Da der Zug nach einem Unfall ausfiel, fuhr die Familie mit dem Auto – doch der Fahrpreis sollte nur zum Teil erstattet werden.

Der Fall

Hamburg. Die Sonne schien, es sollte eine vergnügte Reise werden, dachte Karen Kaewel (47). Mit ihrer Tochter Lea (12) wollte die Versicherungskauffrau unlängst im Regionalexpress vom Hauptbahnhof nach Dagebühl fahren, von dort weiter mit der Fähre nach Föhr. Lea sollte auf der Nordseeinsel eine Woche Urlaub verbringen. So weit, so gut. Doch: Der Trip wurde zur Tortur. Nach stundenlanger Verspätung im Hauptbahnhof, wo Mutter und Tochter zunächst freudig im Zug, später frustriert auf dem Bahnsteig auf die Abfahrt warteten - es hatte einen Unfall auf der Strecke gegeben - gaben beide entnervt vor der Abfahrt auf. Sie fuhren wieder nach Hause und von dort mit dem Auto nach Föhr. "Meine Tochter weinte, war erschöpft, es war das reinste Chaos", erinnert sich die Mutter. "Ein anstrengender, langer Tag."

Nach dem Ärger in der Bahn begann der Ärger mit dem Geld, das sie für die Tickets (46,60 Euro) zurückbegehrte. Sie erhielt zwar eine Rückerstattung, aber abzüglich 15 Euro Storno-Gebühren. Die Kundin war empört: "Wieso habe ich Unkosten, wenn die Bahn ihren Vertrag nicht erfüllt? Ich habe eine Fahrkarte bezahlt, für die es keinen Zug gab." Ihre Odyssee durch den Service-Dschungel bei der Bahn dauert nunmehr fast zwei Monate: Erster Anruf bei einer Service-Telefonummer, dort verwies man die Kundin auf eine Bahn-Mailadresse "Fahrkartenservice". Die Frau schickte eine Beschwerde-Mail dorthin. Sie bekam die Antwort, sie möge sich gedulden - und eine neue Service-Telefonnummer. Als Karen Kaewel dort anrief, sagte man trocken, ihr Vorgang sei "nicht bekannt." Sie möge sich an die zuständige Mailadresse "Kundendialog" wenden. Das tat sie, in einer weiteren Mail. Immerhin kannte man dort ihren Vorgang. Aber: Sie möge erneut Geduld haben, hieß es. Und: "Wir freuen uns, Sie wieder als Gast begrüßen zu dürfen." Karen Kaewels Fazit: "Erst ärgerte ich mich in der Bahn, dann muss ich noch hinter meinem Geld herlaufen."

Die Recherche

Nachfrage bei der Deutschen Bahn. Wo lief etwas schief? Sabine Brunkhorst. Sprecherin der Bahn in Norddeutschland, sagt: "Unsere Recherche hat ergeben, dass man der Kundin am Anfang leider die in ihrem Fall nicht zuständige Mailadresse des Fahrkartenservice genannt hat, weil die Kundin nicht die Auftragsnummer angegeben hatte." Stimmt nicht ganz - denn auf der besagten E-Mail von Karen Kaewel steht die Auftragsnummer, daran kann es also nicht gelegen haben. Vielleicht an den unterschiedlichen Service-Kontaktadressen, am Hin und Her? Die Bahn räumt ihre Schuld ein: "Bei der Beschwerde von Frau Kaewel handelt es sich in jedem Fall um eine fehlerhafte Bearbeitung, da die Fahrkarte ohne Abzug hätte erstattet werden müssen." Und an Karen Kaewel gerichtet: "Für die Unannehmlichkeiten unserer Kundin aufgrund der Streckensperrung entschuldigen wir uns ausdrücklich."

Das Ergebnis

Der Fall ist gelöst, die Bahn will nun der Frau alles Geld zurückerstatten. "Wir werden die Erstattung der fehlenden 15 Euro veranlassen", versichert Sabine Brunkhorst. Die Benzinkosten, die Karen Kaewel aufwenden musste für die Reise nach Föhr, bekommt sie nicht zurück. Aber die Intervention des Leser-Botschafters hat noch einen Effekt: "Wir schenken Frau Kaewel drei Genussgutscheine, gültig für alle Züge der Deutschen Bahn, im Wert von jeweils fünf Euro." Im Klartext: Wenn Kundin Kaewel das nächste Mal mit der Bahn unterwegs ist, kann sie für die Gutscheine umsonst trinken und essen. Die Abendblatt-Leserin ist überglücklich: "Ich freue mich, dass der Fall endlich gelöst ist. Mir ging es nicht so sehr um die 15 Euro, sondern ums Prinzip und den Service für die Kunden."