um auch für die Zukunft Fische in unseren Meeren und für unsere Ernährung zu haben. Wegen der unvernünftigen Überfischung seit über 100 Jahren sind allein die Fischer und verarbeitenden Betriebe die Ursache für diese Maßnahme. Die Quoten werden stets an den tatsächlichen Bestand (durch wissenschaftliche Studien ermittelt) angepasst. Es kann nicht mehr von der Natur verlangt werden, als sie bereit ist zu produzieren. Niemand hat ein Recht auf Fische. Die Natur wird sich niemals an unsere wirtschaftlichen Vorgaben anpassen, sondern umgekehrt: Wir müssen uns an ihr orientieren. Den Hering sollte man z.B. nicht auf seinen Wanderungen zum Laichgebiet fangen, sondern erst nach dem Ablaichen auf dem Rückweg. Dann wären auch in den folgenden Jahre wieder wesentlich mehr Heringe vorhanden. Also, mein Mitleid mit den Fischern hält sich in Grenzen.

Dr. Michael George, Meeresbiologe, per Mail