Nicht befreit, nur betäubt

2. Februar: „Abschied von einem großen Deutschen. Altbundespräsident Richard von Weizsäcker“

Trotz allen verdienten Respekts und bei aller gern gezollter Anerkennung: In einem zentralen Punkt hatte von Weizsäcker Unrecht. Deutschland wurde im Mai 1945 nicht befreit. Es war nicht von Nationalsozialisten besetzt, sondern besessen. Von Weizsäcker wusste das, sein Vater hatte es ihm vorgelebt. Die Zerstörung des Landes, die wohl größte Ohrfeige, die je ein Volk von der Gemeinschaft der anderen Völker bekam, hatte die Empfänger aber nicht befreit, sondern offenbar nur nachhaltig betäubt. Die ersten Nachkriegsgenerationen wissen es noch gut: Niemand konnte sich an irgendetwas erinnern, niemand war es gewesen, irgendwie musste es wohl ein böser Traum gewesen sein. Leider war er mit Hingabe geträumt worden und auch die Nürnberger Prozesse haben das Gespinst nicht wirklich zerrissen.

Dr. Uwe J. Petersen

Olic vollbringt keine Wunder

2. Februar: „0:2 gegen den 1. FC Köln. HSV wieder im Tabellenkeller“

Auch der hochgejubelte Ivica Olic kann keine Wunder vollbringen und so hat der HSV gespielt, wie gefühlt seit ewigen Zeiten: grottenschlecht. Es ist unglaublich, dass die Fans dem Verein immer noch die Treue halten, dazu muss man schon sehr leidensfähig sein. Auch der Trainer ist anscheinend nicht in der Lage, das Ruder herumzureißen und für Motivation zu sorgen, es bleibt alles wie es ist. Die einzige Motivation scheint mir beim Geld zu liegen: Für mangelhafte Leistungen erfolgt eine empfindliche Kürzung der horrenden Bezüge, denn mit Geld kriegt man sie alle, auch die müdesten Kicker. Die nächste Überraschung folgt am Mittwoch in Paderborn: Man darf gespannt sein, es werden noch Wetten angenommen.

Helmut Jung

Gewalt durch Radaumacher

2. Februar: „Schreien statt streiten. Die politische Kultur im Lande verroht. Es wird demonstriert statt debattiert, es wird gepöbelt statt argumentiert“

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum die ehrlichen und sachlichen Demonstrationen oft so gewalttätig ausarten: Das sind die vermummten Radaumacher, die mit den angemeldeten Aufmärschen überhaupt nichts zu tun haben. Die friedlichen Demonstranten wollen etwas verändern und zeigen das deutlich auf ihren Transparenten und sagen über Lautsprecher, was sie anstreben. Die chaotischen Mitläufer verletzen Menschen, zünden Mülltonnen und Autos an, werfen Scheiben ein und greifen Polizisten an. Die Demonstration wird dadurch unglaubwürdig und macht keinen Sinn mehr.

Rainer Dettmann

Wähler resignieren

31. Januar/1. Februar: Pro + Contra zum Hamburger Wahlrecht

Wo immer im Leben Menschen etwas nahegebracht werden soll, kommt es zu einem Zielkonflikt. Dieser besteht zwischen größtmöglicher Genauigkeit/Detailliertheit und größtmöglicher Einfachheit/Klarheit. Die Gratwanderung zwischen diesen beiden Ansprüchen sind das tägliche Brot und die Kunst guter Lehrer und Ausbilder. Da kann man den Wahlberechtigten noch so oft versichern, es sei „alles ganz einfach“. Wenn allein der optische Eindruck des Wahlzettel-Konvoluts uns signalisiert, dass man der korrekten Stimmabgabe ohne Abitur nicht gewachsen sein kann, dann werden große Teile der Bevölkerung resigniert oder, schlimmer noch, verschämt auf ihr Wahlrecht verzichten. So hätte das schöne neue Wahlrecht, das doch „mehr Demokratie“ bringen sollte, der Demokratie einen Bärendienst erwiesen.

Hans-Jörg Bieger

Toilettenaufsicht durch Eltern

31. Januar/1. Februar: „Eltern protestieren gegen dreckige Schultoiletten“

Diesen Artikel habe ich mit einigem Erstaunen gelesen und kann am Ende nur dem Sprecher der Finanzbehörde zustimmen, jede Toilette ist so schmutzig, wie sie die letzten Benutzer hinterlassen haben. Das gilt auch für Kinder. Die Eltern, die hier herumjammern, sollten sich doch einfach während der Schulstunden vor eben diese Toiletten stellen und die Kinder, die diese Toiletten benutzen, darauf hinweisen, dass man das Örtchen sauber hinterlässt. Das bringt auf Dauer wahrscheinlich mehr als jedes Geschrei nach mehr Reinigung.

Christine Friedrich

Computer sind unerlässlich

30. Januar: Frage des Tages: „An sechs Hamburger Schulen arbeiten Schüler mit eigenen Minicomputern: Halten Sie das für eine gute Unterrichtsform?“

Fassungslos lese ich das Abstimmungsergebnis der Abendblatt-Frage. Wie kann es nur angehen, dass 54 Prozent der Leser so weltfremd und technikfeindlich sind? Der Computer ist unser vielseitigstes Werkzeug und inzwischen für jeden von uns unerlässlich für Freizeitgestaltung, Dienstleistung, Informationsbeschaffung und Wissensvermittlung. Das mögen einige bedauern, aber das Rad kann man nicht zurückdrehen. Natürlich muss man den Einsatz pädagogisch verantwortungsbewusst planen, aber man muss auch den Umgang damit systematisch vermitteln. Wichtigste Orientierungshilfe muss der Lehrer als Lernberater bleiben. Klassengespräche, Mannschaftssport, Musizieren, Malen, Ausflüge und Klassenreisen bleiben Bestandteil des pädagogischen Prozesses. Das heißt aber, dass Schüler mit stets aktuellen Materialien individualisiert und differenziert lernen können, denn damit war der Lehrer als Einzelkämpfer in der Vergangenheit zumeist überfordert. Das hilft Lehrern, die Bildungschancen aller Kinder zu optimieren.

Uwe-Carsten Edeler

Bauleitung besorgen

30. Januar: „Erst Traumhaus, jetzt Albtraum. Seit zwei Jahren versuchen Jan Stahl und seine Verlobte, ihr Eigenheim fertig zu bauen“

Das „Fertighaus-Drama“ bewegt mich sehr. Diese Fälle sind mehr als „unerträglich“ und es ist gut, dass diesem Problem viel Raum gelassen wird. Was immer wieder zu erwähnen ist, ist der Hinweis, sich eine Bauleitung zu besorgen. Aber manchmal spielt die Freude in der Erwartung, „es wird schon“ eine leider alles verdeckende Rolle.

Heinz- H. Hendrich

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