Beleidigte Leberwurst Europa

20. Mai: „Pakt der Rivalen. Die Allianz, die Putin mit China sucht, ist nur eine Notlösung mit ungewisser Zukunft“

Aus dem Leitartikel spricht die Angst vor einer Entwicklung, die der überhebliche Westen geradezu provoziert hat. Russland in seinen Beziehungen zu China als reinen Rohstofflieferanten abzuwerten klingt nach beleidigter Leberwurst Europa. Wenn sich aber das flächenmäßig größte Land der Erde mit dem bevölkerungsreichsten Staat wirtschaftlich erfolgreich zusammenschließt, bekommt der Westen ein Problem. Anstatt Russland ständig als Feindbild darzustellen, sollten die Politiker lieber an das Wohl ihrer Bürger denken, das nur durch eine florierende Wirtschaft garantiert ist. Die Globalisierung verlangt von allen Staaten gegenseitige Achtung und Toleranz.

Christiane Mielck-Retzdorff

Darstellung schürt Vorurteile

20. Mai: „Lesermeinung zur Karikatur auf Seite zwei“

Eigentlich bin ich begeisterter Freund von Satire und Karikaturen. Die Karikatur eines als arabisch gekleideten Mitarbeiters der Deutschen Bank macht mich aber sehr nachdenklich: Einer alten Dame bei weiterer Überziehung des Dispos mit dem Abhacken der rechten Hand zu drohen ist mehr als fragwürdig, da es klassische Vorurteile schürt. Schade, denn das Thema bietet ganz andere Möglichkeiten zur Satire.

Jan Commentz

Treffende Analyse

19. Mai: „Was Hamburg und den HSV verbindet. Der strauchelnde Bundesligist und die Metropole haben vieles gemeinsam: Hochmut, Selbstgefälligkeit, Abstiegsgefahr“

Gratulation – eine treffendere Analyse zum Abschluss der HSV-Saison und zu Hamburg kann es nicht geben. Es stimmt: Dünkel, Selbstgefälligkeit, Zukunftsvergessenheit angesichts einer ruhmreichen Vergangenheit ziehen sich wie ein roter Faden vom Hafen über die Stadt bis hin zum HSV. Hochmut und Selbstverliebtheit anstelle von Realitätssinn führen nicht in eine bessere Zukunft. Der HSV muss alte Zöpfe abschneiden und sich gründlich neu aufstellen. Experten statt Schönredner und Selbstdarsteller müssen das Ruder übernehmen. Andernfalls bleibt die Abstiegsangst ein ständiger Begleiter.

Otmar Ringel

EU-Beitritt weiter verhandeln

19. Mai: „Türkische Polizei riegelt Bergwerksdorf ab. Nach dem Grubenunglück gehen Ordnungskräfte hart gegen Demonstranten und Kritiker vor“

Gerade jetzt müssen wir die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei weiterführen, denn nur so können wir Druck auf die dortigen Machthaber ausüben, sich an demokratische und rechtsstaatliche Spielregeln zu halten. Wenn wir den Menschen in der Türkei helfen wollen – und das ist nicht nur unsere humanistische, unsere christliche Pflicht, das sind wir auch unseren türkischen Mitbürgern hierzulande schuldig –, müssen wir uns aktiv für Reformen in diesem Land einsetzen. Voraussetzungen für den türkischen EU-Beitritt, den die hinter Erdogan stehenden Wirtschaftskreise anstreben und von dem auch wir im Westen profitieren, sind eben die Einhaltung von demokratischen Spielregeln, von Arbeiter- und Umweltschutzauflagen, die Gleichstellung der nationalen und religiösen Minderheiten. Eine demokratische Türkei könnte ihrerseits antiwestliche Vorurteile in der islamischen Welt abbauen, sich für Reformen in Nahost und Mittelasien einsetzen und so vielleicht die Ursachen der Flüchtlingsströme Richtung Europa zumindest ein wenig entschärfen.

Christian Fuchs

Die reinste Farce

19. Mai: „Niemals Zweite Liga! Der Bundesliga-Dino hat überlebt“

Alle freuen sich über den Klassenerhalt des HSV. Ich kann diese Freude überhaupt nicht nachvollziehen. Wie können sich die Leute darüber freuen, wenn man die gesamte Saison über nur 27 Punkte einfährt und weiterhin erstklassig bleiben darf. Es hätte dem HSV sehr gutgetan, wenn er in die Zweite Liga abgestiegen wäre. Dann hätte der Verein gemerkt, was für ein Privileg es ist, in der Ersten Liga zu spielen. Es muss sich jetzt generell etwas ändern, ohne Tabus. Der Aufsichtsrat muss neu aufgestellt werden, der Vorstand muss sich erneuern, Spieler müssen verkauft werden, die exorbitanten Spielergehälter müssen gekürzt werden. Klartext: Für mich ist der Klassenerhalt die reinste Farce.

Oliver Seitz

Ein Jahr ohne HSV-Berichte

Ich hatte viel Geduld mit dem Abendblatt. Artikel über Artikel, Seiten über Seiten – HSV total seit Monaten. Familienaufstellungen hinter 3-D-Buchstaben, Interviews mit allen verfügbaren selbst ernannten Fachleuten, Analysen von vergeigten Ballspielen ohne Ende, zuletzt noch ein blau gefärbtes Kampflayout. Nun ist es gut. Der HSV darf – in Demut – weiterspielen, und ich möchte nichts mehr über Bälle, Spieler oder abgelegte Spielerfrauen lesen. Bitte jetzt dringend ein Jahr ohne HSV-Berichterstattung. Der nächste Abstiegskampf kommt früh genug.

Dieter Golb

Nicht in Ordnung

16. Mai: „Streit im Hafen verschärft Stau-Chaos vor dem Elbtunnel. Spediteure beklagen schleppende Abfertigung am Burchardkai“

Die Probleme der Lkw-Abfertigung allein den Terminals zuzuschreiben ist nicht in Ordnung. Wer sich die Zeitfenster ansieht, in denen hauptsächlich die Containerabnahme erfolgt, wird feststellen, dass es da sehr viel Spielraum gibt. Nur die Logistikzentralen, in denen heute die Container ausgepackt werden, schließen ihre Pforten zwischen 17 und 19 Uhr. Dann werden dort keine Container mehr gestellt. Hinzu kommt, dass innerhalb eines Jahres die Menge der Lkw-Abfertigungen am Containerterminal Burchardkai von durchschnittlich 2800 auf beständig über 3000 Lkw in einem 24-Stunden-Fenster angewachsen ist. Zudem sind die Schiffsankünfte immer weniger verlässlich. Zuletzt noch die Anmerkung, dass es einen tariflichen Streik zuletzt im Februar 1978 gegeben hat. Es wäre also eine differenzierte Betrachtung recht hilfreich bei einer Bewertung der Situation.

Thomas Nahr

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