Berlin. Die DDR ist Geschichte, nun schon seit 26 Jahren. Mord jedoch verjährt nie, und so deckt eine TV-Kommissarin einen alten Fall wieder auf, bei dem Ungeheuerliches zutage kommt.

In der ehemaligen DDR hat die Staatsführung gerne gefeiert, in schönen Landhäusern und auf Jagdgesellschaften. Dabei wurde dann schon mal nicht nur das Wild zu Fall gebracht - wie viele Jahre später die Aufklärung eines alten Tötungsdeliktes deutlich macht.

Zu sehen ist das in dem Thriller "Lotte Jäger und das tote Mädchen" an diesem Montag (20.15 Uhr) im ZDF.

Nach zwölf Jahren Mordkommission konnte sie keine Toten mehr sehen: Lotte Jäger (Silke Bodenbender) hat ihren Job an den Nagel gehängt und liegt im sonnigen Garten ihres Elternhauses in Potsdam, das sie von ihrer Mutter geerbt hat. Ihr Mann Uwe (André Szymanski) ist Musiker. Mit ihrem Kollegen Kurt Schaake (Sebastian Hulk) arbeitet sie in der SE 12 (Sonderermittlung) - und die steht für ungeklärte Morde. Es folgt ein Rückblick auf den 24. August 1988 in die Schorfheide in Brandenburg: Ein junges Mädchen läuft durch einen Wald, um sich mit seinem Freund Jörg Teschke (Lucas Prisor) zu treffen - während rings um die junge Frau herum die Jäger auf das Rotwild schießen. Kurze Zeit später liegt das Mädchen, die Gästebetreuerin Birgit Wachowiak (Isolda Dychauk), tot im Wald.

27 Jahre später erkennt Teschke in der U-Bahn in Berlin den Ex-Funktionär Brasch (Torsten Michaelis) wieder, der ihn damals im Prozess schwer beschuldigt hatte, so dass er wegen Mordes an seiner Freundin zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Als er den Mann verfolgt, stürzt er eine Treppe hinunter und fällt ins Koma. Mit Hilfe von Teschkes jetziger Frau Ulla (Inga Birkenfeld) und der Mutter des Opfers (Marie Gruber) macht sich Lotte Jäger an die späte Aufklärung des Falles, bei der herauskommt, dass Birgit sich prostituiert hat und die Servicekraft Sonja Platschek (Anna Maria Mühe) nicht nur eine Kollegin war. Lotte Jäger deckt ein perfides Netzwerk von politischen Stasi-Verstrickungen, persönlichen Abhängigkeiten und zurückgewiesener Liebe auf.

Die Regisseurin Sherry Hormann und die beiden Autoren Rolf Basedow und Ralf Zoller führen den Zuschauer tief in die DDR-Vergangenheit, in der die Menschen aus der Handlung in wechselseitige Abhängigkeiten und Seilschaften verstrickt waren. Gedreht wurde in Erich Honeckers Jagdschloss Hubertusstock, mit sehr vielen Originalrequisiten (das "Mielke-Puzzle", Hirschgeweihe, Wandkacheln). Die Ost-Figuren wurden mit ehemaligen DDR-Schauspielern besetzt, die West-Figuren mit Schauspielern aus dem Westen. Das alles sorgt schon für eine einzigartige Atmosphäre und Glaubwürdigkeit - auch wenn etwas zu viele Personen auftauchen und die Handlungsstränge stellenweise unübersichtlich verlaufen.

Alle Schauspieler - und sei die Rolle noch so klein - sind exquisit besetzt und agieren wirklich überzeugend. Genannt sei hier Andreas Schmidt-Schaller als einziger Wende-Gewinner im Film, der ansonsten viele gebrochene Existenzen zeigt. Silke Bodenbender (42, "Bis nichts mehr bleibt") spielt Lotte Jäger als unerschrockene Ermittlerin, die meist gut gelaunt in ihrem alten Peugeot-Cabrio herumfährt und erstaunlich viel aus fast allen ihren Zeitzeugen herausholt (auch beim Fischeausnehmen).

"Lotte Jäger ist eine sympathisch eigenwillige Beamtin mit Hippie-Seele", sagte Bodenbender der Deutschen Presse-Agentur. "Sie kann sich ganz auf die Menschen und ihre Umgebung einlassen und bringt sie so dazu, sich ihr zu öffnen. Sie überwindet Distanz und schafft es, die vergangenen Ereignisse mit den Augen der anderen zu sehen. Wenn sie sich dann sicher ist, schlägt sie mit einer gewissen Lässigkeit zu. Neben all der fröhlichen Gelassenheit schlummert in ihr aber auch ein plötzlich aufbrausendes Temperament, das sich im ersten Fall eher erahnen lässt."

Ein weiterer Fall mit ihr als Lotte Jäger ist bereits in Vorbereitung. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass man gelebte Geschichte in einen spannenden Krimi verwandeln kann - getreu dem Motto: Die Vergangenheit ist nicht tot, sie ist noch nicht einmal vergangen.