Hamburg. Unsichere Zeiten sind immer auch ein saftiger Nährboden für Verschwörungstheorien aller Art. Der Anschlag vom 11. September 2001? Angeblich von der CIA gesteuert. Die weißen Kondensstreifen, die Flugzeuge in den blauen Himmel ziehen? Angeblich Chemtrails, chemische Stoffe zur Manipulation der Bevölkerung. Das Internet mit seinen Foren und Netzwerken offenbart nicht nur menschliche Abgründe, sondern befeuert solche kruden Theorien zusätzlich mit vermeintlichen Beweisen.
Mit diesen beschäftigen sich Alexa und Alexander Waschkau. Das Ehepaar betreibt seit 2010 eine Audiosendung, in der es mit Gesprächsgäste und wissenschaftlicher Methoden populäre Verschwörungstheorien widerlegt. Da dies nicht nur informativ ist, sondern auch ungemein unterhaltsam geschieht, hat „Hoaxilla - Der skeptische Podcast aus Hamburg“ eine treue Fangemeinde. Bis zu 50.000 Menschen hören die Sendung regelmäßig. Aufgenommen wird sie mehrmals im Monat mithilfe zweier Mikrofone und eines Computers im Wohnzimmer des Paares, vertrieben wird sie als kostenloser Podcast.
Auch viele Radiosender bieten regelmäßig Podcasts an
Damit reiht sich „Hoaxilla“ in eine Vielzahl anderer Sendungen ein. Podcasts sind Audio- oder Videodateien, die über das Internet auf Geräte wie etwa ein Smartphone oder Tablet geladen werden können. Benötigt werden dafür Apps wie „iTunes“ oder vergleichbare Programme, mit denen sich Sendungen suchen, herunterladen und abspielen lassen. Im Fahrwasser immer populärerer Streamingdienste wie Netflix oder Spotify erfreuen sich auch Podcasts wachsender Beliebtheit. Der Trend geht eben weg von den hergebrachten Formen des Medienkonsums hin zu On-Demand-Diensten. Bedeutet: Der Kunde stellt sich zunehmend selbst zusammen, was er hören oder sehen möchte. Und vor allen Dingen wann. Das gilt für Popsongs ebenso wie für Fernsehsendungen, Spielfilme und eben Podcasts. Das Internet macht’s möglich.
Grundsätzlich kann zwischen originären Podcasts und solchen, die eher Zweitverwertung sind, unterschieden werden. Die meisten Radio- und Fernsehstationen bieten ihren Zuschauern und Zuhörern Letzteres an. Das Deutschlandradio, also Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen, stellt beispielsweise mehr als 100 verschiedene Podcasts zur Verfügung. Sendungen, die zuvor im Radio liefen, werden so auch für Menschen zugänglich, die die Ausstrahlung verpasst haben. Sie lassen sich in der U-Bahn, auf dem Weg zur Arbeit oder im Fitnessstudio nachhören. Je nachdem, wo und wann der Hörer es möchte.
Olli Schulz und Jan Böhmermann gehören zu den beliebtesten Podcastern
Zu den beliebtesten Podcasts in Deutschland gehört die Radiosendung „Sanft & Sorgfältig“ mit dem Hamburger Musiker Olli Schulz und Moderator Jan Böhmermann. Die Sendung, in der sich die beiden knapp eine Stunde lang über Gott und die Welt unterhalten, wird von mehreren öffentlich-rechtlichen Radiostationen ausgestrahlt. Sie ist aber bei jungen Hörern vor allem als Podcast beliebt. Auch die Hamburger Kultserie „Dittsche“ ist als Audio-Podcast verfügbar. Der Witz des sympathischen Nörglers im Eppendorfer Imbiss funktioniert auch ohne Bild. Wie gemacht für das Format sind die „Radio-Tatorte“, Hörspielversionen der beliebten Krimireihe. Öffentlich-rechtliche Fernsehinstitutionen wie der „Weltspiegel“ und die „Tagesschau“ haben ebenfalls die Zeichen der Zeit erkannt und bieten ihre Sendung als Podcast an. Diese ergänzen so die Verbreitungsmöglichkeiten von Radio- und Fernsehsendern.
Neben diesen „Zweitverwertungs-Podcasts“ sind es vor allem mit viel Liebe und Engagement erstellte private Sendungen, die den Charme des Mediums ausmachen. Da es nicht viel braucht, um einen Podcast zu produzieren – im Grunde nur ein Thema, einen Computer, ein Mikrofon und eine Internetverbindung –, gibt es unzählige Sendungen. Die inhaltliche Vielfalt ist groß: Es gibt Sendungen über das Kochen, über Kindererziehung, Medizin oder Sport. Zu fast jedem deutschen Fußballverein gibt es einen Podcast, in dem sich ein Fan über die Leistungen seines Teams auslässt. Jede noch so kleine Nische wird von Produzenten und Hörern gefüllt. Auch die Universität Hamburg bietet Podcasts an, ebenso das Bundeskanzleramt. In „Die Kanzlerin - direkt“ spricht Angela Merkel regelmäßig zu aktuellen Themen. Anders als bei Parteitags- oder Bundestagsreden geht es hier darum, sich sehr direkt an die Bürgerinnen und Bürger zu wenden.
Dabei hören sicher auch jene ganz genau hin, die immer auf der Suche nach neuen Belegen für ihre diffusen Verschwörungstheorien sind. Was sie dabei „entdecken“, könnte schon bald im Internet die Runde machen. Sicher erfahren dann auch Alexa und Alexander Waschkau davon – und reagieren per „Hoaxilla“-Podcast.
Die Webseite zum Podcast: www.hoaxilla.com
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