Berlin. Bei „Hart aber fair“ wurde über eine mögliche Abwrackprämie diskutiert. Aktivistin Reemtsma kritisierte die Bundesregierung scharf.

Während in den meisten Talksendungen noch das Für und Wieder der derzeitigen Lockerungen der Corona-Maßnahmen diskutiert wird, denkt man bei „Hart aber fair“ schon weiter. „Wie kommt die Wirtschaft aus der Corona-Starre?“ – das wollte Moderator Frank Plasberg von seinen Gästen wissen. Der wahre Schock stehe der Wirtschaft schließlich noch bevor.

Zwar läuft in vielen Fabriken der Betrieb wieder an und die Geschäfte öffnen – doch viele Menschen sind nicht in der Stimmung zum Geldausgeben. Braucht die deutsche Wirtschaft deshalb Prämien und Steuererleichterungen oder gar Konsumgutscheine? Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sieht vor allem eine Industrie als Schlüssel zum Wirtschaftswachstum.

Hart aber fair – das waren die Gäste:

  • Peter Altmaier, CDU, Bundesminister für Wirtschaft und Energie
  • Katja Kipping, Die Linke, Parteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete
  • Sarah Stücker, Eventmanagerin
  • Thomas Meyer, Unternehmer, Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Präsident der Industrie- und Handelskammern NRW
  • Carla Reemtsma, Klima-Aktivistin, Mitorganisatorin der „Fridays for Future“-Demos

Altmaier bei „Hart aber fair“: An Autoindustrie hängen Hunderttausende Jobs

„Wir haben immer gesehen, wenn es in der Automobilindustrie vernünftig funktioniert, dann geht es auch der Wirtschaft insgesamt gut“, sagte der CDU-Politiker in der Talkshow. Davon hätten auch die Bürger etwas. Nicht nur bei den Herstellern gelte es, Hunderttausende Arbeitsplätze zu retten, sondern ebenso bei den zahlreichen Zulieferern, Handwerksbetrieben und Maschinenbauern.

Er wolle die deutsche Wirtschaft in ihren leistungsfähigen Teilen erhalten, erklärte Altmaier. Das habe nichts mit Unternehmensrettung zu tun: „Es geht darum, wie wir unsere Wirtschaft wieder so in Fahrt kriegen, dass der Staat Einnahmen hat, dass Sozialabgaben bezahlt werden, Löhne und Renten wieder steigen.“

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Katja Kipping bei „Hart aber fair“: Abwrackprämie hat schon einmal nichts gebracht

Harte Kritik gab es für diese geradezu auto-zentrierten Aussagen von Katja Kipping (Die Linke): „Im Jahr 2009 hat die Abwrackprämie den Steuerzahler etwa fünf Milliarden Euro gekostet. Dafür sind kurzzeitig die Pkw-Neuzulassungen gestiegen, in den Jahren danach sind die Zulassungen aber deutlich zurück gegangen.“ Abwrackprämien hält die Linken-Chefin seitdem für „vorgezogenes Strohfeuer“, das wirtschaftspolitisch nichts bewirke. Lesen Sie hier: Modell für Abwrackprämie steht – Entscheidung aber vertagt

„Den vielen Beschäftigten in der Autobranche streut man damit Sand in die Augen, weil man den Eindruck erweckt mit der Prämie könne alles so weiter gehen“, sagte Kipping bei „Hart aber fair“. Selbst Moderator Frank Plasberg erlaubte sich einen parteiischen Moment, als er ein Statement von Herbert Diess abspielte, in dem dieser für eine neue Abwrackprämie als „kraftvollen Impuls“ wirbt: „Man muss sich, glaube ich, mal anschauen, mit welcher lächelnden Selbstverständlichkeit der VW-Chef für Prämien als Allheilmittel wirbt“, so Plasberg.

„Hart aber fair“ zur Corona-Krise: Klima-Aktivistin Carla Reemtsma mit scharfer Kritik

Auch Klima-Aktivistin Carla Reemtsma regt sich über die Automobilindustrie auf: „Es ist eine absolute Dreistigkeit, diese Prämie zu fordern und zu behaupten, das wäre jetzt ein sinnvolles Instrument.“ Nicht nur wirtschaftspolitisch hätte die Abwrackprämie 2009 versagt, auch sozialpolitisch sei sie höchst bedenklich.

„Im Zweifel finanzieren Leute mit geringem Einkommen durch Steuern die Autos von Firmen oder tendenziell Besserverdienenden.“ Zudem sei die Abwrackprämie eben keine Umweltprämie. Jetzt vergleichsweise neue Autos zu verschrotten, sei „der absolute Tiefpunkt einer ohnehin schon miserablen Verkehrspolitik dieser Bundesrepublik“. Mit einer Verkehrswende habe das nichts zu tun.

Corona-Talk bei Plasberg: Unternehmer mahnt Geduld beim Konsumklima an

Peter Altmaier holte tief Luft und verteidigte die Linie seines Ministeriums: „Die Kaufprämien fordern ja nicht nur die Automobilherstellern, sondern genauso Gewerkschaften oder der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann.“ Wenn von so vielen Seiten der Vorschlag komme, müsse man darüber nachdenken. Klar sei aber auch: „Es wird keine isolierte Prämie nur für die Automobilindustrie geben“, sagte Altmaier in der Sendung. Lesen Sie auch: Altmaier kündigt Produktion von Milliarden Schutzmasken an

Eher verhalten reagierten die Gäste aus der Wirtschaft. Thomas Meyer, Unternehmer und Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, befürwortet zwar Prämien, die neue Technologien wie Elektroautos fördern. Er wünscht sich, dass damit nachhaltige Mobilität zum Zug kommt. Zu Beginn der Talkshow mahnte Meyer aber Geduld an.

Man dürfe das Konsumklima in der derzeit prekären Situation nicht aus dem Blick verlieren: „Ich glaube, bevor wir jetzt mit Kaufprämien anfangen und damit die Summe steigern, die wir alle später zurückzahlen müssen, sollten wir bestimmte Wirkungen abwarten.“ Noch könne man gar nicht absehen, inwiefern in den nächsten Wochen wieder ein angenehmes und sicheres Einkaufserlebnis möglich sei.

Altmaier stellt Anschlussprogramm für Corona-Soforthilfen in Aussicht

Die Eventmanagerin Sarah Stücker, eigentlich Mitinhaberin eines Unternehmens für Veranstaltungstechnik, hilft gerade bei der Spargelernte. Der Veranstaltungsmarkt liegt schließlich gezwungenermaßen komplett flach. Sie brachte in die Runde einen wichtigen Punkt ein, der in der Diskussion leider etwas unterging: „Solche Gutscheine sind zwar ganz nett, aber sie können eben nicht die Wirtschaft ankurbeln. Ganz viele Dinge werden nicht mit dem Besuch eines Ladens geklärt.“

Bis Anfang Juni werde die Bundesregierung deshalb weitere Vorschläge für ein Konjunkturprogramm zusammentragen, erzählte Altmaier. Denn: „Es ist nicht beliebig viel Geld vorhanden“, so der Wirtschaftsminister. Ein Anschlussprogramm für die Soforthilfen für Betriebe, die gar nicht oder nur beschränkt wirtschaften können, kündigte er trotzdem schon mal an.

So wurde die Corona-Krise bisher bei „hart aber fair“ diskutiert: