Senat per Zufallsauswahl

18. Februar: Leitartikel „Parlament geschwächt“

Wenn man sich damit zufriedengibt, dass alle Wähler bis zehn zählen können, um die zweimal fünf Kreuze machen zu können, dann ist die Sache einfach. Was tut aber der Wähler, der die Kandidaten nicht kennt, nicht weiß, welche Fähigkeiten sie mitbringen, welche Interessen sie vertreten? Im Vorbeifahren die Gesichter auf den Wahlplakaten gesehen zu haben scheint mir für eine verantwortbare Wahlentscheidung zu wenig. Also sind die Wahlentscheidungen zu einem hohen Prozentsatz Zufallsentscheidungen, und damit auch die Qualität unseres Parlaments. Jedes Unternehmen sucht sich seine Mitarbeiter selbst aus. Nur den Parteien, die durch ihre Politik die Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft bestimmen, bestreiten wir das Recht, die Auswahl der Besetzung des Parlaments zu entscheiden. Wenn wir Wähler nach dem Zufallsprinzip die Kandidaten der Parteien wählen, sind wir auch allein verantwortlich für die Qualität der Arbeit der Parteien und der Parlamente.

Paul Krieger

Wenig Wörter, mehr Klarheit

Dass die CDU ihre Landeslisten nicht nach der Leistung ihrer Kandidaten, sondern nach anderen Kriterien besetzt, kann man weder den Wählern noch dem Wahlverfahren ankreiden. Dieses stellen – bewusst oder unbewusst – diejenigen als kompliziert dar, die einer völlig ausreichenden Erläuterung (fünf Kreuze pro Wahlheft, egal wo) noch unnötige Begriffe wie „kumulieren“ oder „panaschieren“ hinterherschieben; Letzterer steht nicht einmal in meinem aktuellen Fremdwörterbuch.

Markus Heese

Hauptsache Macht

Obwohl die 16- und 17-Jährigen wählen durften, ist die Wahlbeteiligung weiter gesunken. Wenn von 1,3 Millionen Wahlberechtigten nur 329.597 die SPD gewählt haben, scheint die Zufriedenheit bei den Bürgern, wie sie Herr Scholz zu vermitteln versucht, nicht gegeben zu sein. Es interessiert aber auch keinen Politiker die Politikverdrossenheit. Hauptsache, man ist an der Macht.

Helga Diezel

Stimme zu vergeben

17. Februar: Menschlich gesehen „Der Nichtwähler“

Es ist zu einfach, die Nichtwähler anzugreifen. Keiner der Gründe, die mich zum Nichtwähler machten, wurden in Ihrer „Menschlich gesehen“-Kolumne genannt. In jeder Partei gibt es Ansätze, die ich gern für unser Hamburg hätte. Aber alles in einer Partei finde ich nicht. Mein Wunsch wäre: wählen nach Themen. Sachliche, fundierte, auch statistisch untermauerte Informationen, eine Diskussionskultur mit Respekt vor dem politischen Gegner, wobei mich das Wort „Gegner“ schon stört, denn haben nicht alle dasselbe Ziel? Dass es Hamburg und den Menschen darin gut gehen möge? Der Kampf um die Macht kostet Energie, die in die Arbeit fließen sollte. Ich könnte auch vieles aufzählen, was am Willen der Bürger vorbeigeht, wie zum Beispiel der Abriss schöner Häuser zugunsten der seelenlosen, aber von der Verwaltung gewünschten Würfel. Ich als Bürger fühle mich oft ohnmächtig und hilflos, habe jedoch weder die Zeit noch die Nerven, mich politisch zu engagieren. Ich war das erste Mal nicht im Wahllokal. Aber noch nie war die Sehnsucht nach einer Partei, der ich gerne meine Stimme geben möchte, so groß wie heute.

Rana Meske

Prüfstein Trennungsfamilie

14./15. Februar: „Frauen wollen mehr arbeiten“

Frauen wollen mehr arbeiten, Männer mehr in die Familie. Die Politik erkennt diese Fakten nun an. Ein wesentlicher Prüfstein werden dabei Trennungsfamilien sein. Sie stellen bei 40 Prozent Scheidungsquote einen Großteil der Berufstätigen. Familienberatungen und Gerichte trennen überwiegend jedoch in allein verdienende Väter und alleinerziehende Mütter. Kindgerechte Lösungen erfordern gerade nach einer Trennung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide Elternteile.

Johannes Zink, Elterninitiative GEMV

Anruf genügt

16. Februar: „Furcht vor Anschlag – Karnevalsumzug abgesagt“

Karnevalsumzug in Braunschweig zwei Stunden vor Beginn abgesagt. Wie erpressbar sind wir eigentlich geworden? Können wir öffentliche Veranstaltungen wie Sportfeste, Wettbewerbe, Versammlungen und Theater noch ohne Sicherheitsvorkehrungen oder ohne Angst durchführen? Terroristen können sich mittlerweile ihre Überfälle sparen. Ein Anruf genügt, und schon ist das öffentliche Leben lahmgelegt. Wohin sind wir nur gekommen?

Anna M. Zeidler

Kampf gegen Windmühlen?

17. Februar: „Unsere schöne Sprache“

Danke für diesen „Zwischenruf“! Mir kommt es vor, als würde der schlampige Umgang mit unserer Sprache immer mehr mit achselzuckender Resignation hingenommen und praktiziert, auch und gerade in vielen Medien. Ein Beispiel: Kaum jemand scheint noch den Unterschied zwischen den Adverbien „anscheinend“ und „scheinbar“ zu kennen. Und so wird lustig drauflos missbraucht, nicht ahnend, dass das eine mehr oder weniger das glatte Gegenteil des anderen ausdrückt. „Anscheinend ist er wasserscheu“ – unsere Vermutung, dass er wirklich nicht baden will, trifft offenkundig zu. „Dann bekam er ein scheinbar günstiges Angebot“ – will sagen, dass es nur vordergründig günstig zu sein scheint, dass es sich aber in Wirklichkeit durchaus nicht um ein günstiges Angebot handelt. Aber anscheinend rede ich da chancenlos gegen die Windmühlenflügel der normativen Kraft des Faktischen an. Das lässt mich aber nur scheinbar kalt…

Rudolf Zahn

Die Zuschriften geben die Meinung der Einsender wieder. Kürzungen vorbehalten. Briefe auch auf www.abendblatt.de

Schreiben Sie an briefe@abendblatt.de oder per Post an das Brieffach 2110, 20350 Hamburg