Berlin. Brisantes Thema mit Starbesetzung inszeniert: Eine Anwältin, die Männer unter Vergewaltigungsverdacht verteidigt, gerät in Gewissensnöte. Regie führte der Krimi-Fachmann Lars Becker (“Nachtschicht“).

Es ist ein bitteres Erlebnis: Mirella Hayek (Franziska Hartmann) ist vom Job suspendiert. Der Pförtner nimmt ihr die Einlasskarte ab und überreicht ihr die persönlichen Dinge.

Gleichzeitig sitzt die Anwältin Annabelle Martinelli (Natalia Wörner) dem Rapper Momo (Lefaza Jovete Klinsmann) gegenüber, der seine Freundin Donna (Almila Bagriacik) vergewaltigt haben soll. Annabelle übernimmt den Fall - doch ihr Chef John Quante (Fritz Karl) hat noch eine Akte für sie. Der Unternehmensboss Mike Petry (Felix Klare) soll während einer Dienstreise seine Assistentin vergewaltigt haben - Mirella. Sie ist mit Annabelle befreundet. Die Verteidigerin gerät prompt in einen schweren Gewissenskonflikt, als sie von Mirella um professionelle Hilfe gebeten wird. Das ist die Ausgangslage des ZDF-Thrillers "Wahrheit oder Lüge" an diesem Montag um 20.15 Uhr.

Es ist ein aktuelles und wichtiges Thema, das hier leider nicht ohne Klischees auskommt. Der Rapper und seine Freundin tragen riesige Sonnenbrillen, fahren dicke Autos, pflegen eine derbe Sprache und zeigen sich ziemlich aggressiv. Der glatte Firmenboss will seine Familie außen vor lassen und ist auf einen außergerichtlichen Vergleich aus. Derweil hat der windige Kanzleichef nur zwei Dinge im Sinn: mit Momo in die Medien und mit Petry an das große Geld zu kommen.

Der Regisseur Lars Becker hat diesen Krimi wendungsreich und spannend in Szene gesetzt, gemeinsam mit dem Kameramann Ralf Noack (42, "Gefangen im Paradies"). Die beiden Vergewaltigungsfälle im Film werden geschickt miteinander verwoben, denn es geht jeweils um die Wahrnehmung der eigenen Wahrheit, und alle Betroffenen kämpfen mit harten Bandagen. Das Drama hat für sie alle herbe Konsequenzen - auch für die Anwältin, die gar nicht so emotionslos ist wie sie tut.

Natalia Wörner (52, "Unter anderen Umständen") spielt sie ebenso nuancenreich wie Franziska Hartmann (35, "Sterne über uns") deren Freundin. Zwar ist die "Me too"-Debatte mittlerweile abgeflacht, aber dieser Film stellt einen sehenswerten und ungewöhnlichen Beitrag dazu dar - vor allem deshalb, weil bis zum konsequenten Ende unklar bleibt, wer hier Opfer und wer Täter ist. Oder eben auch beides.