Berlin. Lachen muss sein, vor allem in politisch schwierigen Zeiten. Ein Medienanalytiker hat die drei zuschauerstärksten Satireformate in Deutschland untersucht und festgestellt: Sie sind sehr politisch.

Satiresendungen sind im deutschen Fernsehen auf dem Vormarsch - zu diesem Schluss kommt der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler. Für die Frankfurter Otto-Brenner-Stiftung schrieb der frühere Leiter des Grimme-Insituts in Marl eine Studie mit dem Titel "Quatsch oder Aufklärung? Witz und Politik in heute show und Co".

Gäbler verglich dafür die "heute show", "Die Anstalt" (beide ZDF) und "extra 3" (NDR Fernsehen).

"Die konkrete Untersuchung hat gezeigt, dass sowohl in der "heute show" wie in den anderen en detail analysierten Formaten (...) politische Themen in großer Dichte vorkommen", schreibt Gäbler, der sich das erste Halbjahr 2016 vorknöpfte und mitzählte: Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde demnach 51 Mal aufs Korn genommen, der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel 25 Mal und CSU-Chef Horst Seehofer 23 Mal.

"Die politischen Themen sind fast verblüffend dominant und werden in großer Dichte dargeboten", resümiert Gäbler. "Der gelegentlich geäußerte Verdacht, hier werde rundweg alle Politik für blöd und nutzlos erklärt, lässt sich bei einer detaillierten Aufschlüsselung der Sendungen nicht erhärten. Alle drei Sendungen bereichern auf ihre Weise die Fernsehlandschaft." Aber: "Satire ersetzt nicht die politische Berichterstattung. So weit ist es in Deutschland noch nicht."

Dass Satire boomt, hänge mit veränderter Mediennutzung zusammen. "Die großen gemeinschaftsstiftenden Medienprodukte verlieren Rezipienten, die einzelne Nachricht, die Schlagzeile, die auf individuelle Interessen zugeschnittenen News gewinnen tendenziell an Bedeutung", so Gäbler. "Nachricht und Verstehen klaffen oft auseinander. Die klassische politische Berichterstattung ist vielen zu zäh."

Vorreiter in der Branche ist nach Gäblers Auffassung die "heute show" mit Oliver Welke. Sie sei die "mit Abstand populärste und zugleich die schnellste, lauteste und dichteste Sendung". Zudem sei sie "anschlussfähig für Zuschauer mit unterschiedlich ausgeprägtem politischem Vorverständnis" - das sei aber gerade ihre Stärke: "Sie sendet nicht nur für bereits Eingeweihte."

"Die Anstalt" sei am stärksten der Tradition des klassischen Kabaretts verhaftet, heißt es in der Studie weiter. Sie unterliege aber der Gefahr, "vor allem für die schon Bekehrten zu predigen, ist in der Radikalität ihres kritischen Ansatzes aber unbedingt ein Unikum im deutschen Fernsehen".

Das 40 Jahre alte NDR-Magazin "extra 3" mit dem derzeitigen Moderator Christian Ehring ist laut Gäbler das traditionsreichste Format. "Die Sendung ist ein Hybrid aus vielen Formen, halb Kleinkunst, halb Magazin. Hier gibt es eine Fülle von Sketchen, selbstgemachten Einspielfilmen und sogar Live-Parodien." Trotz einzelner großer Erfolge, wie zum Beispiel mit dem "Erdogan-Lied", sei sie aber noch keine prägende Marke für das Erste geworden. Das liege vor allem am Sendeplatz am Donnerstagabend, der ständig zwischen verschiedenen Formaten wechsele, keinem aber einen festen Platz biete.

Jan Böhmermanns nach der Schmähkritik an dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan oft diskutiertes "Neo Magazin Royale" spielte in Gäblers Analyse keine Rolle. "Es ist doch - nach wie vor und trotz allem Hype - eher was sehr Spezifisches für Randgruppen im Nischenprogramm", sagte Gäbler. "Überhaupt nicht vergleichbar mit dem Riesenerfolg und -Zuschauerzuspruch der "heute show"." Böhmermanns Sendung habe eher das Grundthema "Ich und die Medien", sei darum "manchmal herrlich treffend in der Medienkritik, manchmal unerträglich in der Selbstbespiegelung".