Berlin. Wladimir Kaminer war in Nordfriesland, in Offenbach, in Eisenach und im Spreewald. Über seine Erfahrungen unterwegs berichtet er nun im Fernsehen, zuerst über das Allgäu. Für seine Frau Olga und für alle anderen.

Wladimir Kaminer ist ein in Moskau aufgewachsener Berliner. Er hat seinen eigenen Blick auf die Dinge, und das ist auch gut so. Seine Bücher wie "Reise nach Trulala" oder "Liebesgrüße aus Deutschland" profitieren davon und seine Reportagen auch. Im vergangenen Jahr war er zum ersten Mal für 3sat unterwegs durch Deutschland, in diesem Jahr ist er noch einmal aufgebrochen. Das Ergebnis ist die neue fünfteilige Reihe "Kulturlandschaften. Wladimir Kaminer in der deutschen Provinz". Zum Auftakt geht es ins Allgäu. Kaminer besucht dort unter anderem Künstler, die immer ein bisschen aus dem Rahmen fallen, mit der Region verbunden sind, aber nie dem Klischee entsprechen. 3sat zeigt die Folge am Montag um 19.30 Uhr.

Reisereportagen sind Kaminers Erkundungen der deutschen Provinz nur im weitesten Sinn, auch wenn er schon mal ins Schwärmen über die unerwartet liebliche Gegend gerät. Mehr als Landschaft und Sehenswürdigkeiten interessieren den Besucher aus der Hauptstadt aber die Menschen im Allgäu, insbesondere die kreativen: Der Holzbildhauer Christoph Finkel in Bad Hindelang nahe der österreichischen Grenze zum Beispiel. Er lebt dort im alten Schulhaus und macht Kunst aus dem Holz von Bäumen, die von Lawinen oder der Altersschwäche gefällt wurden.

Kaminer fühlt sich gleich zu Hause, plaudert mit ihm über die Grenze zwischen Kunst und Tischlerei, drechselt mit ihm einen Bierhumpen und geht hinterher mit ihm noch ins Wirtshaus. Dort trifft er eine Handvoll Allgäuer Musiker, die allerdings nicht zur Zither greifen, sondern zu Gitarre und Akkordeon "Empört euch!" singen, eher zeitgemäßes Liedgut, zu dem Kaminer mit der Gabel den Takt auf einen Teller schlägt. Und hinterher trinken sie alle gemeinsam auf die Kunst.

Kaminer schnappt sich dann seinen Laptop und macht sich Notizen über seine Eindrücke - die er für seine Frau festhält: "Heute, liebe Olga, schreibe ich dir aus dem Allgäu", notiert er. Oder: "Alles ist hier nicht so wie bei uns in Berlin, sogar das Bier ist hier anders." So wie oft auch in seinen Büchern gibt Kaminer den Naiven, staunt über die vielen Kühe oder den Allgäuer Dialekt, in dem Schmalzgebäck Nonnenpfürzle heißt und über die Landschaft, die "unglaublich schön" ist.

So wie die Berggipfel, auf die es Günter Rauch immer wieder zieht, ein Künstler, der dort Holzpforten aufstellt und Wladimir Kaminer gleich mitnimmt auf 1400 Meter Höhe. Schwere Holzbalken müssen dafür hoch auf den Gipfel geschleppt werden. Kaminer packt mit an, genau wie zwei Flüchtlinge aus Syrien und einer aus dem Senegal. "Ach, Olga", schreibt der Reporter "was für eine spektakuläre Aktion!" Und seine Begeisterung für Günter Rauch scheint ganz ehrlich gemeint zu sein. Dennoch heißt es dann bald: "Aber jetzt, meine liebe Olga, freue ich mich auf dich und auf Berlin!"