Berlin. In den Medien sind für gewöhnlich nur Frauen und Männer zu sehen. Das soll sich jetzt ändern. Eine Mini-Serie beleuchtet das Leben von Transmenschen, die im TV lange ignoriert und tabuisiert wurden.

Wer bin ich? Wo gehöre ich hin? Fragen, auf die viele Menschen irgendwann in ihrem Leben versuchen, eine Antwort zu finden. Für Charlie, gespielt von der 2001 geborenen Lea Drinda ("Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"), sind diese Fragen besonders drängend. Denn Charlie fühlt sich weder als Frau noch als Mann.

"Becoming Charlie" konfrontiert und berichtet mit Charme und Witz die Probleme, denen sich non-binäre Menschen - also Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann identifizieren - ständig stellen müssen. Die Serie läuft am Dienstag ab 20.15 Uhr auf ZDFneo.

Streaming-Anbietern Paroli bieten

Charlie ist Anfang 20 und lebt mit Mutter Rowena (Bärbel Schwarz) in einem Plattenbau in Offenbach. Rowena hat weder ihr eigenes Leben noch die Finanzen der Familie im Griff. Deshalb jobbt Charlie bei einem Essenslieferdienst, um Geld für einen Neuanfang zu sparen. Denn Charlie will unbedingt raus aus der Platte. Doch dann löst ein Streit in der Familie eine Kettenreaktion aus und legt Charlies Pläne zunächst auf Eis. Auf der Suche nach dem eigenen Ich wird Charlie immer wieder aus der Komfortzone katapultiert. Nur im Rap findet Charlie eine Konstante und ein Ventil für die eigenen Gefühle.

"Becoming Charlie" ist ein gutes Beispiel, wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen versucht, mehr junge Leute zu erreichen und gleichzeitig ihre Mediatheken zu stärken. Mini-Serien sollen den hippen Streaming-Anbietern aus den USA etwas Paroli bieten. "Becoming Charlie" ist eine sogenannte Instant-Serie. Das heißt, sie ist in einem beschleunigten Produktionsprozess entstanden - zwischen Konzeption, dem Drehstart im Januar 2022 und der Veröffentlichung im Mai lagen nur wenige Monate.

Blinde Flecken

"Nicht-binäres Leben ist nach wie vor ein blinder Fleck in weiten Teilen unserer Gesellschaft", sagt Lion H. Lau, verantwortlich für das Drehbuch. Dies habe auch damit zu tun, wen Fernsehen zeige und wen nicht. Lau bezeichnet sich selbst als non-binär und möchte mit dem Skript zur Serie zur Aufklärung beitragen. Ihm sei es wichtig gewesen, dass die erste Serie mit einem nicht-binären Hauptcharakter auch von einer Person geschrieben wird, die selbst nicht-binär sei.

In sechs Folgen gehen die Zuschauer gemeinsam mit Charlie auf einen teilweise lustigen und zugleich emotionalen Selbstfindungstrip - ein zeit- und altersloses Thema, das jeden Menschen beschäftigt. Alle Folgen sind bereits ab dem 20. Mai in der ZDF-Mediathek abrufbar.

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