Wiesbaden/Wien. Zwei Familien, ein Grundstück, eine Weltkriegsbombe - könnte schon schiefgehen, wenn nicht auch noch zwei Kulturen aufeinanderprallen würden. Die Culture-Clash-Komödie “Ziemlich russische Freunde“ im Ersten vereint Slapstick mit überraschend liebevollen Tönen.

Dem Zierfisch bekam der Wodka auch nicht. Leblos treibt er im Aquarium, nachdem die zwei Ehepaare etwas zu ausgelassen auf ihren Immobiliendeal angestoßen haben.

Auf dem Baugrund der deutschen Weigels am Stadtrand von Wiesbaden wollen sich die russischstämmigen Galkins endlich den Traum von Eigenheim und deutscher Bürgerlichkeit erfüllen. Während Daniela (Susanna Simon) und Svetlana (Katerina Medvedeva) einander skeptisch beäugen, kann nicht einmal das jähe Ende der Fete die neue Freundschaft zwischen Bernd (Oliver Mommsen) und Viktor (Jevgenij Sitochin) trüben.

Wenn da bloß nicht die Weltkriegsbombe im Grundstück wäre, von der zunächst nur die Zuschauer der ARD-Komödie "Ziemlich russische Freunde" wissen. Das Erste zeigt den flotten Culture-Clash-Streifen von Regisseurin Esther Gronenborn am Freitag (27. November, 20.15 Uhr).

Was macht man nun mit einem Blindgänger? Kampfmittelräumdienst holen, sagt der Deutsche. Die Sache selbst regeln, sagt der Russe. Kumpel Sergej hat doch einen Abschleppdienst. Einen Großeinsatz später gibt es beim Treffen der Familien statt Hering und Schnaps eine gesalzene Rechnung und eisige Stimmung. Pech für Weigel-Sohn Johannes (Anton von Lucke), der eigentlich nur noch Galkin-Tochter Irina (Barbara Prakopenka) beim Balalaika-Spielen anhimmeln möchte. Vielleicht weiß Opa Weigel (Wolfgang Stumph) in seiner Senioren-WG Rat.

Dass die deutsch-österreichische Produktion nie zum beleidigenden Klischee-Klamauk ausufert, sondern tatsächlich eine Liebeserklärung an die russische Immigranten-Seele wird, ist auch die Leistung der Drehbuchautoren Michael Vershinin und Heino Kronberg. Russlandvertraute erkennen Details wie einen eingestreuten Stirlitz-Witz. Einwandererkindern könnte Irinas Rolle als Kultur-Erklärerin genauso bekannt vorkommen wie die Oma (Natalia Bobyleva), die beim Gemüseschälen seufzt: "Mein Sohn ist diplomierter Ingenieur, und was macht er hier? Verkauft Badewannen und Klositze."

"Dass die Oma bei ihnen wohnt! Da ist viel dabei, was wirklich wahr ist, was wirklich dort existiert", sagte die Schauspielerin Susanna Simon. Die in Kasachstan geborene Tochter eines Deutschen und einer Russin kennt den Zusammenstoß der beiden Kulturen bestens - im Gegensatz zu ihrer Filmrolle, die sich bei ihrer ersten Begegnung mit Hering im Pelz über das "gastroenterologische Tschernobyl" beschwert.

"Am Set, das war wie nach Hause kommen. Meine beiden Seelen in meiner Brust wurden bedient", sagte die 52-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. "Die russische Sprache - daraus erschließt sich auch die Mentalität. Über was man sich unterhält ist einfach anders. Es wird gleich sehr viel emotionaler und beseelter, sage ich mal. Und das reservierte, was ich eigentlich habe, auch das kühle Nordische, ist total weg."

Die Diskussion im Film, berichtet Simon, sei denn auch bei den Schauspielern hinter den Kulissen ähnlich ausgefallen: "Es gab tatsächlich unterschiedliche Meinungen bei der Bombe", sagt Simon. "Die Deutschen sagten, also ich auch: "Niemals darf man alleine eine Bombe entschärfen, man muss da jemanden holen!" Die Russen waren eher anderer Meinung: "Joa, wieso, passiert doch nichts."" Auserzählt, so findet sie, sei die Geschichte der Galkins und Weigels mit dem Film noch lange nicht.

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