Berlin. Er ist einer der streitbarsten Talker Deutschlands: Michel Friedman. Mit 65 experimentiert er jetzt noch einmal kräftig und startet beim Sender “Welt“ eine Talkshow mit offenem Ende.

Der TV-Talker Michel Friedman macht sich angesichts der Corona-Krise Sorgen um die Bundesrepublik.

"Eine Krise muss anders gemanagt werden als "normaler" Alltag. Das ist nicht der Fall", sagte der Moderator der Deutschen Presse-Agentur vor der ersten Ausgabe seiner neuen Talkshow "Open End" beim Nachrichtensender "Welt".

"Es entsteht der Eindruck, dass Politik zu viel mit sich selbst und der anstehenden Bundestagswahl als mit dem Bewältigen der Pandemie zu tun hat", fügte Friedman hinzu. Dies könne "unserer Demokratie kurz- und langfristig Schaden zufügen". Wer nächste Kanzlerin oder nächster Kanzler wird, tippt Friedman (65), seit 1983 CDU-Mitglied, lieber nicht. "Ich bin von Berufswegen nicht Wahrsager, sondern Journalist."

Das Thema der ersten "Open End"-Ausgabe lautet "Wut". Gäste sind die Schriftstellerin Thea Dorn, der Fernsehjournalist Michel Abdollahi und der Soziologe Heinz Bude. Die Anfangszeit an diesem Samstagabend (17.4.) ist mit kurz nach 23 Uhr klar, das Ende ist jedoch offen.

Der Publizist und Anwalt Friedman sagte zum Thema "Wut": "Ich bin nicht wütend." Er sei aber in der Pandemie "beunruhigt und verärgert". "Zu viele Fehler sind von zu vielen Verantwortlichen in der Politik gemacht worden. Die Unentschlossenheit der Politik, die Tatsache, dass jetzt Versäumnisse vieler Jahre noch deutlicher werden, aber trotzdem immer noch nicht effektiv gehandelt wird, wird in der politischen Debatte der nächsten Monate, spätestens wenn die Pandemie-Krise bewältigt sein wird, heftig zu diskutieren sein."

In der Coronakrise gebe es ein "Bedürfnis nach intensiven Gesprächen, nach Argumentation und Reflexion", so Friedman. "Bei "Open End" nehmen wir uns die Zeit, substanzielle Gespräche zu führen. Es geht um gegenseitige Neugier, um das Interesse an der Meinung des Gegenübers und die Auseinandersetzung damit." Er freue sich, dass sein Sender dieses Experiment mit ihm wage.

"Um was es geht, ist, dass unterschiedliche Positionen mit Argumenten im Wettbewerb zueinander stehen, und dass ich als Gastgeber diesen Wettbewerb ermögliche", sagte Friedman. "Nicht die Polemik, nicht das populistische Argument, sondern das Nachdenkliche sollte im Vordergrund stehen."

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