Neue Leitkultur erforderlich

27. Januar: "Kollektives Versagen. Der Tod der elfjährigen Chantal ist eine Tragödie - und ein Skandal"

Der Artikel nennt das Kernthema: Es geht um staatliches Versagen. Darum geht es viel mehr als um dieses neue Drama in Wilhelmsburg. Der Staat und seine unmittelbar beauftragten Diener - vom Abgeordneten bis zum Beamten und Regierungsmitglied - haben es nicht leicht, aber sie selbst sind verantwortlich. Sie versagen bei der Gestaltung einer hoch entwickelten, komplexen Gesellschaft. Diese Komplexität hat sich der Staat oft selbst aufgebürdet. Vieles kommt aus Umwelt und Globalisierung, viel mehr kommt aus der Überheblichkeit, alles gestalten und regeln zu können. Bei den Aufgaben des Staates muss die Revolution ansetzen. Kompetenz und eine Leitkultur der Verantwortung müssen das Machtstreben von Politikern und Parteien ablösen.

Dieter Brandes

Miserable Amtsführung

Die Amtsführung in Hamburg-Mitte ist ein Skandal. Offensichtlich ist man mehr interessiert an einem schicken Amtsgebäude in der HafenCity. Die Bevölkerung ist bei solchem Verhalten erkennbar Nebensache. Untätigkeit und Entscheidungen grenzen an Tötung aus Unterlassen und/oder Dummheit.

Herbert Schwenck

Beschönigende Darstellung

27. Januar: "Beamte klagen auf mehr Weihnachtsgeld"

In der Berichterstattung über das Weihnachtsgeld für Hamburger Beamte wird ständig beschönigend von einer Kürzung gesprochen. In Wahrheit handelt es sich in vielen Fällen um eine ersatzlose Streichung, die insbesondere für Ruheständler sehr schmerzlich ist. Diese haben nicht - wie immer zu lesen ist - die verkürzte Zahlung von 1000 Euro erhalten, sondern gingen leer aus. Es bleibt zu hoffen, dass dies bei einer Klage gegen den Senat berücksichtigt wird.

Peter Ruschenburg

Gefährliche Lawine

27. Januar: "Nur noch jeder Vierte will für das Alter vorsorgen"

Erschreckend, wie die Glaubwürdigkeit eines zukunftsträchtigen Staats- und Wirtschaftsgefüges schwindet, auch in Bezug auf die Verlässlichkeit der staatlichen Altersversorgung als Generationenvertrag und auf die private als einzige oder zusätzliche Säule. Da nimmt es nicht wunder, dass sich immer mehr Arbeitnehmer und Selbstständige der Vorsorge ganz entziehen, entweder weil ihr Einkommen unter dem Existenzminimum liegt, weil sie die Stabilität unserer Sozialsysteme bezweifeln oder aber weil sie mithilfe staatlich sanktionierter Konstruktionen in die Scheinselbstständigkeit und in 400-Euro-Jobs gedrängt werden, die wie Unkraut aus dem Boden schießen. Da rollt eine gefährliche Lawine sozialen Notstands auf die kommende Generation zu.

Uwe-Carsten Edeler

Scheuklappenmentalität

Wie in der Politik, so dominiert auch in der Expertenmeinung anscheinend immer noch die Scheuklappenmentalität. Die Menschen, die einen Verdienst haben, müssen immer mehr zahlen: Inflation, wachsende Energiepreise, Krankenkasse ... Wachsen die Kosten, so erhöhen die Politiker ihre Bezüge, für Spitzenverdiener sind die Mehrkosten gering, doch die Mehrheit der Arbeitnehmer ist nicht mehr in der Lage, so viel Geld zusätzlich zu sparen. Dabei ist absehbar, dass die Kosten weiter steigen werden. Es mag richtig sein, dass die Wirtschaft wichtig ist, aber das Maß der Entscheidungen sollte für die "Volksvertreter" das Volk sein, nicht die Höhe der Gewinne von Firmen und Banken. Dass die Menschen verunsichert sind, das liegt auch an der Politik, die immer wieder zeigt, wie wenig sie eingreifen kann - oder möchte.

Rüdiger Ramm

Nicht nachvollziehbar

26. Januar: "Nachbarn siegen über Traditionsklub. Baupläne des Klipper für Sportplatzausbau vom Tisch"

Einerseits beschließt der Senat Hamburgs, Sofortmaßnahmen des Breitensports zu fördern, und andererseits ändert der Bezirk seine Rechtsmeinung wegen einer Initiative aus einer Handvoll Einzelhausbesitzern, die ihre Einzelinteressen vor das Allgemeinwohl stellen. Es ist für den Klipper von existenzieller Bedeutung, dass ein Kunstrasen errichtet wird, weil Hockey heutzutage fast nur noch auf Kunstrasen gespielt wird. Einerseits wollen wir sportliche Erfolge, andererseits soll jeder Fortschritt verhindert werden. Dieses ist in keiner Weise nachvollziehbar. Der Klipper ist das soziale Zentrum in Wellingsbüttel, das den Stadtteil erheblich aufwertet. Das muss auch in Zukunft so bleiben!

Christiane Louis-Boysen

Sonderbare Entscheidungen

26. Januar: "Filzvorwürfe mit Bumerangeffekt"

Es ist doch sonderbar, wenn in den ersten neun Monaten der Regierungszeit vier hochrangige Amtsträger ihrer Position enthoben werden und diese durch Angehörige der eigenen Partei ersetzt werden. Mehrfache Umbesetzungen ziehen immer auch Instabilität in der Arbeitsweise nach sich, und die Mehrkosten, die durch Pensionszahlungen entstehen, sind gleichsam nicht zu unterschätzen, mal ganz davon abgesehen, dass es nicht vertretbar ist, jemanden nur auf Grundlage seiner politischen Ansichten seines Amtes zu entheben oder ihn einzusetzen.

Sandra Häberer

Grobe Verallgemeinerung

26. Januar: "Warum die Linke beobachtet werden muss"

Zu Hermann Gröhes Plädoyer für die Beobachtung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz: Diese Ansammlung grober Verallgemeinerungen, willkürlicher Verknüpfungen und unbegründeter Unterstellungen erinnert mich an die Beweisführung sowjetischer Staatsanwälte und Hetzpropagandisten in den Moskauer Terrorprozessen der 30er-Jahre. Das Gebot, "nicht falsch Zeugnis zu reden wider seinen Nächsten", scheint dem EKD-Synodalen Gröhe wenig zu bedeuten. Hat der Verfassungsschutz jemals einst tiefbraunes Politpersonal der Union "beobachtet" oder gar geholfen, es aus dem Verkehr zu ziehen?

Jürgen Kasiske

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