Kein Kontakt zur Handelskammer

5. Januar: Zahlen oder nicht zahlen? Wer Pflichtbeiträge abschaffen will, will auch die Handelskammer abschaffen

Ich bin nur eine „Kleinstunternehmerin“ in einem Reformhaus mit vier Mitarbeiterinnen. Ich bezahle im Jahr ca. 250 Euro Pflichtbeiträge. Ist nicht so viel. Obwohl: In 20 Jahren Selbstständigkeit sind es 5000 Euro. Ich bekomme dafür null Gegenleistung. Die Seminarangebote der Kammer sind sehr allgemein gehalten, ich kann nichts davon verwenden, deswegen ist meine Branche selbst organisiert. Ich brauche die Handelskammer nicht, habe sie noch nie kontaktiert. Mein Verdienst ist Lichtjahre von Herrn Schmidt-Trenz entfernt, deswegen bin ich für die Abschaffung der Pflichtbeiträge. Bei Großunternehmen sieht das wahrscheinlich anders aus.

Madya Duggal, per E-Mail

Historisches Stadtbild erhalten

4. Januar: Aufstand in den Elb­vor­or­ten. Bürger wehren sich: Hände weg von unserem Grün

Es ist sozial notwendig und ökologisch sinnvoll, in einer wachsenden Stadt auf Nachverdichtung der zentralen Gebiete zu setzen statt auf weiteren Flächenfraß an den Rändern. Dabei dürfen jedoch keine historisch gewachsenen Qualitäten des Stadtbilds zerstört werden, wie es gerade peu à peu in den Elbvororten geschieht. Nachdenklich stimmen kann in diesem Zusammenhang, dass der Pro-Kopf-Wohnbedarf bundesweit in den letzten 60 Jahren von 14 auf 45 Quadratmeter angestiegen ist, die Schere zwischen individuellem Bedarf und räumlichen Möglichkeiten also immer weiter auseinandergeht.

Kristina Sassenscheidt, Denkmalverein HH

Solidarität wäre angebracht

Sicherlich ist in den Elbvororten auch nach einer zusätzlichen Bebauung noch mehr Grün als in den meisten anderen Hamburger Stadtteilen. Zum Bau ihrer Häuser wurde doch auch Grün vernichtet, oder? Bei allem Verständnis, das eigene Umfeld grün zu haben, etwas mehr Solidarität wäre gerade hier wohl angebracht.

Renate v. Böhlen, per E-Mail

Sparer müssen sich wehren

4. Januar: Die kalte Ent­eig­nung. Bislang haben Sparer die Nullzins-Politik hingenommen – das dürfte sich ändern

Die Enteignung der deutschen Sparer durch die anziehende Inflation, die gewollte Niedrigzinspolitik der EZB und die bisherige Nichtreaktion aller politischen Parteien in Deutschland auf diese Situation wird Auswirkungen auf das Wahlverhalten in der kommenden Bundestagswahl haben. Ergänzend ist zu erwähnen, dass der Staat durch die Besteuerung selbst geringster Zinsen den Sparer zusätzlich belastet. Die Freibeträge sind lächerlich niedrig, die steigenden Kosten für die Kontenführung werden steuerlich ebenfalls nicht berücksichtigt. Die Sparer werden und müssen sich wehren – auch an der Wahlurne. Denn Deutschland ist für die unteren und mittleren Schichten längst kein „reiches Land“ mehr.

Manfred Kurz, Hamburg

Langfristiges Konzept fehlt

Silvesterausgabe: Auf dem Sprung zur Weltstadt. Hamburg war lange eine schnarchende Halbschöne. Die Elbphilharmonie ändert alles

Wie wird sich Hamburg in den kommenden Jahren gegenüber anderen Metropolen absetzen? Hamburg fehlt ein Alleinstellungsmerkmal. Eine Elbphilharmonie ist ein erster und wichtiger Schritt. Das reicht aber meines Erachtens noch lange nicht. Hamburg zählt zu den „most liveable cities“. Unter anderem, weil Hamburg grün ist und mit Parks, Alster und Elbe viel Lebensqualität bietet. Eine Weltmetropole, die auf eine grüne Architektur setzt, wird junge Menschen anziehen. Wohnungen zu bauen und dafür grüne Flächen einzutauschen passt nicht zusammen, auch wird es nie genug Wohnungen geben. Zudem bedeuten neue Wohnungen viel mehr Autos auf den Straßen. Auch hier könnte die Stadt international konkurrieren: Der öffentliche Nahverkehr muss günstiger werden, bestenfalls umsonst, höhere Taktzeiten der überfüllten S-Bahnen könnten Menschen ermutigen, auf den ÖPNV umzusteigen. In Melbourne ist der ÖPNV im Citybereich kostenlos. Das ist fortschrittlich. Auf den Punkt gebracht: Die Ansätze im Artikel stimmen. Es fehlt jedoch ein langfristiges Städtekonzept, ein Leitbild. Herr Scholz und sein Team müssen da ansetzen und langfristig ein Bewusstsein schaffen, dass Umwelt und Kultur genauso wie Wissenschaft mit Wirtschaft gleichsetzt.

Christian Freitag, per E-Mail

Champagner trinken im Foyer

Schnarcht unsere Halbschöne in ganz Hamburg gleich laut? Nein! In der Laeisz­halle röchelt sie. Versuchen Sie mal mit einer gültigen Eintrittskarte für den Kleinen Saal ein Gläschen Champagner im Brahms-Foyer zu genießen. Zwecklos. Personal in Uniform wird Sie mit den Worten „Das kennen wir schon. Eine billige Karte kaufen und es sich dann im Großen Saal bequem machen“ daran hindern und Sie erbarmungslos dem fensterlosen Erfrischungsraum ausliefern. Die Musikhalle – der letzte Rückzugsort einer untergegangen geglaubten DDR. Bilder wurden bei mir wach, als ich als Salzburger Hotelfachschüler mit großem Stolz den Leitspruch „Hospes Hos­piti Sacer“ (Übersetzung aus dem Lateinischen etwa: Der Gast sei dem Gastgeber heilig) auf meiner Jacke trug. Unsere Schnarchende hält sich da eher an Arthur Schopenhauer, der einst schrieb: „Wo viele Gäste sind, da ist viel Pack!“ Die Somalier sagen: „Das Haus stirbt nicht, das einen Gast willkommen heißt.“ Nutzen wir doch die vielen somalischen Flüchtlinge als Chance, um ihre Willkommenskultur in unsere Wertekultur zu integrieren. Die würden sich ­freuen, das Leben der Halle retten zu dürfen. Meine Frau und ich sollten den Plan nicht aufgeben, im Brahms-Foyer auch mit „kleiner Karte“ Champagner trinken zu dürfen. Johannes Brahms wäre wieder stolz auf seine Hamburger, vor deren Geschnarche er einst nach Wien flüchtete.

Erhard und Lissy Benischek, Rosengarten