Lokalgeschichte in Stadtteilen

21. September: His­to­ri­ker­ver­band:
Ge­schichts­wis­sen wird wichtiger. Bis
Freitag tagen 3500 Forscher in Hamburg

Geschichtswissen und die Kenntnis historisch-gesellschaftlicher Zusammenhänge in eine breite Öffentlichkeit zu tragen ist heute so wichtig wie eh und je. Aktuell allerdings nicht allein im Verständnis eines „enger zusammenwachsenden Europas“, wie der Vorsitzende des Historikerverbands meint. Auch die Forderung nach mehr Geschichtsunterricht in den Schulen, zumal verengt auf das Fach Geschichte, ist angesichts der heutigen zivilgesellschaftlichen Aufgaben – wie demokratische Willensbildung und Teilhabe, Integration von Kulturen und Generationen – zu kurz gesprungen. Es bedarf des Aufbaus von Geschichtsbewusstsein „von unten“, der Nähe zu den lokalen Bezügen der Menschen und ihrer Stadt. Dies leisten seit mehr als 30 Jahren die Geschichtswerkstätten Hamburgs mit viel freiwilligem Engagement und wenig öffentlicher Förderung. Lokalgeschichte in den Stadtteilen ermöglicht Zugänge für Alt- und Neubürger durch Rundgänge, Vorträge, Ausstellungen und Publikationen. Das stärkt den Zusammenhalt und weitet den Blick für Arbeits-, Kultur- und Sozialgeschichte.

Dr. Sigrid Curth, per E-Mail​

Merkel hat Chance vertan

20. September: Flüchtlingspolitik: Merkel würde gern ,die Zeit zurückdrehen‘.
Bundeskanzlerin zeigt sich selbstkritisch

Ich hoffe ja noch immer, dass unsere Politiker sich besinnen und auf die Themen unserer Gesellschaft konzentrieren. Dazu gehört dann auch sachliche Kommunikation. Mit der Aussage, „die Zeit zurückdrehen zu wollen“ und im Nachsatz zu vermitteln, dass die Entscheidungen damals gar nicht anders getroffen werden konnten, wird doch das Unwohlsein vieler Wähler noch größer. Es geht doch nicht darum, andauernd nur den Stimmungen zu folgen beziehungsweise diese zu gestalten, es geht darum, nachhaltige Entscheidungen im Sinne unserer Gesellschaft zu treffen. Das kann ich aus den jüngsten Äußerungen von Frau Merkel nicht heraushören. Schade um diese vertane Chance.

Volker Drave, per E-Mail

Danke, Frau Kanzlerin

Nachmittags in der U 2 Richtung Hauptbahnhof. Eine offenbar syrische Familie – Mutter, Vater, sechs Kinder. Sie sprechen Arabisch. Die Kinder wirken gelöst. Der Vater trägt einen dunklen Bart; wenn ich ihn allein sähe, empfände ich ihn vielleicht als etwas düster. Die Mutter trägt Kopftuch und hat wache, freundliche Augen. Sechs Kinder ... Respekt. Ich bin schon mit meinen zwei manchmal ziemlich angestrengt. Die Familie steigt am Hauptbahnhof aus. Die Kinder laufen vor den Eltern die Rolltreppen hoch, ein ganzes Stück voraus. Eine Tochter, ihre Schwester auf dem Arm, dreht sich fragend zur Mutter um. Die Mutter schaut sie mit liebevoll bestätigendem Blick an und lässt ihr die Freiheit vorauszulaufen. Waren sie in den würdelosen Zelten von Idomeni? In einem Schlauchboot auf dem Mittelmeer ohne Sicht auf Land? Wie schön, dass sie hier in Sicherheit sind. Dass sie frei atmen können. Dass sie keine Angst mehr um das Leben ihrer Kinder haben müssen. Wir alle können miteinander wachsen. Ihre Kinder und meine Kinder haben genug Platz für eine gemeinsame Zukunft in dieser Stadt, in diesem Land. Ich werde niemals Ihre Partei wählen – aber danke schön, Frau Bundeskanz­lerin. Sie haben dem C in CDU Ehre ­gemacht.

Mario Stoltz, Hamburg