Lüneburg. In “Das Geheimnis des Totenwaldes“ spielt Matthias Brandt einen ungewöhnlichen Polizeichef. Die Rolle im ARD-Dreiteiler um eine mysteriöse Mordserie in Niedersachsen verlangt ihm vieles ab.

Der ARD-Dreiteiler "Das Geheimnis des Totenwaldes" ist für Matthias Brandt eine Herausforderung gewesen. Die jahrzehntelangen Ermittlungen in der niedersächsischen Göhrde treibt er als machtloser Hamburger LKA-Chef Thomas Bethge voran. Sein Antrieb: die verschwundene Schwester finden.

So bedrückend wie das Thema nach einer wahren Geschichte ist, so einfühlsam spielt Brandt ab Mittwoch (2. Dezember) den verzweifelten Polizisten. Im dpa-Interview spricht der 59-Jährige über die etwas andere Rolle.

Frage: Den Krimi-Dreiteiler "Das Geheimnis des Totenwaldes" zeigt die ARD mit Ihnen in der Hauptrolle des LKA-Chefs, dessen Schwester ermordet wurde. Es ist ein Jahr her, dass unter ganz anderen Bedingungen gedreht wurde. Viele Szenen haben eine große Nähe, wäre das jetzt noch möglich?

Antwort: Ich bin über alles froh, was vor Corona war. So etwas wäre gar nicht durchzuführen, das hätte man lange verschieben müssen.

Frage: Als Betrachter erstaunen einen in dieser Zeit die vielen dichten Szenen, wie geht Ihnen das?

Antwort: Weil so viel passiert ist in diesem Jahr, kommt es einem länger her vor und der Kontrast ist stärker. Der Unterschied ist extrem, weil man in ein anderes, früheres Leben hineinschaut. Vor der Pandemie hätten wir uns das, wie es jetzt ist, doch niemals vorstellen können.

Frage: Die Serienmorde in der niedersächsischen Göhrde vor 31 Jahren, die Schlampereien bei den Ermittlungen und die Situation des LKA-Chefs wirken beklemmend. Trotzdem eine Empfehlung für die Adventszeit?

Antwort: Das ist keine leichte Kost, eine bedrückende Geschichte, aber ich wüsste nicht, wie man es anders hätte erzählen können.

Frage: Wie gefiel Ihnen der Perspektivwechsel - in diesem Fall wurden die Kriminalfälle aus Opfersicht dargestellt. Und wie sehr hat Sie die Person des Ermittlers beschäftigt?

Antwort: Die meisten Krimis beschäftigen sich nur mit den Tätern und den Ermittlern. In diesem Fall ist es anders, weil es um die Opfer geht. Die Rolle war schon deswegen besonders, weil ein Zeitraum von über dreißig Jahren erzählt wird. Ich glaube, in künstlerischen Berufen kann man nicht so trennen, man trägt das dann schon mit sich herum. Wichtig ist es aber, das abzuschließen, wenn die Arbeit vorbei ist. Sonst hängt es einem nach.

Frage: Ein Dreiteiler im Dezember, mögen Sie selbst so etwas?

Antwort: Ich bin nicht unbedingt so ein Serienfan und habe sehr viel übrig für das klassische Filmformat. Aber gerade wird viel in Mehrteilern erzählt, was den Erzählungen nicht immer gut tut. In diesem Fall ging mir das allerdings nicht so, die Geschichte ist sehr komplex und umfasst eine lange Zeitspanne. In der Mediathek gibt es sie auch als sechsteilige Miniserie.

Frage: Wie geht es Ihnen zurzeit ohne feste Projekte, die alle abgesagt wurden?

Antwort: Ich bin privilegiert und halte noch ein bisschen durch in dieser bedrückenden Situation. Aber viele meiner Schauspielkollegen, die frei arbeiten und nicht im Theaterengagement mit festem Gehalt sind, haben seit März kein Einkommen. Für die ist es sehr schwer.

Frage: Wie sehen Sie die Zeit um Weihnachten, wo sich viele Menschen nach Nähe sehnen?

Antwort: Mein Hauptproblem ist nicht Weihnachten, es ist mir fremd, das als wichtigstes Ziel auszugeben. Die Situation ist Mist, aber wir müssen da durch. Es scheint ja mit der Impfung schneller voranzugehen, als wir noch vor ein paar Wochen dachten. Das ist doch eine Perspektive.

Frage: Wie gehen Sie mit den Kontaktbeschränkungen um?

Antwort: Ein Schauspieler, der nicht arbeitet, hat wenig Kontakte. Ich bin eher für mich und versuche, mich an die Regeln zu halten. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Menschen haben schon andere Sachen überstanden als diese Krise.

Frage: Dann sind Sie Optimist?

Antwort: Ich bin fast 60 Jahre alt, dazu ist das Leben zu kompliziert, finde ich, um entweder Optimist oder Pessimist zu sein. Ich finde die Situation schwierig, nicht düster. Die Pandemie dauert schon lange, unsere Illusionen aus dem Sommer, wo es sich anfühlte, als hätten wir's hinter uns, sind vorbei. Aber wissen Sie, ich bin froh, dass ich in dieser Zeit nicht in den USA oder Brasilien lebe.

Frage: Womit vertreiben Sie sich Ihre Zeit? Gibt es ein neues Buchprojekt?

Antwort: Ich habe verschiedene Betätigungsfelder, das kommt mir natürlich gerade zugute. Langweilig ist mir jedenfalls selten.

ZUR PERSON: Matthias Brandt ist einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler. Nach einer Laufbahn an mehreren renommierten Theatern startete der 1961 in West-Berlin geborene Sohn des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt (SPD) erst um die Jahrtausendwende beim Fernsehen durch. Extrem populär wurde Brandt etwa als Münchner Hauptkommissar von Meuffels in der ARD-Krimireihe "Polizeiruf 110" (2011-2018). Bei alledem sagte er in Interviews wiederholt, künstlerisch sei er "ins Scheitern verliebt".

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